Jurist im Auswärtigen Dienst

von Richard Siegfried Hayato Yamato

Ministerialverwaltungen brauchen Juristen. Dieser Bedarf besteht auch in einer Zeit fort, in der die beruflichen Optionen für Juristen jenseits der klassischen Berufsfelder stetig wachsen. Eine besonders abwechslungsreiche Tätigkeit bietet in diesem Kontext das Auswärtige Amt. Aufgrund des sog. »Rotations- und Generalistenprinzips« werden Beamte des höheren Auswärtigen Dienstes ihre gesamte Karriere lang regelmäßig an neue Einsatzorte versetzt, wo sie wechselnde fachliche Aufgaben wahrnehmen, z. B. aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Presse, Rechts- und Konsularwesen oder Kultur.

Der besondere Bedarf an – und oft unterschlagen: die besondere Attraktivität für – Juristen ergibt sich aus dem vielfältigen Aufgabenspektrum in der Zentrale (Berlin/Bonn) und den ca. 230 Auslandsvertretungen weltweit: Neben klassisch-ministeriellen und juristischen Tätigkeiten ist auch die rechtliche Perspektive und die methodische Herangehensweise von Juristen bei der Bewertung von außenpolitischen Sachverhalten gefragt.

Generalist in der Rotation

Wenn die Vorstellung, deutsche Außenpolitik mitgestalten zu können, Sie neugierig gemacht hat, möchte ich Sie ermutigen: Informieren Sie sich auf unserer Homepage www.diplo.de/karriere, besuchen Sie (sobald es die Rahmenbedingungen in Anbetracht von COVID-19 wieder zulassen) unsere Informationsstände auf Karrieremessen oder unsere hauseigenen Informationsveranstaltungen und bewerben Sie sich für ein studienbegleitendes Pflichtpraktikum oder eine Referendarstation!

Für viele Kolleginnen und Kollegen waren Hospitationen an Auslandsvertretungen ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, sich für den Auswärtigen Dienst zu bewerben. Denn ein Leben »in der Rotation« bringt auch persönliche und familiäre Herausforderungen mit sich, insbesondere für die Karriere der Partnerin oder des Partners. Durch eine Hospitation haben Sie nicht nur die Gelegenheit, aus unmittelbarer Nähe zu erleben, was das Generalistenprinzip für das Aufgabenprofil und das Rotationsprinzip für das Privatleben tatsächlich bedeuten; Sie werden nach einer solchen Station auch besser einschätzen können, ob die einzigartigen Vorteile dieses attraktiven Berufs in Ihrem ganz persönlichen Fall die untrennbar hiermit verbundenen Herausforderungen aufwiegen. Denn der Auswärtige Dienst wird auch Ihr Privatleben maßgeblich prägen. Eine strikte Trennung zwischen Beruflichem und Privatem ist mit den dienstlichen Repräsentationsverpflichtungen im Ausland kaum vereinbar.

Diversität und Inklusion

Mein studienbegleitendes Praktikum an der Deutschen Botschaft Valletta ergab sich dabei eher zufällig. Denn obwohl ich mich bereits früh für diverse Berufsbilder im öffentlichen Dienst interessierte und zugleich auch nach Optionen mit internationalem und interkulturellem Bezug Ausschau hielt, erschien mir der Gedanke fernliegend, mit einem sog. »sichtbaren Migrationshintergrund« ganz offiziell Deutschland im Ausland zu vertreten – ein aus heutiger Sicht vielleicht etwas befremdlicher Vorbehalt. Denn seit 2015 wirbt das Auswärtige Amt bereits aktiv für mehr Diversität auch in den Reihen des Auswärtigen Dienstes und begrüßt ausdrücklich Bewerbungen von Personen mit Migrationshintergrund, deren Sprach- und kulturelle Kenntnisse im Auswärtigen Dienst besonders willkommen sind. Die Vision lautet: »Die Vielfalt unserer Gesellschaft soll sich auch im Auswärtigen Dienst widerspiegeln.« Letzteres gelingt natürlich nur, wenn die vielen geeigneten Absolventen mit Migrationshintergrund sich auch bewerben!

Entfaltungsmöglichkeiten

Mein Praktikum an einer Auslandsvertretung offenbarte mir, dass mein Bild vom Auswärtigen Dienst eher von Mythen und Klischees geprägt war und wie spannend und vielfältig die Tätigkeiten an einer Botschaft sind: Sie umfassen das Verfassen von Redeentwürfen für ein Grußwort des Botschafters auf einer Wirtschaftstagung, die Beobachtung eines Strafprozesses gegen einen deutschen Staatsangehörigen, konsularische Hilfe für in Not geratene deutsche Staatsangehörige, Verhandlungen mit den örtlichen Behörden in Verwaltungsangelegenheiten, die Kontaktpflege auf Empfängen und vieles mehr.

Auch wenn das Generalistenprinzip natürlich den Reiz dieser Laufbahn ausmacht, gibt es ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten im juristischen Bereich, nicht nur wegen der völkerrechtlichen Zusammenhänge im internationalen Kontext, sondern auch wegen des so häufig zitierten »juristischen Handwerkszeugs«, um dessen Beherrschung sich letztlich das gesamte Rechtsstudium und das Referendariat drehen: Die rasche Erfassung und Strukturierung von Sachverhalten, die Identifizierung der wesentlichen Fragen, die Abwägung der maßgeblichen Rechtsgüter und Interessen sowie die Formulierung von Handlungsoptionen.

Meine Laufbahn im Auswärtigen Dienst begann nach der 14-monatigen (mittlerweile einjährigen) Anwärterzeit auf eigenen Wunsch auf einem Dienstposten mit einem ausgeprägt ministeriellen Profil, das keinen Juristen aus Leidenschaft enttäuscht hätte: Von der rechtlichen Beratung von Fachreferaten, dem Entwerfen interner Erlasse wegen gesetzlicher Neuerungen mit Umsetzungsbedarf, dem Verfassen von Schriftsätzen in gerichtlichen Verfahren und dem Auftritt vor Arbeitsgerichten als Prozessbevollmächtigter bis hin zur Bewertung von Gesetzesentwürfen inklusive Erarbeitung von Änderungsvorschlägen und Vertretung der Interessen des Auswärtigen Amts in sog. »Ressortabstimmungen« umfasste meine Zuständigkeit eine Palette von Tätigkeiten, bei der der Bezug zur Außenpolitik nie fehlte.

 

Über den Autor:

Richard Siegfried Hayato Yamato
Leiter des Kulturreferates der
Deutschen Botschaft in Tel Aviv

 

Quelle Beck´scher Studienführer 2020/2021