Die Kunst des Öffentlichen Rechts sichtbar machen

Dr. Tina Bergmann und Dr. Andrea Vetter im Gespräch mit Susanne Kleiner

Kanzleien, die im Netz punkten, ziehen die Aufmerksamkeit potenzieller Mandanten auf sich und präsentieren sich als attraktive Arbeitgeber.

Vorausgesetzt, sie heben sich wohltuend aus der grauen Masse ab. So wie Dolde Mayen & Partner aus Stuttgart und Bonn: Die Spezialisten für Öffentliches Recht haben ihren Website-Relaunch zum Anlass genommen, mit der Staatlichen Hochschule der Bildenden Künste in Stuttgart zu kooperieren.

Susanne Kleiner im Gespräch mit Dr. Tina Bergmann und Dr. Andrea Vetter über ein Kunstprojekt, das Kreise zieht.

Was hat Sie veranlasst, mit einer Kunsthochschule zu kooperieren?

Tina Bergmann: Wir haben lebhaft diskutiert, wie wir unsere neue Website gestalten. Klar war: Wir sind anders als andere und so wollen wir auch rüberkommen. Und: Öffentliches Recht verdient eine Bühne, die Interesse für unsere Arbeit mit und für Unternehmen, Gemeinden, Landkreise und Behörden des Bundes und der Länder veranschaulicht. Unsere Stuttgarter Werbeagentur hatte die Idee, "Die Kunst des Öffentlichen Rechts" als Leitmotiv ins Zentrum zu stellen und mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste zusammenzuarbeiten.

Wir erleben oft, dass Jurastudierende Rechtsgebiete wie Umweltrecht, Vergaberecht, Kommunales Recht oder Telekommunikationsrecht nicht als attraktive Karriereoptionen wahrnehmen. Oder junge Talente fürchten, Öffentliches Recht sei eintönig und fad. Unser Ziel war es, Illustrationen in unser Konzept einzubinden, die neugierig machen und Sympathie wecken.

Wie haben Sie die Idee in die Tat umgesetzt?

Andrea Vetter: Professor Dr. Klaus-Peter Dolde, einer der Gründer und Namensgeber unserer Sozietät, hat Professor Uli Cluss, Leiter der Klasse für Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Corporate Design angesprochen – mit Erfolg. Er war es auch, der direkt angeregt hat, in seiner Klasse einen Wettbewerb auszuloben. Das hat uns begeistert.

Der Auftakt war ein intensives Briefing, um den Kreativen unsere juristische Arbeit zu vermitteln. Das war ein besonderes Erlebnis. Denn für uns war es herausfordernd und ermutigend zugleich, die Fragen der wissbegierigen Künstler zu hören und unsere Antworten sprachlich zu verbildlichen. Es hat Spaß gemacht, die Klasse in eine andere Gedankenwelt zu entführen. Auch wir haben uns selbst neu betrachtet.

In den nächsten sechs Wochen folgte ein fortlaufender Dialog, der von gegenseitigem Geben und Nehmen geprägt war. Kreative Ansätze haben wir intensiv diskutiert, Zwischenpräsentationen besprochen und Inhalte vertieft.

Was war die größte Herausforderung in dem Gestaltungsprozess?

Tina Bergmann: Juristische Inhalte sind per se abstrakt. Einzelne Beratungsfelder überschneiden sich sogar; für die Studierenden ein Balanceakt.

Sie sollten eine Bildsprache entwickeln, die Komplexität und Seriosität herausarbeitet und gleichzeitig unseren hohen Anspruch reflektiert. Das Ziel war, dass die Illustrationen unser Erscheinungsbild aufgreifen. Und es war uns wichtig, dass die Arbeiten zeitgenössisch wirken und die persönliche Note der Urheber erkennen lassen.

Das Engagement hat uns beeindruckt, die Ergebnisse waren vielfältig. Es gab Entwürfe mit technischer Anmutung und lineare, piktographische Lösungen. Auch malerische oder comicartige Varianten waren dabei. Das Rennen hat schließlich die Studentin Kayhan Mac gemacht. Sie hat sehr abstrakt und frei gearbeitet, anstatt sich auf einen speziellen Teilbereich zu beschränken. Sie hat es geschafft, unsere Rechtsgebiete eindeutig zu repräsentieren sowie Gradlinigkeit und Seriosität darzustellen.

Heute schmücken die Kunstmotive unsere Kanzleiräume. Einen Kunstband mit dreizehn Arbeitsbeispielen haben wir gedruckt und mit persönlichen Worten an Mandanten und Freunde unseres Hauses versandt.

Wie war die Resonanz intern im Team und bei Ihren Mandanten?

Andrea Vetter: Durchweg positiv und sehr anregend. Unsere Kolleginnen und Kollegen in Stuttgart und Bonn haben das Geschehen interessiert verfolgt.

So war das Kunstprojekt Thema bei unseren Montags-Telkos. Außerdem haben wir in einem größeren Kreis die Siegerarbeiten ausgewählt. Sie können sich sicher vorstellen, wie engagiert jede und jeder argumentierte und ihren oder seinen Favoriten verteidigte. Professor Cluss hat das Auswahlverfahren begleitet. Seine Hinweise waren sehr wertvoll für uns. Es ist tatsächlich so, dass unser Kunstprojekt bis heute Kreise zieht. Diese Kooperation hat einen Dialog darüber angestoßen, wie wir selbst unsere Arbeit auffassen. Die Kunst hat auch die Werte beeinflusst, zu denen wir uns auf unserer Homepage bekennen.

Alles in allem hat der Wettbewerb uns dafür sensibilisiert, wie wichtig es ist, offen und verständlich zu kommunizieren, noch genauer hinzuschauen und aufmerksamer zuzuhören. Viele unserer Besucher betrachten die Arbeiten in unseren Räumen interessiert. Sie äußern sich zu den Formen, Farben oder bemerken die kreative Spielart unserer Kanzleipräsentation. Sprechen unsere Mandanten über unsere Website, kommentieren viele die Kunst. Ebenso anregend wirkt unser Kunstband, der schon wertvolle Gespräche initiiert hat: über unsere Philosophie und über die Offenheit für interdisziplinäres Arbeiten, die uns auch in der Rechtsberatung ein wichtiger Begleiter ist.

Über die Interviewpartnerinnen:

Dr. Tina Bergmann
Partnerin bei Dolde Mayen & Partner,
Stuttgart

Dr. Andrea Vetter
Partnerin bei Dolde Mayen & Partner,
Stuttgart

Susanne Kleiner
freie PR-Beraterin, Texterin, Journalistin
und Mediatorin, München

www.susanne-kleiner.de

www.trainings-workshops-seminare.de

Quelle BECK Stellenmarkt 24/2018