Politische Prozesse hautnah miterleben – Als Konferenzdolmetscherin im Auswärtigen Amt

Übersetzer im Auswärtigen Amt
Interview mit Sophia Perdu

Sophia Perdu ist seit 2009 Konferenzdolmetscherin beim Sprachendienst des Auswärtigen Amts. BECK-Stellenmarkt-Autorin Veronika Gebertshammer hat sich mit ihr über diese spannende Tätigkeit unterhalten. Warum Sophia Perdu sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann, erfahren Sie hier.

Frau Perdu, Sie sind Konferenzdolmetscherin beim Sprachendienst des Auswärtigen Amts. Wie sind Sie zu dieser Stelle gekommen?

Direkt nach dem Abitur habe ich in Heidelberg mein Studium aufgenommen, damals war das der Diplomstudiengang „Übersetzen/Dolmetschen“. Im Grundstudium war es das gleiche Studium, danach kam das Propädeutikum fürs Dolmetschen, die Prüfung und Zulassung zum Hauptstudiengang „Dolmetschen“. Mit diesem Abschluss habe ich anschließend kurzzeitig freiberuflich als Dolmetscherin gearbeitet und dann eine Festanstellung beim Regierenden Bürgermeister in der Berliner Senatskanzlei angetreten – als Leiterin des Übersetzungsdienstes und Dolmetscherin für Englisch. Im Jahr 2009 bin ich als Dolmetscherin für Englisch ins Auswärtige Amt gewechselt.

Weshalb haben Sie sich für die Tätigkeit im Sprachendienst des Auswärtigen Amts entschieden?

Da ich mich schon immer für politische Themen – auch weltweit – interessiert habe und als Dolmetscherin mit Fremdsprachen arbeite, war das Auswärtige Amt für mich die perfekte Wahl. Vielleicht liegt es auch an meinem persönlichen Hintergrund: deutsche Mutter, griechischer Vater, französischer Ehemann, zwei Kinder mit deutsch-griechisch-französischem Hintergrund… Für mich persönlich kann es eigentlich keine schönere Tätigkeit als Dolmetscherin geben als im Auswärtigen Amt.

Wie verlief damals der Bewerbungsprozess?

Für die Bewerbung muss das übliche Paket zusammengestellt werden: Lebenslauf, Zeugnisse und ein überzeugendes Anschreiben, gerne auch Empfehlungsschreiben beifügen und konkrete Einsatzbeispiele nennen. Entscheidend beim Dolmetschen ist aber in der Regel die einschlägige Ausbildung und relevante Berufserfahrung. Das Auswahlverfahren besteht aus fünf Teilen: Simultandolmetschen Fremdsprache ins Deutsche (15 Minuten); Konsekutivdolmetschen Fremdsprache ins Deutsche (ca. 10 Minuten); Simultandolmetschen Deutsch in die Fremdsprache (15 Minuten); Konsekutivdolmetschen Deutsch in die Fremdsprache (ca. 10 Minuten). Wenn man diese Tests bestanden hat, wird man anschließend zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wo es eher um Teamfähigkeit, Vorstellungen und Erwartungen geht, aber auch um Allgemein- und Fachwissen für die zukünftige Tätigkeit. Das schließt ein sehr gutes Verständnis von außenpolitischen Themen und Zusammenhängen ein.

Welche sonstigen Einstiegsmöglichkeiten gibt es denn beim Sprachendienst des Auswärtigen Amts?

Nach meiner Kenntnis kann man ausschließlich über die öffentlich bekanntgemachten Auswahlverfahren in den Sprachendienst des Auswärtigen Amts einsteigen. In der Regel beginnt das Arbeitsverhältnis mit einem Angestelltenverhältnis nach dem TVöD Bund. Da ein Hochschulstudium vorausgesetzt wird, arbeitet man als Dolmetscherin im höheren Dienst.

Welche Eigenschaften sind Ihrer Meinung nach für den Beruf des Dolmetschers essenziell?

