Durchgefallen im Examen: Was ist der Plan B?

von Tanja Kübler

Hohe Durchfallquoten im Jurastudium und die Angst vor dem eigenen Scheitern am juristischen Staatsexamen beschäftigen viele Jurastudierende. Durchgefallen im Examen – für Philipp Mollenhauer von "Staatsexamen Plan B" wurde dieser Albtraum zur Realität. Wir haben ihn interviewt. 

Wie er trotzdem Jurist wurde und welche Möglichkeiten und Alternativen es trotz des Scheiterns im Examen gibt, haben wir ihn im Interview gefragt.   

Guten Tag, Herr Mollenhauer. Erinnern Sie sich noch, wie es war, als Sie realisierten: Mist, ich habe mein Staatsexamen nicht geschafft? Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Mollenhauer: Die Panik, dass viele Jahre umsonst waren und man praktisch komplett auf Null gesetzt wird, belastet einen nicht erst am Tag der Ergebnisse, sondern auch in der gesamten Wartezeit. Man geht jedes Szenario im Kopf durch und überlegt sich vor allem – was mache ich, wenn der "Worst-Case" tatsächlich eintritt. Wie geht es weiter? Wie kann ich die vergangenen Jahre bestmöglich verwerten und nicht "wegwerfen"? Man möchte dieses interessante Studium, das man mit viel Aufwand betrieben hat, auf keinen Fall als gescheiterten Abschnitt im Lebenslauf stehen lassen.

Hatten Sie schon eine Alternative parat?

Ich wollte in der Wartezeit auf das Ergebnis zur Beruhigung unbedingt einen Plan B haben, bei dem mir möglichst viel anerkannt wird, der mir einen hochwertigen Abschluss ermöglicht, mit dem mir nahezu dieselben Möglichkeiten wie mit dem Ersten Staatsexamen offen stehen und der mir eine gute Berufsperspektive eröffnet.

Mit diesen vorbereitenden Gedanken war das Warten auf den Tag der Gewissheit nicht ganz so schlimm, weil ich zumindest wusste wie es weitergehen kann. Diese Erlebnisse der psychischen Belastung sind prägend, aber man lernt hieraus auch für das Leben, um mit zukünftigen Belastungen im Berufsalltag entsprechend konstruktiv umzugehen.

Wie haben Sie sich aus dieser Phase der Verzweiflung befreit?

Im ersten Moment trat eine Schockstarre ein, bei der ich mir viele Fragen gestellt und an mir selbst gezweifelt habe. Dadurch, dass ich aber einen genauen Plan hatte wie es weitergeht, habe ich mich relativ schnell aus diesen lähmenden Gedanken befreit und wieder nach vorne geschaut.

Durchgefallen im Examen – motiviert und selbstbewusst weitermachen

Die Gewissheit, dass es doch mehr und interessantere Alternativen gibt, als die erste tagelange Recherche zunächst aufgezeigt hat, beruhigte mich sehr. Tatsächlich habe ich wenig Zeit verloren, da ich die Wartezeit mit entsprechenden Schritten für die Immatrikulation und Anerkennung etc. genutzt habe. Dadurch bin ich nach wenigen Wochen nicht nur in mein neues Studium eingestiegen, sondern hatte auch sehr schnell meine ersten Prüfungserfolge.

Dies sind insgesamt alles kleine Faktoren, die mich motiviert und mir wieder zurück zum alten Selbstbewusstsein verholfen haben. Die erste Prüfungsangst, die sich im deutschen Jura-Studium fast von Beginn an aufbaut, verschwand schnell. Als ich dann nach wenigen Semestern meinen Jura-Abschluss in der Hand hielt, war dies ein Weiteres befreiendes und bestätigendes Gefühl.

Mittlerweile haben Sie aus Ihren Erfahrungen ein Geschäftsmodell gemacht und bieten seit einigen Jahren eine kostenpflichtige Beratung für hilfesuchende Jurastudierende an: Staatexamen Plan B. Wie wird Ihr Angebot angenommen?

Was zunächst nur eine kleine Idee war, um anderen betroffenen Studenten Perspektive zu geben, entpuppte sich schnell als eine Marktlücke der Studienberatung und wurde sofort von hilfesuchenden Studenten angenommen.

Natürlich hinterfragen bis heute einige Studenten, was ich denn mehr bieten kann als die Studienberatungen der Universitäten oder die eigene Google-Recherche. Es gibt jedoch sehr viele Informationen und Alternativen, die ich systematisch über Jahre und im engen Austausch mit Betroffenen und Universitäten herausgearbeitet habe.

Welche wären das?

