Ab durch die gläserne Decke - Herausforderungen in der Karriere sicher und gelassen begegnen

von Diane Manz

Laut aktueller Befunde von statista ist es um die Frauenquote in Deutschland immer noch schlecht bestellt. Nur 28,4 % der Führungspositionen waren 2020 mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil im Vorstand der Top 200 Unternehmen liegt bei 11,5 %, in Aufsichtsräten sind es 29,9 %. In der Professorenschaft finden sich 28,4 % Frauen und das Gründen eines eigenen Unternehmens ist mit einem Frauenanteil von 36 % auch immer noch überwiegend Männersache.

Auch in der Kanzleiwelt sieht es nicht besser aus. Zwar sind etwa 50% der BerufseinsteigerInnen weiblich, der durchschnittliche Anteil von Frauen, die 2021 aus eigenen Reihen zur Partnerin ernannt wurden, liegt dennoch bei nur etwa 25 %. Zwar sieht man an vielen Stellen eine durchaus positive Entwicklung und sicher bröckelt auch die gläserne Decke an manchen Stellen schon, Karriere machen ist für viele Frauen aber immer noch ein besonderer Kraftakt.

Leistungsdruck und Gesundheit in einer immer dynamischeren Welt

Als ob es nicht schon für beide Geschlechter gleichermaßen genug andere Herausforderungen gäbe.
Zunehmende Digitalisierung und immer höhere Geschwindigkeit in einer ohnehin schon sehr leistungsorientierten Arbeitswelt, führen zu einem immer höheren Arbeitspensum. Verbunden mit einer breiteren Aufgabenvielfalt und steigender Komplexität führt das auch zu immer schnelleren Veränderungen, an die man sich anpassen muss. Damit werden auch die Bedingungen immer unsicherer und weniger vorhersehbar. Die Entscheidungsfindung wird immer anspruchsvoller, gibt es doch mittlerweile eine schier unendliche Anzahl an Möglichkeiten – sowohl beruflich als auch privat.

Es gibt zunehmend weniger Raum zum Abschalten durch den Anspruch der ständigen Erreichbarkeit, soziale Netzwerke erhöhen den Druck, immer toller, schöner und interessanter zu sein. Die familiären Strukturen haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte massiv verändert. Die Großfamilie wird ersetzt durch Kleinfamilien, die Anzahl der Singlehaushalte nimmt stetig zu.

Damit verschwindet eine ganz wichtige Institution der sozialen und organisatorischen Unterstützung. Die Veränderungen durch Covid-19 brachten die geforderte eigene Anpassungsnotwendigkeit dann noch mal auf ein höheres Level. Der Umgang mit Druck und Stress und die Fähigkeit bei diesen hohen Anforderungen dauerhaft gesund und leistungsfähig zu bleiben, ist für beide Geschlechter eine unverzichtbare Kompetenz und damit ein Grundbaustein für eine erfolgreiche Karriere.

Der Karriereweg von Frauen – ein struktureller Hindernislauf?

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von Herausforderungen, die auf dem Karriereweg von Frauen eine besondere Rolle spielen. Die grundsätzliche Rolle der Frau in der Gesellschaft steht verschiedenen und oft gegensätzlichen Anforderungen durch die Familie, die Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner, Freundinnen und Freunde, Kolleginnen bzw. Kollegen und Vorgesetztinnen und Vorgesetzten gegenüber.

Insbesondere die Doppelrolle als Mutter und Karrierefrau scheint vielerorts noch gewöhnungsbedürftig. Der organisatorische und zeitlich Spagat zwischen Berufs- und Privatleben sowie stressverstärkende ‚typisch weibliche‘ Denkmuster wie ‚Ich muss immer perfekt sein‘ oder ‚Ich darf nicht Nein sagen‘ führen häufig dazu, über die Grenzen der eigenen Belastbarkeit zu gehen, um es bloß jedem recht zu machen. Hier geht viel Energie verloren.

Gleichzeitig fehlt der Raum für Ausgleich und Entspannung, womit die Energiebilanz oft im roten Bereich liegt. In Bezug auf leistungs- und karrierebezogene Situationen neigen Frauen eher dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und sich selbst weniger zuzutrauen. Das führt dazu, dass sie häufig eben nicht die Hand heben für das spannende Projekt oder eine Aufstiegschance vorbeiziehen lassen aus Angst zu versagen.

Kombiniert mit organisationalen Strukturen, die ohnehin dazu tendieren Frauen zu ‚übersehen‘, kann das fatale Folgen für die Karriere haben. Und als besonderes ‚Sahnehäubchen‘ müssen sich viele Frauen dann auch noch gegen zum Teil offensichtliches, zum Teil unterschwelliges, herabsetzendes Verhalten wehren, leider manchmal sogar auch von Vertreterinnen des eigenen Geschlechts.

Alles in allem also eine Vielzahl möglicher Baustellen, die es auf dem Weg zu einer zufriedenstellenden Karriere zu bewältigen gilt. Natürlich wird bereits sowohl auf gesellschaftlicher Ebene als auch in vielen Unternehmen daran gearbeitet, Frauen zu fördern und einige dieser Hindernisse zu verkleinern, wie die obigen Zahlen zeigen, allerdings bisher mit mäßigem Erfolg.

Deshalb ist es für Frauen umso wichtiger, sich diesen Herausforderungen bewusst zu stellen und aktiv an der eigenen Karriere zu arbeiten bzw. sich Fähigkeiten anzueignen, die zu deren Bewältigung hilfreich sind. Wer soll für Sie einstehen, wenn Sie es selbst nicht tun? Die folgenden Punkte geben eine Anregung, wie Sie zu größerer Sicherheit und Gelassenheit in Ihrer Karriereentwicklung finden und Ihre beruflichen Ziele erfolgreich vorantreiben können:

1) Planen Sie Ihre Karriere als würde es all diese Hindernisse nicht geben!

