Hat man das Erste oder sogar schon das Zweite Staatsexamen in der Tasche, stellt sich für viele Young Professionals die Frage, ob man sich vor dem Berufseinstieg besser noch zusätzlich qualifizieren sollte. Oft stehen sie vor der Entscheidung: LL.M. oder Promotion. Oder vielleicht doch gleich beide Abschlüsse? Es ranken sich viele Gerüchte um die Frage, ob der Doktortitel für eine Karriere als Anwalt noch notwendig oder gar förderlich ist.
Der Doktortitel als das non-plus-ultra?
Früher galt die Promotion für eine juristische Laufbahn als der Karriere-Booster schlechthin. Diese Nimbus hat sie allerdings „verloren“, insbesondere, da in den letzten Jahren vermehrt spezielle Zusatzqualifikationen entwickelt wurden. Hier ist sicher vor allem der Master of Laws (kurz: LL.M) zu nennen. Aber auch ein Fachanwaltstitel oder eine Weiterbildung als Mediator kann die eigene Karriere voranbringen. Neu – zumindest für Juristen – ist in diesem Zusammenhang auch der MBA, gerade Wirtschaftskanzleien schätzen es, wenn Nachwuchsjuristen wirtschaftlichen Zusammenhänge begreifen und z.B. Bilanzen lesen können. Diese Zusatzqualifikationen sind sowohl praxisnah als auch im Arbeitsalltag sowie bei der Mandantenakquise besonders hilfreich.
Falls man allerdings eine Laufbahn innerhalb der Lehre und der Forschung anstrebt, kommt man um eine Promotion nicht herum. Möchte man Professor werden, ist der Doktortitel eine zwingende Notwendigkeit. Aber auch für die Karriere in der freien Wirtschaft, ist der Doktortitel eine gute Möglichkeit, um sich von der Masse an Bewerbungen abzuheben. Durchschnittlich gibt es in der Rechtswissenschaft nur etwa 1.200 Promovierende pro Jahr. Kann man in seiner Bewerbung eine - womöglich mit dem besonderen Prädikat „summa cum laude“ - abgeschlossene Promotion vorweisen, sticht man den HRlern selbstverständlich besonders ins Auge, gerade bei Unternehmen, die mit der Notengebung in der juristischen Ausbildung häufig nicht so vertraut sind.
Außerdem kann man durch einen Doktorgrad seine analytischen Fähigkeiten sowie ein hohes Maß an Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Zudem ist ein „Dr. jur.“ noch immer ein Prestigemittel und wirkt auf der Visitenkarte. Der Doktortitel ist deswegen schon allen aus Marketinggründen bei Arbeitgebern beliebt.
Der ausschlaggebende Grund für viele Promovierende ist aber auch ein finanzieller Aspekt: Juristen, die promoviert haben, verdienen durchschnittlich 30.000€ mehr im Jahr als solche ohne Doktorgrad. Das zeigt sich besonders bei den Einstiegsgehältern.
Gegen eine Promotion spricht allerdings der Zeitfaktor. Ein Faktor, der nicht zu unterschätzen ist. Um eine Promotion erfolgreich zu Ende zu bringen, benötigt man mindestens zwei Jahre. Diese Zeit könnte man stattdessen auch dafür nutzen, wertvolle Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln und sich ein karriereförderliches Netzwerk aufzubauen.
Der „Master of Laws“ – internationale Expertise
Für eine Karriere in einer international ausgerichteten Kanzlei, das gilt eigentlich für alle Wirtschaftskanzleien, wird ein LL.M-Abschluss immer wichtiger. Häufig sind die Verträge, mit denen man es zu tun hat, in englischer Sprache verfasst, daher sind entsprechende Kenntnisse immanent. Durch einen im Ausland erlangten „Master of Laws“ demonstriert man glaubhaft, dass man in der Lage ist, sich ausführlich in eine ausländische Rechtskultur einzuarbeiten und dabei eine fremde Sprache verhandlungssicher sprechen zu können. Dadurch stellt man die Fähigkeit unter Beweis, komplexe juristische Sachverhalte auch in einer fremden Sprache lösen zu können. Für die Zusammenarbeit mit internationalen Mandanten ist die Fähigkeit unabdingbar.
Einen LL.M zu absolvieren, sollte man daher primär erwägen, wenn man eine Karriere in einer Großkanzlei bzw. in der freien Wirtschaft anstrebt. In diesen Bereichen ist der LL.M eine sehr beliebte Zusatzqualifikation, was sich ebenfalls im Einstiegsgehalt niederschlägt. Weiterhin ist der LL.M vor allem für eine Tätigkeit außerhalb von Deutschland von größerer Bedeutung, da der Doktortitel im internationalen Umfeld nicht dieselbe Bedeutung zugutekommt, die er in Deutschland hat.
Oder doch beide Abschlüsse?
Die Gegenüberstellung zeigt, dass beide Abschlüsse sehr wertvoll sein können. Mit einer Promotion bezeugt man seine besondere wissenschaftliche Qualifikation, während man mit einem LL.M- Abschluss die internationalen Kompetenzen unterstreichen kann. Beide Abschlüsse haben dabei eine andere Zielsetzung und verfügen über unterschiedlichen Eigenschaften, die die individuelle Karriere fördern können.
Manche Spitzenanwälte haben sogar beide Abschlüsse, Dr. jur. und LL.M, wer dann auch noch einen „Steuerberater“ auf der Visitenkarte stehen hat, war richtig fleißig. Die Zeit zwischen oder nach den Staatsexamina kann (und sollte) daher idealerweise als Karrierebooster genutzt werden, egal für welche Option man sich letztlich entscheidet. Falls man ernsthaftes Interesse an einer Promotion hat, sollte man sich davon auch nicht von gegenteiligen Gerüchten abbringen lassen.
Über die Autorin:
Veronika Gebertshammer
Diplom-Juristin
Weitere Informationen, Tipps und Literatur zu Studium und Referendariat finden Sie auf beck-shop.de.
Übrigens: Testen Sie die NJW und die Ausbildungszeitschriften JuS und JA jetzt kostenlos im Probeabo.