Bewerbungs- und Auswahlverfahren für ein LL.M.-Studium an amerikanischen (Elite-)Hochschulen

von Ines Jaehnert

Global betrachtet nehmen die USA sowohl politisch als auch wirtschaftlich eine wichtige Stellung ein. Wer im Lebenslauf angeben kann in den USA für einen längeren Zeitraum gelebt zu haben, macht sich allein damit bereits für viele Arbeitgeber1 interessant.

Da auch das amerikanische Studienangebot oft sehr renommiert ist, schlägt man als Jurist mit einem LL.M.-Studium an einer amerikanischen Hochschule mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Hochschulauswahl: staatlich oder privat?

Beim Bewerbungs- und Zulassungsverfahren gehen viele von hiesigen Bedingungen aus. Auch die Hochschulauswahl birgt das eine oder andere Missverständnis. Eine der weitverbreitesten Fehlannahmen ist, dass staatliche Hochschulen schlechter seien als private. Wer an dieser Meinung festhält, übersieht damit zum Beispiel die Universität Berkeley, die zu den weltweit besten Hochschulen zählt; sie ist eine der 10 staatlichen Universities of California mit ihrem Campus im Ort Berkeley, der ihr den Rufnamen verleiht.

Bei der Suche nach einer geeigneten Hochschule kann es sich daher lohnen auch einen Blick in die inoffizielle Liste der sogenannten „Public Ivies“ – die Ivy League der öffentlichen Hochschulen – zu werfen.

Ideale Bewerber für ein LL.M.-Studium

Auch stimmt es nicht, dass amerikanische Hochschulen in der Bewerberauswahl für ein Aufbau- oder Zusatzstudium weniger selektiv sind. Dies gilt auch für die meist einjährigen LL.M.-Programme.

Tatsächlich wählt jede amerikanische Hochschule aus dem Bewerberpool immer die besten und vielversprechendsten Kandidaten aus. Gerade renommierte Law Schools, die eine große Anzahl von Bewerbungen erhalten, können es sich leisten besonders wählerisch zu sein. Vornehmlich die Elitehochschulen vertreten in der Auswahl den holistischen Ansatz. Das verleiht ein klein wenig Spielraum hinsichtlich der Perfektion in einzelnen Aspekten der eigenen Bewerbung.

Wer beispielsweise nicht überall Bestnoten vorweisen kann, aber in anderen Bereichen sehr Beeindruckendes vorzuweisen hat, kann damit weniger exzellente akademische Leistungen unter Umständen ausgleichen. Bei der hohen Anzahl von Bewerbern muss man sich jedoch auch im Klaren darüber sein, dass dieser Spielraum nicht immens groß ist.

Zu außerakademischen Leistungen gibt es keine Vorgaben. Interessant sind Kandidaten, die in verschiedenen Gruppen und Verbänden aktiv sind. Das kann auf beruflicher oder universitärer Ebene sein, aber der Blick fällt auch auf die Tätigkeiten im privaten Bereich, für die man sich in seiner Freizeit einsetzt. Soziales Engagement ist daher ein weitreichender Begriff, der nicht automatisch nur gemeinnützige Einsätze umfasst. Letztere werden jedoch sehr geschätzt und fallen in einer Bewerbung positiv auf.

Vielfältiges Engagement wird als wertvolle soziale Kompetenz gewertet. Denn es ist davon auszugehen, dass eine hoch engagierte Person es versteht auf Leute zuzugehen und sich mit anderen auszutauschen. Diese Fähigkeit wird von Hochschulen für den Aufbau eines neuen, starken und erfolgreichen Studienjahrgangs sehr geschätzt. Im Idealfall ergänzen sich die einzelnen Programmteilnehmer mit ihren individuellen Eigenschaften und Erfahrungen im beruflichen sowie in den inner- und außeruniversitären Bereichen. So bilden sie zusammen eine ausgewogene Studierendenschaft, die voneinander sowohl während als auch nach dem Studium profitiert.

Herausforderung Bewerbungsaufsatz

Dem Bewerbungsaufsatz oder Statement of Purpose kommt eine große Bedeutung im Auswahlverfahren zu. Er ist das wichtige Gegenstück zu den Formalien wie Noten und Lebenslauf und der einzige Bestandteil der Bewerbung, in dem man sich in eigenen Worten präsentiert.

Zugleich ist der Aufsatz auch Zeugnis darüber, wie man sich ausdrücken kann und eine überzeugende Argumentationslinie führt – vergleichbar mit einer wohlformulierten Rede über die persönliche Entwicklung und die eigenen Ziele.

Es handelt sich dabei nicht um ein Anschreiben wie bei einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Der häufigste Fehler, den deutsche Bewerber mit dem Statement of Purpose begehen, ist einen sachlich ausformulierten Lebenslauf einzureichen. Damit ist der zusätzliche Raum, den der Aufsatz zum Vorstellen der eigenen Person verschafft, denkbar schlecht genutzt. Zum einen ist es eine unnötige Doppelung an Informationen, zum anderen kommt damit nicht die eigene Persönlichkeit oder gar Selbsteinschätzung zur Sprache.

Denn insbesondere amerikanische Elitehochschulen sind nicht nur an den Qualifikationen der Bewerber interessiert, sondern wollen deren Persönlichkeit kennenlernen.

Privilegien für LL.M.-Studierende

Wer sich gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte und ein LL.M.-Studium an einer amerikanischen Hochschule aufnimmt, profitiert von einem im Vergleich zu deutschen Hochschulen ungewohnt hohen Service, den Professoren ernst nehmen.

Deren Aufgabe ist es, ihre Studierenden wissenschaftlich zu betreuen und zu fördern, aber auch akademisch zu fordern. Darüber hinaus spornen einen auch die Kommilitonen sowie die motivierende Lernatmosphäre, die ein meist großzügig ausgestatteter Campus schafft, an. Lange nach dem LL.M.-Studium wird man von einem erstklassigen Alumni-Netzwerk profitieren, das amerikanische Hochschulen durch die strenge Vorauswahl und hohen Serviceleistungen generieren und gewissenhaft pflegen.

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1 Alle Genera erfassen selbstverständlich sämtliche Sexus

Über die Autorin:

Ines Jaehnert
seit 2003 als Studienberaterin im Amerikahaus München tätig und
seit 2007 Leiterin der Austausch- und Studienberatung

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Quelle NJW 45/2018