Future Skills - wie neue Skills den Rechtsmarkt pushen

von Christiane Jakobus

Die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI), Automatisierung und anderen digitalen Tools hat das juristische Arbeitsumfeld revolutioniert. Hinzu kommen einschneidende Generationen- und Kulturwandel. Das verändert nicht nur jetzt schon die Arbeitsweise in Kanzleien und Unternehmen. Es entstehen neue Anforderungen an Fähigkeiten von Juristinnen und Juristen, die sie erst noch entwickeln müssen.

Megatrend „Future of Work“

Das Zukunftsinstitut spricht von dem Megatrend „Future of Work“, der den bisherigen Begriff „New Work“ ablöst. Er beschreibt den tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt durch Technologie, Automatisierung, neue Werte und Beschäftigungsmodelle. Flexible Strukturen, hybride Arbeitsweisen und eine stärkere Menschenzentrierung prägen die Zukunft der Arbeit. Auch eine Studie des McKinsey Global Instituts („Eine neue Zukunft der Arbeit“, August 2024) bestätigt diesen Trend und die einschneidenden Auswirkungen auf Teamstrukturen und Arbeitsweisen.

Was bedeutet Future of Work für den Rechtsmarkt? Fachliche Expertise ist und bleibt wichtig. Der Schlüssel zum Erfolg liegt jedoch in deren Kombination mit technologischem Know-how, interdisziplinären Kompetenzen und persönlichen Soft Skills sowie der Fähigkeit, sich in den neuen Arbeitswelten zurechtzufinden.

Technologische Fähigkeiten: KI und Automatisierung verändern zahlreiche Routineaufgaben, die heute noch von Menschen erledigt werden. Vertragsprüfungen, Rechtsrecherchen oder das Erstellen von Standarddokumenten werden zunehmend übernommen. Juristinnen und Juristen müssen lernen, das Wissen zu den jeweiligen Technologien stets aktuell zu halten.

Häufig findet sich der Satz, dass KI keine Mitarbeitenden ersetzt, aber dass Mitarbeitende, die KI nutzen, diejenigen ersetzen, die es nicht tun. Das liest sich zwar eingängig, greift jedoch zu kurz. Denn der entscheidende Punkt ist nicht das Ob, sondern das Wie. Mit der Weiterentwicklung generativer KI entstehen neue Kompetenzfelder, die über das reine Tool-Wissen und die bloße Anwendung hinausgehen. Dazu gehört beispielsweise, KI gezielt steuern zu können. Das betrifft unter anderem das sogenannte Prompt Engineering, also die Fähigkeit, Aufgaben präzise zu formulieren inkl. Kontextgebung und Rollenzuweisung, um qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erhalten. Ebenso wichtig für die Ergebniseinordnung ist das Grundverständnis dafür, wie Informationen durch KI generiert, analysiert und bewertet werden.

Entscheidend für zukünftige Bedeutsamkeit im Arbeitsmarkt wird es sein, Technologien gezielt dort einzusetzen, wo sie Routine und Recherchearbeiten abnehmen und Prozesse vereinfachen, und gleichzeitig zu wissen und sich dort einzubringen (!), wo menschliche Expertise, strategische Beratung und Beziehungsaufbau unverzichtbar bleiben. Wer diese Balance für sich findet, nutzt den Mehrwert von KI & Co. am besten.

Interdisziplinäre Kompetenzen: Allein die Integration von Technologie erfordert neue interdisziplinäre Kompetenzen und ein Verständnis, wie IT, Wirtschaft und Datenanalysen die rechtliche Arbeit beeinflussen. Es geht nicht nur darum, technologische Unterstützung zu erhalten, sondern auch um die Fähigkeit, sie zu nutzen, ohne die eigene rechtliche Expertise aus den Augen zu verlieren. Der Spannungsbogen zwischen der Nutzung von KI und der kritischen Auseinandersetzung mit ihren Ergebnissen wird relevanter.

Damit gewinnen für Kanzleien und Unternehmen Juristinnen und Juristen an Bedeutung, die juristische Präzision mit Verständnis für Prozesse, Daten und wirtschaftliche Zusammenhänge verbinden. Ob Legal Engineers, Tech-affine Associates oder Legal Counsel mit klarem Business-Fokus: wer sich in einer Spezialisierung interdisziplinär aufstellt, wird zu einem wertvollen Bindeglied zwischen Recht, Technologie und Wirtschaft.

Gleichzeitig entstehen neue Chancen für Generalistinnen und Generalisten. Wer Wechselwirkungen erkennt, in komplexen Umfeldern den Überblick behält und Prioritäten setzen kann, wird in einer zunehmend spezialisierten Welt zu einer wichtigen Integrations- und Schlüsselfigur. Rollen wie Legal Project Manager, Legal Operations oder Knowledge Manager zeigen exemplarisch, wie relevant koordinierende und vernetzende Kompetenzen in der modernen Rechtslandschaft geworden sind.