Die Studenten wollen verstanden werden. Wer kann das besser, als jemand der jeden Schritt des Studiums, Scheiterns und des erfolgreichen Abschließens eines Alternativstudiums selbst durchlebt hat. Mir ist es wichtig, nicht nur Alternativen aufzuzählen und beruhigend auf die Schulter zu klopfen, sondern die Studenten bei jedem Schritt zu begleiten. So habe ich für nahezu jeden Alternativstudiengang lokale Ansprechpartner, die als Mentoren agieren und die zu Beratenden bei jedem Schritt beruhigend an die Hand nehmen, damit sie sich nicht wie oft in Deutschland "alleine gelassen" fühlen.

Anerkennung von Prüfungsleistungen auch ohne Examen

Außerdem schaue ich mir an, ob bisherige Prüfungsleistungen besser anerkannt werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Es macht etwa einen großen Unterschied, ob im Bachelor Wirtschaftsrecht nach individueller Prüfung 30 bis 60 ECTS-Punkte, also ein bis zwei Semester, anerkannt werden oder teilweise 100 bis 120 ECTS-Punkte. So kann man das Studium schneller abschließen und kann sich schneller bewerben.

Manchmal treffen Studenten, die durch mich unterstützt werden, auf Studenten, die auf eigene Faust einen Alternativweg eingeschlagen haben, und sich wundern, warum man durch meine Hilfe bereits in einem höheren Semester ist.

Was sind die häufigsten Gründe, warum Sie kontaktiert werden?

Die eine Studentengruppe wendet sich bereits vor dem ersten oder zweiten Versuch an mich, um sich schon während der Vorbereitungsphase zu beruhigen. Die Psyche ist ein ganz wichtiger Faktor für ein erfolgreiches Bestehen des Staatsexamens. 

Die andere Gruppe wendet sich direkt nach endgültigem Nichtbestehen an mich, um Aufklärung zu einem Widerspruchverfahren zu erhalten oder schnellstmöglich mit einem Plan B anzuknüpfen. Viele wollen den Traum Jura nicht aufgeben und suchen konstruktive Tipps, die über die Standardalternativen hinausgehen.

Ganz vereinzelt melden sich auch Studenten, die – oftmals aus privaten Gründen – bereits an der Zwischenprüfung scheitern und dennoch den Wunsch Jurist zu werden nicht aufgeben wollen.

Welche Möglichkeiten und Karrierechancen bieten sich für Jurastudierende, wenn Sie endgültig durch das Erste Staatsexamen gefallen sind?

Die Auswahl an Möglichkeiten ist sehr umfangreich, erfolgskritisch ist jedoch ein systematisches Vorgehen unter Beachtung wesentlicher Details. Die Optionen reichen dann beispielsweise vom LL.B. in Wirtschaftsrecht, Öffentlichem Recht, Internationalem Recht über eine Zwei-Fächer-Kombination und Nischenstudiengänge wie Public Management bis hin zu der Möglichkeit, im Ausland den höchsten universitären juristischen Abschluss zu erwerben.

Wirtschaftsjuristen sind gefragt wie nie

Mit letzterer Alternative kann man dann die Zulassung zum Rechtsanwalt in dem jeweiligen EU-Mitgliedsstaat erwerben oder sogar über eine Gleichwertigkeitsprüfung zurück ins Referendariat kommen. Die Berufschancen für Wirtschaftsjuristen und Juristen sind aktuell so gut wie noch nie, was dem Nachwuchsmangel geschuldet ist und sich weiterhin verbessern wird. Auch der Einstieg in eine Ausbildung mit juristischem Bezug ist möglich, wobei ich immer dazu rate, berufs- bzw. ausbildungsbegleitend einen Studienabschluss zu erwerben.

Und wie sieht es aus, wenn man beim Zweiten Staatsexamen durchfällt?  

Diejenigen, die im Zweiten Staatsexamen scheitern, können zum Glück immer auf ihren Universitätsabschluss zurückgreifen. In dem Fall gibt es sehr gute Weiterbildungsmöglichkeiten und gute Berufseinstiegschancen – nicht nur in juristischen Bereichen.

Man sollte zunächst je nach Bundesland prüfen, ob die Voraussetzungen für einen sogenannten dritten Versuch vorliegen. Sollte dies nicht zutreffen, kann man in gewissen EU-Mitgliedsstaaten dennoch die Ausbildung zum Rechtsanwalt antreten. Diese dauert je nach Land zwölf bis 48 Monate bei oftmals sehr gutem Verdienst. Auch eine von der Note unabhängige Promotion ist denkbar.

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