Ein Punkt, der häufig unterschätzt wird, ist, sich überhaupt sinnvolle Karriereziele zu setzen. Wenn Sie nicht wissen, wo Sie hinwollen, wird es schwierig, eine klare Linie zu verfolgen und zu tun, was für ein Fortkommen notwendig ist. Setzen Sie sich diese Ziele, ohne voreingenommen bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Erfolgs zu sein. Wenn Sie im Kopf haben, dass es als Frau sowieso schwierig wird oder dass die Karriere ohnehin knickt, wenn ein Kind kommt, dann werden Sie auch nicht alles geben bis dahin. Und das wird dann leicht als mangelnde Karriereambitionen gedeutet.

Wenn Sie jedoch Ihre Ziele klar mitteilen, proaktiv Erwartungen klären und gemeinsam mit Ihrer Führungskraft daran arbeiten und auch Ihre Erfolge entsprechend kommunizieren, steigt die Chance Ihr Potential voll entfalten zu können, entsprechend gefördert und auch gegebenenfalls nach der Elternzeit wieder mit offenen Armen empfangen zu werden.

2) Steigern Sie Ihre Sichtbarkeit und erweitern Sie Ihr Netzwerk!

Ein umfangreiches Netzwerk ist die Basis für das Ausschöpfen aller Möglichkeiten. Bereits während des Studiums sollte Netzwerkaufbau und -pflege betrieben werden, mit gleichgesinnten KommilitonInnen, Mitarbeitenden, die man bei Praktika kennengelernt hat und Menschen, deren Bekanntschaft wertvoll und inspirierend ist. Und auch im Unternehmen reicht es in der Regel nicht, nur mit dem eigenen Team und den unmittelbaren Kollegen gut vernetzt zu sein.

Je mehr KollegInnen und Entscheidungsträgerinnen wissen, dass es Sie gibt und was Sie kennen umso besser, das gilt auch standortübergreifend. Ein externes Netzwerk unterstützt Sie dabei branchenspezifisch up-to-date zu bleiben, eventuell neue potentielle KundInnen oder andere für Ihre Arbeit wichtige Personen kennenzulernen und eine größere Sichtbarkeit zu erreichen. Das wiederum stärkt auch Ihr Selbstvertrauen.

3) Glauben Sie nicht alles, was Sie denken!

Sie müssen weder immer perfekt sein noch müssen Sie es immer allen recht machen. Auch wenn Ihr Teufelchen auf der Schulter das Gegenteil behauptet. Lernen Sie solche negativen Denkmuster in förderliche Aussagen umzuformulieren wie ‚Ich darf auch mal fünf gerade sein lassen‘ oder ‚Ich bin eine gute Mutter, auch wenn ich aus beruflichen Gründen keine Zeit habe, einen Kuchen für die Kita zu backen und ihn stattdessen kaufe‘. Das spart Zeit und Nerven.

4) Augen auf bei der Partnerwahl!

Sprechen Sie in der Partnerschaft frühzeitig darüber, wie Sie sich beide Ihre Karrierewege vorstellen. Für eine erfolgreiche Karriere ist es wichtig, jemanden an der Seite zu haben, der dies auch unterstützt. Gleichen Sie Ihre Rollenerwartungen ab, sei das, ob man eine Haushaltshilfe braucht, wenn beide arbeiten, wie die Arbeitszeitverteilung aussehen kann, wenn Kinder kommen und wessen Arbeit grundsätzlich welchen Stellenwert hat. So kann man bösen Überraschungen und Enttäuschungen vorbeugen.

5) Lernen Sie mit ‚Herabsetzung‘ gelassen umzugehen!

Hier geht es nicht darum, immer nur die passende Antwort parat zu haben, sondern auch die entsprechende Haltung dazu zu verinnerlichen. Nicht umsonst beschreibt Nicole Staudinger Schlagfertigkeit als eine Lebenseinstellung2. Wenn Sie sich Ihres eigenen Wertes bewusst sind und die Angst vor möglichen Konsequenzen im Griff haben, wird es Ihnen leichter fallen, sich emotional von unangemessenen ‚Sprüchen‘ zu distanzieren, für sich selbst einzustehen und andere in ihre Schranken zu weisen oder auf Ungleichbehandlung aufmerksam zu machen.

6) Suchen Sie sich Unterstützung, wenn Sie sie brauchen!

Eine gute soziale Einbindung ist eine große Ressource im Hinblick auf Umgang mit stressigen Situationen und Zeiten. Sei das, um sich einfach mal auszutoben über ein Ärgernis, Unterstützung bei Problemen oder organisatorischen Schwierigkeiten zu bekommen oder auch einfach eine gute Zeit zum Ausgleich zu erleben.

Genauso wichtig ist es, im engen Austausch mit der eigenen Führungskraft zu stehen, um Problemen zu begegnen und Herausforderungen zu meistern. Um Hilfe bitten zu können ist an dieser Stelle privat und beruflich eine wichtige Kompetenz. Im Zweifelsfall können Sie bei beruflichen Themen auch einen professionellen Coach zu Rate ziehen. Hier machen manchmal schon wenige Sitzungen einen entscheidenden Unterschied.

Das geht natürlich nicht alles über Nacht. Je früher Sie jedoch damit anfangen, umso positiver werden die Auswirkungen auf Ihre Karriereentwicklung sein und umso stärker werden Sie Ihren Beitrag leisten, die gläserne Decke aufzubrechen.

 

Über die Autorin:

Diane Manz
Dipl.-Psychologin und systemischer Business Coach