Beides – Spezialisierung in der Tiefe und Überblick in der Breite – prägt die Kompetenzprofile der Zukunft

Soft Skills & Persönlichkeitsentwicklung: In einer zunehmend digitalen und technologisch geprägten Welt machen zwischenmenschliche Fähigkeiten den Unterschied. Kommunikation, emotionale Intelligenz und persönliches Auftreten gewinnen weiterhin an Bedeutung. Juristinnen und Juristen sind nicht nur Beratende, die Lösungen für komplexe und neue Probleme finden dürfen, sondern gleichermaßen Vermittelnde, die juristische Komplexität in einfache und klare Lösungen übersetzen müssen.

Persönlich wird der Umgang mit Resilienz und Flexibilität wichtiger, um mit den stetigen Veränderungen und der Geschwindigkeit auch auf Strecke gesund Schritt halten zu können. Für Legal Talents ist das eine besondere Herausforderung. Denn die lange Ausbildung ist aktuell noch stark fachlich geprägt und lässt auch die ersten Berufsjahre wenig Raum für persönliche Reflexion und Entwicklung. Umso wichtiger wird es, frühzeitig die fachliche Ausbildung sowie bestehende Arbeitsverhältnisse um wirksame Angebote zur Entwicklung notwendiger Skills und der Persönlichkeit zu ergänzen.

Leadership Skills

Führungskräfte dürfen Vorbildrollen einnehmen im Umgang mit dynamischen, hybriden und technologisch geprägten Arbeitswelten, in der Lösung von Problemen und im Leben von Werten und Kultur. Zudem wird es für sie immer wichtiger, verschiedene Generationen mit unterschiedlichen Vorstellungen und Bedürfnissen erfolgreich zu integrieren.

KI und Automatisierung verändern dabei nicht nur Arbeitsprozesse, sondern auch Führungsanforderungen. Führungskräfte müssen den Wandel, von dem aktuell niemand weiß, in welche Richtung er genau führt und welche Wege die besten sind, aktiv gestalten. Dazu gehört es auch, Lernräume zu schaffen und Teams dabei zu unterstützen, neue Technologien angstfrei und „im Probemodus“ zu nutzen. Verständnis für die eigene wie andere Persönlichkeitsstrukturen, Change-Kompetenz, Kommunikationsstärke und die Fähigkeit, Generationen mit unterschiedlichen digitalen Erfahrungswerten zu vereinen, werden zu zentralen LeadershipSkills.

Der Blick in die Zukunft

Lifelong Learning ist kein optionaler Ansatz mehr, sondern eine Notwendigkeit, um mit den vielfältigen Veränderungen Schritt zu halten. Weiterbildung muss neben der juristischen Expertise auf den (Neu)Erwerb technologischer Fähigkeiten, wirtschaftlich relevanter Zusammenhänge und die (Weiter)Entwicklung von Persönlichkeit und Soft Skills ausgerichtet sein.

Der Aufbau von Netzwerken und Mentorings ist hilfreich, um sich mit anderen Expertinnen und Experten zu Herausforderungen auszutauschen, neue Herangehensweisen zu diskutieren, zu lernen und eigene Ideen zu entwickeln. Das wird offenen Teamplayern tendenziell leichter fallen.

Fazit – Die Juristinnen und Juristen von morgen

Der aktuelle Wandel bringt neben spannenden Chancen vielfältige Herausforderungen und große Unsicherheiten. Gerade diese Unsicherheiten erschweren es aktuell vielen Juristinnen und Juristen, sich zielgerichtet vorzubereiten. Sie dürfen jedoch keine Entschuldigung für Stillstand werden, sondern erfordert eine pro aktive Haltung und die kontinuierliche Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten. Die Legal Talents von morgen sind nicht nur Rechtsexpertinnen und Rechtsexperten, sondern auch kreative Problemlöserinnen und Problemlöser, die den digitalen wie kulturellen Wandel aktiv mitgestalten dürfen

Über die Autorin:
Autoren Name

Ass. iur. Christiane Jakobus - Personalberaterin

Außerdem ist sie Business Coach und Geschäftsführerin von furthermatch. Mit mehrjähriger Kanzlei- und Inhouse Erfahrung unterstützt sie Kanzleien und Unternehmen bei der passgenauen Besetzung anspruchsvoller Positionen sowie Jurist:innen in der aktiven Karrieregestaltung. Future Skills sind Teil ihrer Beratungspraxis.

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