5 Schritte für eine erfolgreiche (virtuelle) Verhandlung als Anwältin oder Anwalt bzw. Juristin oder Jurist

von Carmen Schön

Das Verhandeln von Themen begleitet uns alle - jeden Tag. Es fängt morgens beim Bäcker, am Kiosk oder im Supermarkt an und endet in familiären oder partnerschaftlichen bzw. freundschaftlichen Gesprächen und Absprachen am Abend. Damit Sie für sich auch das durchsetzen, was Ihnen in Ihrem Leben wichtig ist, habe ich für Sie einige wichtige Punkte zusammengestellt, die Sie beachten sollten. Hier meine fünf konkreten Tipps „aus der Praxis für die Praxis“:

Tipp 1 – Definieren Sie Ihr Verhandlungsziel und das Verhandlungssetting

Bevor Sie in eine Verhandlung gehen, sollten Sie sich immer ein klares Ziel setzen. Was genau möchten Sie erreichen? Und wie genau lautet Ihre Untergrenze? Nur wenn Sie wissen, was Sie wollen, bekommen Sie dieses auch. Starten Sie die Verhandlung mit einer klaren Forderung und vermeiden Sie Sätze wie „es wäre schön, wenn ich vielleicht xy bekomme“. Hier wird Ihr Gegenüber denken, dass Sie selbst gar nicht genau wissen, was Sie eigentlich möchten und daher stehen Ihre Chancen schlecht, dieses zu erreichen. Also – kurze klare prägnante Sätze am Anfang einer Verhandlung sind wichtig!

Planen Sie bei Ihrer Forderung bitte immer mit ein, dass der andere versuchen wird Sie herunterzuhandeln. Das bedeutet für Sie, dass Ihr Anfangsangebot immer auch eine so genannte „Schachermasse“ enthalten sollte. Beispiel: Sie möchten eine Gehaltserhöhung von EUR 500,00 monatlich, dann starten Sie mit ca. 10–15 % über diesem Betrag – hier also mit Minimum EUR 550,00. So haben Sie die Möglichkeit, sich während der Verhandlung zu bewegen, wenn der andere Ihnen Zugeständnisse macht. Dieses „Geben und Nehmen“ ist in fast jeder Verhandlung wichtig und hält Sie flexibel.

Achten Sie bitte zusätzlich darauf, dass Zeit, Ort und Zusammensetzung der Verhandlungspartnerinnen und -partner zum Verhandlungsgegenstand passen. Ein Karrieregespräch an der Kaffeebar, eine Konfliktverhandlung beim Mittagessen ist sicher nicht die beste Wahl. Grundsätzlich gibt es hier kein „richtig“ oder „falsch“ – eher ein „angenehm passend“. Wichtig an dieser Stelle ist mir nur zu erwähnen, dass auch diese Komponenten in einer Verhandlung wichtig und entscheidend für den Erfolg sind.

Tipp 2 – Konzentrieren Sie sich auf Ihre wichtigen Punkte und Argumente

Überlegen Sie sich bitte schon vor der Verhandlung, was Ihnen wichtig ist und worauf Sie verzichten können. Auch so haben Sie Punkte definiert, auf die Sie während der Verhandlung im Zweifel verzichten können, wenn Sie etwas abgeben müssen. Versetzen Sie sich auch in die Lage des anderen und überlegen Sie, womit genau dieser Sie „angreifen“ wird. Welche starken Argumente sprechen für Ihre Position und welche dagegen? An welchen Punkten ist Ihr Gegenüber angreifbar und schwach? Auch wenn es wichtig ist, sich damit zu beschäftigen, bedenken Sie bitte eines: Die besten Verhandlungsergebnisse können Sie immer dann erzielen, wenn Sie und auch Ihr Gegenüber kooperiert haben und eine win-win Lösung erarbeitet worden ist.

Hierfür ist es erforderlich, dass Sie verstehen, mit welchen Motiven und Bedürfnissen beide Parteien am Tisch sitzen. Im besten Fall finden Sie gemeinsam einen Weg, beide Interessen zu berücksichtigen und beidseitig gestärkt und zufrieden den Raum zu verlassen.

Tipp 3 – Beginnen Sie die Verhandlung immer mit Ihrem stärksten Trumpf

Machen Sie von vornherein Eindruck, indem Sie gleich mit Ihrem stärksten Argument beginnen. So verschaffen Sie sich von Anfang an Respekt im Raum. Viele Verhandlungspartnerinnen und -partner sparen sich den Trumpf bis zum Schluss auf – dieses hat sich in der Praxis aber nicht bewährt.

Tipp 4 – Erkennen Sie Manipulationen und kontern Sie

Achten Sie darauf, womit genau der andere Sie schwächen oder sogar manipulieren möchte. Setzen Sie sich schon vor der Verhandlung ein Unterziel und machen Sie eine Pause in der Verhandlung, wenn Sie dieses unterschreiten. Oftmals geben wir nach, weil wir den Blick auf unsere wichtigen und starken Argumente durch Manipulationen der Gegenseite nicht mehr wahrnehmen können. Daher brauchen wir kurz einen Abstand, um die „Karten“ neu zu sortieren.

Tipp 5 – Fassen Sie Ergebnisse immer wieder zwischendurch zusammen

Oftmals verhandeln wir nicht einzelne Punkte nacheinander und erzielen sofort Ergebnisse, sondern parken hin und wieder die ein oder andere Frage. Am Ende einer Verhandlung ist es nicht entscheidend, dass Sie all Ihre Punkte durchgesetzt haben, sondern dass das Gesamtergebnis für Sie fair und stimmig ist. Und es kann sehr gut sein, dass Sie in dem einen oder anderen Punkt nachgegeben haben, in anderen dagegen mehr bekommen haben, als Sie gedacht haben.

Daher ist es sehr sinnvoll, während der Verhandlung der einzelnen Punkte immer mal wieder eine Zusammenfassung zu machen, um sicherzugehen, dass Sie und der andere sich auch wirklich richtig verstanden haben.

Gerade am Ende des Gesprächs ist es sehr sinnvoll und wichtig, das Vereinbarte noch einmal schriftlich– in Form einer E-Mail oder eines Dokuments – festzuhalten. Nicht selten werden ansonsten Verhandlungsergebnisse von verschiedenen Personen anders umgesetzt, da man erst nach dem Gespräch bemerkt, dass die Themen und Punkte doch ein wenig anders verstanden worden sind.

 

Über die Autorin: 

Carmen Schön
Managementberaterin, Juristencoach und
Bestsellerautorin