Sehr gute Dolmetscherfertigkeiten, schnelles Denken, umfassendes Allgemeinwissen. Man sollte immer die Tagespolitik verfolgen, auch international, und sich gut in politische Zusammenhänge einarbeiten. Ein diskretes, professionelles Auftreten ist sehr wichtig. Man sollte redegewandt und auch schlagfertig sein, sich eloquent, präzise und dem jeweiligen Anlass entsprechend angemessen ausdrücken können, für gute Arbeitsbedingungen einstehen können und gut mit den Ansprechpartnern kommunizieren. Man muss außerdem zu 100 Prozent zuverlässig sein: Zu spät kommen oder nicht erreichbar sein, geht nicht. Und man muss damit umgehen können, dass man unter großem Druck steht und auf Knopfdruck funktionieren muss. Absolute Verschwiegenheit über die Inhalte des Gedolmetschten ist selbstverständlich.

Wow, das hört sich nach einer sehr anspruchsvollen Tätigkeit an. Was empfinden Sie an Ihrer Stelle als besonders reizvoll?

Ein Team – weltweit: Das Auswärtige Amt arbeitet auf der ganzen Welt, wir reisen viel, treffen mit sehr vielen unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen zusammen, lernen andere Länder und Gepflogenheiten kennen, dürfen beeindruckende Ereignisse miterleben, spannende Orte besuchen und sehen viel von der Welt. Mich persönlich faszinieren auch sehr viele außenpolitische Themen: Zusammenarbeit in der EU, die transatlantische Partnerschaft, G7, G20, feministische Außenpolitik, Klimaaußenpolitik, Krisendiplomatie… Es wird nie langweilig, und es ist ein tolles Gefühl, ein kleines Steinchen beitragen zu können, wenn eine Friedens- oder Geberkonferenz ausgerichtet wird, eine Vertragsverhandlung zum Erfolg führt oder eine Krise bewältigt werden kann. Es ist schön, mitzuerleben, dass vieles getan wird, um das Leben der Menschen auf der ganzen Welt zum Besseren zu verändern.

Welche Aufgaben fallen denn konkret in Ihren Verantwortungsbereich?

Dolmetschen simultan und konsekutiv, dabei geht es um Konferenzen, politische Gespräche, Empfänge, Festveranstaltungen, Pressekonferenzen, Dienstreisen, manchmal auch Telefonate oder Delegationsbegleitungen. Diese Termine müssen inhaltlich gut vor- und auch nachbereitet werden. Dazu gehört die thematische Einarbeitung, die terminologische Vorbereitung und letztlich auch Logistik und Organisation.

Und wie verläuft ein gewöhnlicher Arbeitstag bei Ihnen?

Die Arbeitstage sind je nach Einsatz sehr unterschiedlich. Manchmal habe ich eine Pressekonferenz im Haus oder im Kanzleramt, manchmal eine Dienstreise. Drum herum werden die Termine im Büro vor- und nachbereitet. Die Arbeitsbedingungen sind grundsätzlich sehr gut, weil die Qualitätsstandards hoch sind und das ja auch sein sollen. Wir haben eine sehr gute technische Ausstattung im Auswärtigen Amt, im Bundeskanzleramt und im Bundespräsidialamt sowie sehr fähige Kollegen im Techniker-Team, die sehr zuverlässig sind und einen tollen Job machen. Wir arbeiten auch gut mit dem Protokoll- und Presseteam zusammen – mit diesen beiden Arbeitseinheiten haben wir die meisten Schnittstellen.

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Vielen Dank für das Gespräch!

Über die Interviewpartnerinnen:

Sophia Perdu
ist Konferenzdolmetscherin im Sprachendienst des Auswärtigen Amts.

Veronika Gebertshammer, Dipl.Jur.,
ist Texterin, Lektorin und Schreibcoach. www.veronika-gebertshammer.de

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Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in der NJW 44/23.