Im Wettbewerb um die besten Talente lassen sich Kanzleien einiges einfallen. Die Branche hat erkannt, dass Nachwuchsjurist:innen mehr wollen als Top-Gehälter oder eine lineare Karrierelaufbahn. Fragen nach Corporate Social Responsibility, Sabbaticals oder Elternzeit stehen mittlerweile auch im Kanzleiumfeld auf der Tagesordnung. Vor einigen Jahren war dies noch undenkbar.
Personalabteilungen widmen sich der Förderung von Talenten, entwickeln innovative Programme zu fachlicher Ausbildung, Softskills und Management Knowhow. Diese Fähigkeiten sind grundlegende Voraussetzung für eine Anwaltskarriere. Kanzleien haben verstanden, dass eine Ausbildung über die fachliche Expertise hinaus nicht mehr nur ein „NicetoHave“, sondern ein „MustHave“ ist. Doch zu einer nachhaltigen Positionierung gehört mehr.
Eine Bühne für den Nachwuchs
Junge Anwält:innen profitieren immens davon, mit etablierten Partner:innen zusammenzuarbeiten, von deren Erfahrung zu lernen. Soweit nichts Neues. Spannend wird es jedoch dann, wenn der Leader bewusst einen Schritt zurücktritt und für den jüngeren Kollegen bzw. die Kollegin Platz im Scheinwerferlicht macht. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weise erfolgen: eine gemeinsame Veröffentlichung, ein Vortrag oder eine Mandanten-Veranstaltung – die Möglichkeiten sind vielfältig. Wenn Nachwuchskräfte gezielt einen aktiven Part neben führenden Partner:innen einnehmen (dürfen), strahlt deren Kompetenz und Wahrnehmung unmittelbar auf sie ab. Was banal und einleuchtend klingt, wird leider noch lange nicht überall gelebt. Doch klar ist: Junge Anwält:innen aktiv in Marketing Maßnahmen einzubinden, ihnen einen Platz auf der Bühne anzubieten, ist eine echte Chance. Und am Ende profitieren beide Seiten davon.
Die Entwicklung der eigenen Positionierung
Mit zunehmender Berufstätigkeit werden sich inhaltliche Schwerpunkte in der Mandatsbearbeitung herauskristallisieren. Im Austausch mit einem Sparringspartner gilt es, die eigene Positionierung zu definieren und zu entwickeln. Entscheidend ist, dass Kanzleien Ihren Talenten Raum geben, unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln, um Interessensfelder zu definieren, Nischen festzulegen und die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Insbesondere in kleineren Einheiten besteht häufig die Möglichkeit, neue oder innovative Themen voranzutreiben und sich unternehmerisch einzubringen. Kanzleien, die jungen Anwält:innen die Chance geben, eigene Themen zu besetzen, tragen entscheidend zu deren klarer Positionierung bei. Dabei ist eine Positionierung im dynamischen Marktumfeld nicht in Stein gemeißelt. Sie darf und muss sich weiterentwickeln. Doch gerade am Anfang einer Karriere gilt es, einen klaren Grundstein zu legen – einerseits für die strategische Planung der beruflichen Weiterentwicklung und andererseits für effektives und erfolgreiches Eigenmarketing.
Eine Kanzlei – viele Gesichter
Immer mehr Kanzleien haben erkannt, dass es langfristig nicht zielführend ist, den einen Rainmaker an die Spitze einer Praxisgruppe oder gar der gesamten Kanzlei zu stellen. Vielmehr fördern sie Associates darin, eine eigene Wahrnehmung im Markt aufzubauen. Es geht darum, der Kanzlei ein persönlicheres Gesicht zu verleihen. Das Stichwort dabei ist Personal Branding, die Entwicklung der eigenen Person zur Marke. Individuelle Anwaltspersönlichkeiten werden in einer Zielgruppe zu einem bestimmten Thema nachhaltig positioniert. Dabei steht neben der Expertise auch die Persönlichkeit im Fokus. Alles vor dem Hintergrund eines Ziels, Bekanntheit und Reputation aufbauen. Gutes Personal Branding kann ein echter Gamechanger sein: Verkörpert die Anwaltspersönlichkeit in der Öffentlichkeit das, wonach der Mandant sucht, wird die Entscheidung positiv beeinflusst. Und was für die Akquise von Mandanten gilt, ist auch für die strategische Karriereplanung essenziell. Wenn Erfolge sichtbar werden, kann dies den nächsten Karriereschritt positiv voranbringen.
Am Ende profitieren alle
Wenn junge Anwält:innen von ihrer Kanzlei im Hinblick auf Marketing und Personal Branding professionell unterstützt werden, ist dies eine klare Win-Win-Situation: Gut positionierte Anwält:innen stärken die Kanzleiwahrnehmung und damit die Kanzleimarke. Gleichzeitig fungieren sie als Markenbotschafter. Neben positiven Effekten im Business Development zahlt dies unmittelbar auf das Employer Branding ein. Insbesondere jüngere Berufsträger:innen können im intensiven Wettbewerb um Nachwuchs eine entscheidende Rolle einnehmen. Schlussendlich trägt dieser Freiraum in der eigenen Entwicklung zu einer Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber bei. Und für junge Anwält:innen liegt der Vorteil auf der Hand: Sie arbeiten aktiv an ihrer Positionierung, machen sich einen Namen im relevanten Markt und gestalten damit selbst die eigene Karriere.
Tipp
Achten Sie bei der Wahl Ihres Arbeitgebers nicht nur auf den Namen im Lebenslauf. Berücksichtigen Sie, ob Sie neben der entscheidenden fachlichen und persönlichen Entwicklung auch in punkto Eigenmarketing Freiheiten haben oder gar gefördert werden. Mit Blick auf Ihre Karriere kann dies langfristig einen echten Unterschied machen.
Über die Autorin
Mareike Müller
ist Expertin für Kanzleimarketing und agiert mit ihrer Agentur THE MARKETER als ausgelagerte Marketing-Abteilung für Kanzleien und Rechtsanwält:innen.