Endlich mitsteuern: Der Berufseinstieg im Bundesfinanzministerium

Von David Rüll

Seit Juni 2021 arbeite ich als Referent in der Steuerabteilung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Da ich während meines Referendariats keine Station im BMF absolviert hatte, kannte ich das Ministerium bei meiner Bewerbung nur aus der Außenperspektive. Der Wunsch, beim BMF zu arbeiten, hat sich vor allem während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter herauskristallisiert: Die meiste Freude hatte ich dabei, über Regelungsmöglichkeiten nachzudenken und eigene Vorschläge zu erarbeiten.

Ich habe mir bei der Entscheidung, mich zu bewerben, erhofft, von Anfang an bei der Konzeption von Regelungen mitwirken zu dürfen  – mitzudiskutieren, Einblick in die zahlreichen zu berücksichtigenden Aspekte zu bekommen und eigene Gedanken und Überlegungen in die Entscheidungsprozesse einbringen zu können.

Mein Einstieg

Diese Hoffnung hat sich ganz und gar erfüllt. Mein Arbeitsalltag besteht zu einem großen Teil daraus, mit Kolleginnen und Kollegen im Ministerium, aber auch aus den Bundesländern über mögliche Regelungen und die Vor- und Nachteile einzelner Ausgestaltungen zu diskutieren. Zuständig bin ich dabei im Schwerpunkt für Fragen der Verrechnungspreise. Das beinhaltet die Frage, wie international tätige Unternehmensgruppen grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb der Gruppe aus steuerlicher Sicht zu bepreisen haben.

Diese Transaktionen sollen denen entsprechen, die fremde Dritte miteinander vereinbaren würden, auch um steuerlich motivierten Gewinnverlagerungen entgegenzuwirken. Mit diesem Thema hatte ich im Rahmen meines Promotionsvorhabens schon einmal zu tun, vertiefte Kenntnisse hatte ich beim Berufseinstieg aber noch nicht. Das hat den Einstieg durchaus anspruchsvoll gestaltet  – ich habe aber mehrere erfahrene Kolleginnen und Kollegen, die ich mit Fragen löchern darf und auch an meinen Vorgänger kann ich mich noch wenden.

Der Arbeitsalltag

Es gibt sehr viele Aspekte, die ich an meiner Arbeit schätze. Zum einen bereitet es mir viel Freude, einen großen Teil des Tages mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten. Anders als im Studium, im Referendariat oder während der Promotion ist nicht mehr nur gefragt, ganz allein Lösungen zu erarbeiten und am Ende zu präsentieren. Die  meisten Aufgaben im Ministerium werden in Abstimmungsprozessen erarbeitet: die kleinen Aufgaben auf der Ebene des Referats mit ein, zwei oder drei Kolleginnen  oder Kollegen und der Referatsleiterin oder dem Referatsleiter und die größeren Aufgaben in Abstimmung mit anderen Referaten.

Diese Form der Zusammenarbeit finde ich sehr gewinnbringend, weil gleich von Beginn an verschiedene Perspektiven eingebracht werden und sich so im Rahmen eines gemeinsamen Austauschs meist auch deutlich schneller tragfähige Lösungen finden lassen. Zum anderen ist mein Arbeitsalltag sehr vielfältig: auch wenn meine fachliche Zuständigkeit eng auf ein Spezialthema des internationalen Steuerrechts begrenzt ist, sind damit zahlreiche verschiedene Aufgaben verbunden.

So erarbeiten wir auf diesem Gebiet  – in Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen im Ministerium sowie aus den Bundesländern – Verwaltungsanweisungen und Entwürfe von Gesetzen und Rechtsverordnungen. Wir diskutieren aber auch – insbesondere in Arbeitsgruppen der im internationalen Steuerrecht sehr relevanten OECD – international abgestimmte Regelungen und Verwaltungsanweisungen.

Außerdem stehen wir in einem regen Austausch mit allen, die thematisch von den Regelungen in unserem Zuständigkeitsbereich betroffen sind – von Wirtschaftsverbänden über Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer bis zu Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft. Dazu gehört auch, dass wir im Namen der Bundesregierung dem Parlament Rede und Antwort stehen und im Rahmen unserer fachlichen Zuständigkeit an der Beantwortung von Anfragen des Bundestags mitwirken.

Schließlich erhalten wir auch Einblick in Einzelfälle: So haben wir auf der einen Seite die Rechts- und Fachaufsicht über die Referate des Bundeszentralamts für Steuern, die internationale Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren führen. Einzelfälle von größerer Bedeutung werden an uns mit der Bitte um Zustimmung berichtet.

Auf der anderen Seite kann das BMF einzelnen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof beitreten und Stellungnahmen verfassen sowie in der mündlichen Verhandlung plädieren – diese Aufgabe wird auch von den jeweiligen fachlich zuständigen Referaten wahrgenommen. Auch an Stellungnahmen der Bundesregierung in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof arbeiten die zuständigen Fachreferate mit.

Eine Bewerbung, die sich lohnt

Alle, die gerne mit anderen Menschen zusammen an spannenden Fragen von politischer Relevanz arbeiten, kann ich nur dazu ermuntern, entweder im Rahmen des Referendariats einen Einblick in die Arbeit im BMF zu erhalten oder sich direkt für den Berufseinstieg zu bewerben. Berichten kann ich bisher nur über die Arbeit in der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums  – und dabei insbesondere über die in der Unterabteilung für internationales Steuerrecht.

Doch auch Juristinnen und Juristen, die nichts mit dem Steuer- oder Abgabenrecht zu tun haben möchten, dürften sich im Ministerium wohlfühlen: So gibt es beispielsweise in der Abteilung für Finanzmarktpolitik viele spannende Aufgaben wie die der Geldwäschebekämpfung oder der Finanzmarktregulierung. Außerdem widmet sich eine ganze Abteilung dem Europäischen Recht und der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und auch in der Haushaltsabteilung sowie der Zentralabteilung gibt es zahlreiche interessante Aufgaben für Juristinnen und Juristen.

Der Berufseinstieg als Juristin oder Jurist ist nach der erfolgreichen Teilnahme an einem standardisierten Auswahlverfahren möglich. Dafür wird zwei Mal jährlich ausgeschrieben – meist im Frühjahr und im Herbst. Dafür lohnt es sich, über die Webseite des BMF den Newsletter mit Stellenangeboten zu abonnieren, um die Ausschreibungen nicht zu verpassen.

Referendarinnen und Referendare sollten sich mindestens sechs Monate vor der gewünschten Station per Mail bewerben und möglichst konkret angeben, in welchem Bereich sie mitarbeiten möchten. Details zu den Anforderungen an die Bewerbungsunterlagen sind auf der Webseite des BMF zu finden.

 

Über den Autor:

David Rüll
Referent in der Steuerabteilung des Bundesministeriums der Finanzen. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen tätig. Sein Referendariat absolvierte er am OLG München.

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