Der Weg zum Anwaltsberuf – Eine never ending story

von Dr. Henning Rauls

Seit 25 Jahren arbeite ich als Anwalt. Ich bin heute Partner in der Kanzlei GÖHMANN Rechtsanwälte · Notare mit Standorten in Berlin, Magdeburg, Braunschweig, Hannover, Bremen, Frankfurt am Main und Barcelona. In Braunschweig betreue ich die Themenbereiche Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht.

Nach dem erfolgreichen zweiten Staatsexamen war mein einziges übergeordnetes Ziel, in einer Anwaltskanzlei Partner zu werden. Heute ist dieses Ziel nicht mehr bei allen Berufsstartern gegeben. Vielmehr sind Schlagworte wie »Work-Life-Balance«, »Sabbatical«, »Elternzeit« und »Home-Office « die Regel. Kollegen, denen man die Partnerschaft anbietet, scheuen teilweise die unternehmerischen Risiken und erklären, dass die Erzielung eines hohen Gewinns in der Selbstständigkeit nicht mehr ihr Ziel ist.

Dies hat mittlerweile zur Folge, dass auch Großkanzleien den Trend erkennen und um hoch qualifizierte Berufsanfänger mit super Examen buhlen, indem sie 40-Stunden-Wochen, die strikt eingehalten werden, anbieten.

Früher Fokus im Referendariat

Nach meinem erfolgreich absolvierten ersten Staatsexamen und der Promotion schloss sich in der Folge das Referendariat an. Bis heute ist mir nicht klar, warum das Referendariat für jemanden, der Anwältin oder Anwalt werden will, notwendig ist. Andere Rechtsordnungen unterscheiden zwischen der Anwalts- und Richterausbildung. Leider (oder Gott sei Dank?) ist dies in Deutschland nicht so.

Zu Beginn des Referendariats freute ich mich längst auf die Anwaltsstation. Da ich mich um diese frühzeitig gekümmert hatte, wurde ich dort neben dem Referendariat als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Dies führte dazu, dass bereits eine anwaltliche Grundausbildung erfolgte, die in der Anwaltsstation noch weiter vertieft wurde. In dieser Zeit bestätigte sich mein ursprünglicher Wunsch, Anwalt zu werden.

Nach erfolgreichem Abschluss des Referendariats war daher klar, welcher Weg eingeschlagen wird. Dies führte dazu, dass ich in Braunschweig ein Angebot annahm und zum Rechtsanwalt zugelassen worden bin. Die Ausbildung als Anwalt war anfangs sicherlich kein Vergnügen, jedoch hatte ich sofort die Möglichkeit, direkt mit den Mandanten in Kontakt zu treten und bekam dadurch schnell eine gewisse Sicherheit in der Mandatsbearbeitung. Nach ca. 4 Jahren wurde ich zum Partner ernannt und es entwickelte sich langsam ein Vertrauen in die eigene Fähigkeit, andere zu beraten und durch Krisen zu führen. 

Die richtige Entscheidung

Heute nach über 25 Berufsjahren kann ich feststellen, dass ich das große Glück hatte, mich sowohl für das richtige Studium als auch für den richtigen Beruf entschieden zu haben. Ich hoffe, dass ich durch dieses uneingeschränkte Bekenntnis zum Beruf des Rechtsanwaltes junge Menschen begeistern kann, den gleichen Weg zu gehen.

Sowohl die Ausbildung zur Juristin bzw. zum Juristen als auch der Rechtsanwaltsberuf ist für denjenigen absolut empfehlenswert, der Spaß am Umgang mit Menschen hat und diese gern bei der Bewältigung von Problemen begleitet. Diejenigen, die gerne offen kommunizieren, werden insbesondere in der Ausübung des Berufes als Anwältin bzw. Anwalt ihr Glück finden. Dabei stellt einen der Anwaltsberuf jeden Tag vor neue Herausforderungen und Probleme.

Zusammengefasst: Es wird nie langweilig. Gerade dies führt dazu, dass Anwältinnen und Anwälte auch noch im hohen Alter als Beraterinnen und Berater gefragt sind und ihre geistige Flexibilität behalten. Die Frage, ob man auch noch in 50 Jahren den Beruf ausüben wird, ist auch im heutigen digitalen Zeitalter uneingeschränkt zu bejahen.

Die Tätigkeit ist derart mannigfaltig, dass sie einfach nicht digitalisiert werden kann. Ein Algorithmus kann zwar zur Verbesserung von Arbeitsabläufen führen, jedoch nicht die Probleme von Menschen erkennen, analysieren und unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesetze lösen. Von daher ist der Anwaltsberuf sicher. Allein das sollte motivieren, diesen zu ergreifen.

 

Über den Autor:

Dr. Henning Rauls
Fachanwalt für Steuerrecht
Partner der Kanzlei
GÖHMANN Rechtsanwälte · Notare