Die wachsende Dynamik im Steuerkanzleimarkt: Von der Einzelkanzlei zum Verbund

von Harald Zankl und Alexander Georgius

Die grundsätzliche Tendenz von den früher typischen Einzelkanzleien hin zu Zusammenschlüssen von Berufsträgerinnen und Berufsträgern ist seit Jahren ungebrochen. In der einschlägigen Literatur wird vereinzelt bereits das Aussterben der Einzelkanzlei prognostiziert. Obwohl es bis dahin wohl noch etwas dauern wird, stellt sich dennoch die Frage, warum sich immer mehr Steuerberaterinnen und Steuerberater dafür entscheiden, Ihre Tätigkeit in größeren Organisationsformen auszuführen.

Eine der Hauptursachen für den Trend hin zu größeren Organisationsstrukturen ist wohl in den stetig komplexer werdenden Aufgaben zu finden. Diese Komplexität ergibt sich dabei nicht nur aus den steuerrechtlichen Fragestellungen. Vielmehr sind in den vergangenen Jahren immer mehr Themenfelder hinzugekommen, die es einer einzelnen Person immer schwerer machen, sie vollumfänglich alleine abdecken zu können.

Trennung von Fachwissen und Kanzleiführung: der neue Kanzleitrend

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass das typische Bild einer Steuerkanzlei, in der alle Entscheidungen von einer Berufsträgerin oder einem Berufsträger in allen Unternehmensbereichen getroffen werden, immer mehr abnimmt. Stattdessen wird die Kanzleiführung in modernen Kanzleien auf immer mehr Schultern verteilt. Während sich die Die wachsende Dynamik im Steuerkanzleimarkt: Von der Einzelkanzlei zum Verbund Berufsträgerin oder der Berufsträger um die fachlichen Themen kümmert und somit die Steuerberatung im eigentlichen Sinne über nimmt, werden sonstige unternehmerische Entscheidungen auch in Steuerkanzleien immer mehr von Führungskräften getroffen, die nicht den Titel „Steuerberaterin“ oder „Steuerberater“ tragen.

Kluge Personalpolitik in Steuerkanzleien, der Schlüssel zur Zukunft

Wie in anderen Branchen, ist das Thema Personalgewinnung und Personalentwicklung in vielen Steuerkanzleien heutzutage ein, wenn nicht das zentrale Thema. Die Herausforderung liegt dabei darin, sich am Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber behaupten zu können. Dass größere Unternehmensstrukturen hier tendenziell höhere Gehälter zahlen, ist dabei immer weniger von Bedeutung. Vielmehr spielen flexible Arbeitszeitmodelle und ein modernes Arbeitsumfeld eine Rolle. Darüber hinaus punkten größere Unternehmen mit haus internen Einarbeitungs- und Fortbildungsprogrammen. Schließlich gestaltet sich auch die Suche nach neuem Personal als immer komplexer. Während früher oft eine Zeitungsanzeige ausreichte, müssen heute verschiedene Kanäle bedient werden, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten auf die eigene Kanzlei aufmerksam zu machen.

Marketing und Social Media im modernen Kanzleikontext

Die Zeiten, in denen das Kanzleischild an der Eingangstür als Marketing-Instrument ausreichte, sind wahrscheinlich schon seit den 1990er Jahren vorbei. Doch selbst ein professioneller Internetauftritt mit stets aktuellen Mandanteninformationen usw. reicht heute bei weitem nicht mehr aus. Gerade wenn es darum geht, geeignetes Personal zu finden, müssen neben einschlägigen Jobportalen im Internet auch die verschiedensten sozialen Medien bedient werden. Doch diesen Aufwand für eine Einzelkanzlei zu betreiben, ist oft nicht wirtschaftlich.

Den Aufwand besser bewältigen – Effizienz durch die Skalierung größerer Organisationseinheiten

So wie im Bereich Marketing verhält es sich auch in vielen anderen Unternehmensbereichen. Ob es sich hierbei um allgemeine Organisationsaufgaben, die Erstellung und Anpassung der eigenen Steuerberatungsverträge an sich veränderte rechtliche Gegebenheiten, die Erfüllung der Pflichten nach dem Geldwäschegesetz oder Ähnliches handelt – der Aufwand ist unabhängig von der Kanzleigröße fast identisch. Insofern lassen sich hier in größeren Organisationseinheiten deutliche Skalierungseffekte erzeugen.

Digitalisierung und KI – neue Anforderungen an Steuerkanzleien

Das Thema Digitalisierung und Automatisierung ist in wohl allen Kanzleien seit mehreren Jahren ein Dauerbrenner – gewinnt aber aktuell durch die rasanten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz nochmals an Bedeutung. Insofern wird es hier zukünftig immer wichtiger werden, Spezialisten zur Hand zu haben, die mit den Entwicklungen Schritt halten und es schaffen, die sich neu ergebenden Möglichkeiten zum Nutzen der Mandanten und der Kanzlei einzusetzen. Während größere Zusammenschlüsse hier über eigene Abteilungen verfügen, sind Einzelkanzleien in der Regel ausschließlich auf ihren jeweiligen IT-Systempartner angewiesen. 

Effiziente Steuerberatung dank fachlicher Spezialisierung

Neben den bereits erwähnten Punkten spricht jedoch auch im Bereich der eigentlichen steuerlichen Beratung vieles dafür, sich in größeren Einheiten zusammenzuschließen. Die Komplexität des Steuerrechts sowie eine immer stärker international agierende Mandantschaft machen den Austausch mit Berufskolleginnen und Berufskollegen unerlässlich – klar im Vorteil ist hier, wer in solchen Fällen auf entsprechende Experten innerhalb der eigenen Organisation zurück greifen kann.

Von der Einzelkanzlei zum Verbund: die Konsolidierung durch Finanzinvestoren

Ein weiterer Trend, der sich aktuell im Markt der Steuerkanzleien ab zeichnet, ist der Kauf von Kanzleien durch ausländische Finanzinvestoren. Was früher als undenkbar galt, könnte nun auch in Deutschland zu einer weiteren Konsolidierung zu größeren Einheiten führen. Namhafte Private-Equity-Unternehmen wie KKR, Blackstone oder EQT investieren aktuell Milliardenbeträge, um sich in deutsche Steuerkanzleien einzukaufen.

Zukunftsmodell Angestelltenverhältnis: eine Abwägungs frage zwischen Sicherheit und Vergütung?

Im Bereich der Berufsträgerinnen und Berufsträger ist darüber hinaus ein allgemeiner Trend weg von der Selbständigkeit und hin zu einem Angestelltenverhältnis zu beobachten. Die Gründe dürften hier wohl in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der einfacheren Vertretung bei Urlaub, Krankheit oder der Pflege von Angehörigen zu suchen sein. Darüber hinaus bieten gerade größere Zusammenschlüsse oftmals die Möglichkeit, die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses mit den Verdienstmöglichkeiten von freiberuflich tätigen Kanzleiinhaberinnen oder -inhabern zu kombinieren.

Fazit

Alle oben genannten Punkte sprechen deutlich dafür, dass der Trend weg von der Einzelkanzlei hin zu größeren Organisationsstrukturen auch in den kommenden Jahren anhalten und sich vermutlich sogar weiter verstärken wird.

 

 

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Über die Autoren:

 

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Harald Zankl - Steuerberater und Geschäftsführer der GERMANIA Steuerberatungsgesellschaft mbH

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Alexander Georgius - Steuerberater
Außerdem ist er Projektverantwortlicher für den Kauf und die Integration neuer Zweigniederlassungen in der GERMANIA Steuerberatungsgesellschaft mbH.