Diplomatie: ein vielseitiger Beruf

von Antonia Rosenstock

Für mich zeichnet sich die Arbeit im Auswärtigen Dienst besonders durch eines aus: die Arbeit ist unglaublich vielseitig. Dies betrifft nicht allein den in der Regel alle drei Jahre wechselnden Dienstort. Auch inhaltlich sind die Tätigkeiten sehr abwechslungsreich. Diplo­matie ist nicht nur strikt politisch zu verstehen: Auch die Kultur­diplomatie, Wirtschaftsdiplomatie und das Protokoll sind wichtige und einander ergänzende Bestandteile der deutschen Außenpolitik. Damit kann und wird man als Juristin auch außerhalb der klassi­schen juristischen Felder arbeiten. Ich habe beispielsweise in der Wirtschaftsabteilung begonnen und kann aus persönlicher Erfah­rung bestätigen: Seit Beendigung der Ausbildung habe ich in Genf an Verhandlungen des Menschenrechtsrates teilgenommen, aber auch Konferenzen oder Projekte vorbereitet und geplant, Stellung­nahmen geschrieben und vieles mehr.

Meine KollegInnen im Auswärtigen Dienst sind dabei genauso vielseitig wie unsere tägliche Arbeit: Jeden Tag arbeite ich mit KollegInnen zusammen, die an anderen Orten in unterschiedlichen Zeit­ oder Klimazonen leben oder einen anderen universitären Hintergrund als ich haben. Ich arbeite mit ÖkonomInnen,  JuristInnen, PolitikwissenschaftlerInnen, aber auch einer ausgebil­deten Archäologin zusammen. Für mich war und bleibt diese Diversität – sowohl in der eigenen Arbeit als auch das Umfeld betreffend – der entscheidende Grund für meine Wahl im Auswär­tigen Dienst zu arbeiten.

Generalistin vs. Spezialistin

Anders als in manchen anderen juristischen Berufen wird man nicht als Spezialistin ausgebildet, sondern als Generalistin. So haben wir während der Attachée-­Ausbildung Unterricht in ganz unterschiedlichen Bereichen erhalten (Medientraining, VWL, Sprachen). Dies schließt nicht aus, dass teilweise Spezialisierungen auf bestimmte Regionen oder Themengebiete möglich sind – man muss sich jedoch nicht spezialisieren und es ist auch eher unwahr­scheinlich, dass man sich auf ein bestimmtes rechtliches Teilgebiet spezialisiert. Das sollte jeder/m bewusst sein, der/die sich für den Auswärtigen Dienst entscheidet.

Arbeit nah am politischen Zeitgeschehen

Die Arbeit ist auch deswegen so vielfältig, weil sie nah am politischen Zeitgeschehen ist. Alle meine KollegInnen beschäftigen sich täglich mit aktuellen politischen Problemen. Dabei ergeben sich häufig neue Aspekte und kurzfristige Änderungen. Wir arbeiten oft an Themen, die auch die Nachrichten beherrschen. Dies macht die Arbeit unglaublich spannend. Hinzu kommt, dass man gestalterisch tätig ist. Wir arbeiten beispielsweise auch an Gesetzesentwürfen und EU­-Rechtsakten mit. Diese Arbeit beschränkt sich nicht auf juristische Aspekte; mein juristischer Hintergrund hat mir diesbe­züglich aber auch schon geholfen.

Das Auswahlverfahren sollte niemanden abhalten

Das Auswahlverfahren gilt als eines der anspruchsvollsten Einstellungsverfahren in Deutschland. Ich würde rückblickend sagen:  Das Verfahren ist inhaltlich schwierig, aber: wenn man sich mit dem Berufsbild Diplomatie einmal auseinandergesetzt hat und  das Interesse daran geweckt ist, sollte der dem Auswahlverfahren vorauseilende Ruf keinesfalls von einer Bewerbung abhalten!

Zwar ist eine lückenlose Vorbereitung auf das Auswahlverfahren bei der Fülle an Anforderungen sicherlich nicht möglich. Jedoch kann man sich mit den unterschiedlichen Aufgabenstellungen vertraut machen. Ich habe mich für den schriftlichen Test, insbesondere auf den sogenannten psychologischen Eignungstest, vorbereitet. Dafür habe ich mit einer Stoppuhr dem Testformat entsprechende Auf­gaben gerechnet. Wie sich in nachträglichen Diskussionen mit meinen CrewkollegInnen herausstellte, hatte sich jede/r sehr unter­schiedlich auf das Auswahlverfahren vorbereitet. Zusammenfassend ist mein Tipp: Machen Sie sich mit der Art der Aufgabenstellung vertraut, identifizieren Sie persönliche Stärken und Schwächen  – und bereiten Sie sich dann ganz gezielt vor.

Über die Autorin

Antonia Rosenstock
ist Referentin im Auswärtigen Amt. Zuvor arbeitete sie als Rechtsanwältin im Bereich Wirtschaftsstrafrecht. Sie studierte Rechtswissenschaften in Köln, Paris und Oxford.