Für den LL.M. ins Ausland gehen oder in Deutschland bleiben?

von Veronika Gebertshammer

Der LL.M. ist unter Juristen und Juristinnen eine immer beliebtere Zusatzqualifikation, um die eigenen Karrierechancen zu verbessern. Denn im Vergleich zum Doktortitel sind die Zugangshürden niedriger und auch der Zeitaufwand hält sich in Grenzen. Lange Zeit gab es keine Alternative, als den LL.M. im Ausland zu absolvieren. Heutzutage existieren allerdings auch viele interessante LL.M.-Programme in Deutschland. Was die jeweiligen Vor- und Nachteile eines LL.M. im Ausland und in Deutschland sind, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Vorteile eines LL.M. im Ausland

Ein Lebenslauf eines Juristen bzw. einer Juristin ohne eine Station im Ausland wird heutzutage immer seltener. Hat man auf ein Auslandssemester während des Studiums verzichtet, bietet es sich natürlich an, zumindest den LL.M. im Ausland zu absolvieren. Die größte Herausforderung ist dabei häufig die Finanzierung. Stipendien sind nur rar gesät und es ist schwer, einen der heiß begehrten Plätze zu ergattern. Je nach Renommée und Standort der Universität muss man allein mit Studiengebühren von weit über 30.000 US-Dollar rechnen. Dazu kommen noch die Lebenshaltungskosten, die sich zwar nach dem jeweiligen Lebensstandard richten, aber trotzdem höher als in Deutschland ausfallen können. An deutschen Universitäten kostet hingegen ein LL.M.-Jahr in der Regel zwischen 1.000 und 3.000 Euro pro Semester.

Durch ein LL.M.-Studium im Ausland erhält man allerdings die Möglichkeit, vertiefte Einblicke in ein anderes Rechtssystem zu erwerben. Dadurch bekommt man einen anderen Blick sowie ein besseres Verständnis für die deutsche Rechtsordnung.

Strebt man eine Karriere in einer internationalen Kanzlei oder in einem Unternehmen an, ist der LL.M. eine ideale Möglichkeit, seine Englischkenntnisse auf ein höheres Niveau zu heben. Denn zum einen lernt man durch die Vorlesungen die englischen Rechtsund Fachbegriffe kennen. Zum anderen ist man auch im Alltag gezwungen, Englisch zu sprechen. Zwar gibt es auch einige englische LL.M.-Programme in Deutschland. Jedoch ist der Lerneffekt größer, wenn auch außerhalb des Vorlesungssaals Englisch gesprochen wird.

Daneben lernst man im Ausland auch eine andere Kultur kennen, was den persönlichen Horizont erweitert. Man kann zudem internationale Kontakte knüpfen, die im späteren Berufsleben durchaus nützlich sind. Es besteht auch die Möglichkeit, einen Grundstein für eine berufliche Tätigkeit in dem jeweiligen Land zu legen. Falls man sich beispielsweise für ein LL.M.-Studium in den USA entscheidet, kann man dort nach dem LL.M. das sogenannte „Bar Exam“ ablegen. Dieser Abschluss befähigt einen dann auch zur Anwaltstätigkeit in den Vereinigten Staaten.

Die Alternative: Der LL.M. in Deutschland

Neben den geringeren Kosten spricht für einen LL.M. im Inland der mitunter größere fachliche Nutzen. Da sich die LL.M.- Programme in Deutschland in der Regel auf das deutsche Recht beziehen, hat man die Möglichkeit, einen fachlichen Schwerpunkt zu legen und sich weiter zu spezialisieren. Diese Spezialisierung kann vorteilhaft bei der Jobsuche sein. Es besteht außerdem die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Bei vielen LL.M.-Studiengängen in Deutschland kann man zeitgleich die theoretischen Kenntnisse für den jeweiligen Fachanwaltstitel erwerben.

Darüber hinaus ist es möglich, den LL.M berufsbegleitend oder als Fernstudium zu absolvieren. Bei vielen deutschen Universitäten kann man sich zwischen einem Vollzeit- und einem etwas längeren Teilzeitstudium entscheiden. Mit einem Teilzeitstudium sammelt man schon während der Ausbildung Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt – dies kann Ihre Karrierechancen deutlich steigern!

Fazit

Ein LL.M.-Abschluss im Ausland ist vor allem sinnvoll, wenn man eine Karriere in einer internationalen Kanzlei anstrebt. Die größten Vorteile eines in einem englischsprachigen Ausland absolvierten LL.M.-Studiums sind zum einen der Erwerb von verhandlungssicheren Englischkenntnissen, zum anderen die vertieften Einblicke in ein anderes Rechtssystem. Für einen LL.M.-Abschluss im Inland sprechen vor allem die geringeren Kosten sowie die Möglichkeit, ihn berufsbegleitend zu absolvieren und währenddessen Berufserfahrung zu sammeln.

Bei der Entscheidung, an welcher Universität der LL.M. abgelegt wird, sollte man also zunächst überlegen, welche beruflichen und persönlichen Ziele damit verfolgt werden. Strebt man eine internationale Karriere an, ist der LL.M. im Ausland genau das Richtige. Möchte man sich auf ein Rechtsgebiet spezialisieren und liebäugelt sogar mit einem Fachanwaltstitel, sollte man in Betracht ziehen, den LL.M. in Deutschland zu absolvieren.

 

Über die Autorin:

Veronika Gebertshammer, Dipl.-Jur.
Texterin, Lektorin und Schreibcoach
www.veronika-gebertshammer.de

 

Der Artikel erschien erstmals in der NJW 45/2022. Das gesamte Special finden Sie hier.

 

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