Persönlichkeitsentwicklung und juristische Karriere – wie finde ich heraus, welcher Werdegang am besten zu mir passt?

von Carmen Schön

Berufliche Tätigkeitsfelder für Jurist:innen gibt es viele. Die klassische Laufbahn in einer großen, mittelständischen oder kleinen Kanzlei, die Tätigkeit in einem Unternehmen in der Rechts- oder einer anderen Fachabteilung, die Bekleidung der Rolle als Richter:in oder Staatsanwält:in, die Tätigkeit in der nationalen oder auch internationalen Politik – oder sogar die atypische juristische Laufbahn. Denn ein juristisches Studium qualifiziert für vielerlei Aufgaben – der/die Jurist:in als Allzweckwaffe – so wie ich es oft höre. Aber diese Vielzahl an Möglichkeiten macht es nicht unbedingt einfacher, den richtigen passenden Job zu finden. Denn Sie wünschen sich sicher nicht nur einen inhaltlich anspruchsvollen Job mit einer angemessenen Bezahlung, sondern auch eine berufliche Tätigkeit, die zu Ihrer Persönlichkeit passt. Wie gelingt es Ihnen aber, das perfekte Match zu finden?

Tipp 1 – Finden Sie heraus, was genau Sie motiviert und Ihnen Freude bereitet

In Ihrer zukünftigen beruflichen Aufgabe sollten Sie Ihre Stärken einbringen können. Sowohl die fachlichen, als auch die so genannten überfachlichen, sozialen Fähigkeiten. Daher ist es vor der Jobwahl immer wichtig zu reflektieren, wer genau man eigentlich ist. Folgende Fragen könnten Sie sich stellen:

• Wo liegen meine Stärken, wo meine Lernfelder?
• Welche Arbeiten und Tätigkeiten gehen mir leicht von der Hand?
• Wie sieht das für mich passende und optimale berufliche Umfeld aus?
• Wie viel möchte ich klassisch juristisch arbeiten?
• In welcher Kanzlei- oder Unternehmenskultur fühle ich mich wohl?
• Arbeite ich gerne alleine oder lieber im Team?
• Trage ich gerne die Verantwortung und bin ich lieber Teammitglied?
• Kann ich mir vorstellen, auch Geschäft zu akquirieren oder arbeite ich lieber ab?
• Was möchte ich verdienen?

Möglicherweise reicht Ihnen diese Eigenanalyse schon aus, um sich selbst besser kennen zu lernen. Sollte dies nicht der Fall sein, gibt es diverse weitere Möglichkeiten, sich mit der eigenen Persönlichkeit zu beschäftigen. Sie können einen Persönlichkeitstest zu Rate ziehen, wie zum Beispiel DISG, Insights oder MBTI. Hier werden Sie in Ihrer Persönlichkeit beschrieben und können dieses Ergebnis mit den Anforderungen im Job abgleichen. Oder Sie befragen Dritte, wo genau diese Ihre Stärken sehen und welche berufliche Tätigkeit sich von außen betrachtet aufdrängt.

Tipp 2 – Schauen Sie sich verschiedene Jobs an

Nachdem Sie festgestellt haben, wer Sie sind und was Sie motiviert, bietet es sich an, einige juristische Jobs bzw. Karrierewege daneben zu legen. Skizzieren Sie die Aufgaben, die auf Sie zukommen, wenn Sie zum Beispiel:

• in einer Kanzlei
• einem Unternehmen oder auch
• als Richter:in oder Staatsanwält:in tätig sind.

Welcher berufliche Alltag matcht am besten mit Ihren individuellen Stärken, Motivatoren und Wünschen? Sollten Sie noch kein Bild davon haben, wie diese Jobs und Laufbahnen aussehen, dann befragen Sie Personen, die eine derartige Tätigkeit aktuell ausüben oder ausgeübt haben: Natürlich ist die Beschreibung immer subjektiv, da jeder Mensch die Aufgaben unterschiedlich empfindet, dennoch kann es Ihnen eine erste Idee geben, was genau Sie anspricht.

Tipp 3 – Gehen Sie den ersten Schritt und beobachten Sie sich selbst

Nicht alles im Leben ist immer vorab zu erkennen. Manchmal ist es sinnvoll, einfach mit einem Job zu beginnen, der Sie anspricht und dann Erfahrungen zu sammeln. Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie nach ein bis zwei Jahren erkannt haben, was Ihnen guttut, welche Tätigkeit Ihnen liegt und welchen beruflichen Rahmen Sie brauchen, um sich wohl zu fühlen und Ihre Leistungen abrufen zu können. Ein bis zwei Wechsel Ihrer beruflichen Tätigkeit sind absolut im Durchschnitt und es ist mehr als legitim, sich selbst und seine beruflichen Präferenzen nach und nach kennen zu lernen. Dafür brauchen Sie einfach praktische Erfahrung und das Erleben gewisser Situationen. Die rein analytische Betrachtung wird nicht ausreichen. Beobachten Sie sich selbst – und auch andere – in dieser Zeit und nehmen Sie immer wieder Kontakt zu sich selbst auf. Stellen Sie sich nicht nur die Frage, was richtig und gut ist – sondern was genau sich für Sie auch so anfühlt.

Tipp 4 – Wagen Sie den Wechsel und lassen Sie sich dabei gegebenenfalls unterstützen

Sollten Sie zu dem Ergebnis kommen, dass ein von Ihnen gewähltes berufliches Umfeld für Sie nicht passend ist, dann haben Sie den Mut, zu wechseln. Wenn Sie genau wissen, was sich ändern muss und welcher juristische Job besser zu Ihnen passt, dann gehen Sie den Weg konsequent. Ist Ihnen aber nur bewusst, was nicht passt, Sie sich aber noch unsicher sind, in welche Richtung Sie sich verändern sollten, dann kann es manchmal sinnvoll sein, sich externen Rat und Unterstützung für diese Fragestellung zu suchen.

Ich wünsche Ihnen ein „gutes Händchen“ bei Ihrer Jobwahl! Vertrauen Sie auf Ihre Stärken und Ihr Gefühl!

Über die Autorin:

Carmen Schön


ist Managementberaterin, Juristencoach und Bestsellerautorin und berät, trainiert und coacht seit über 12 Jahren Anwaltskanzleien, Juristen, Führungskräfte und TOP Manager in Unternehmen zu den Themen Geschäftsaufbau, Führung, Auftritt und Wirkung sowie Verhandlungsmanagement.
Kontakt: kontakt@carmenschoen.de