Tipps für den Umgang mit besonders aktuellen Promotionsthemen

von Janna Ringena

Wie ist es, zu einem aktuellen Thema zu promovieren? Lohnen sich Aufwand und Risiko? Welchen Mehrwert hat eine solche Promotion für mich persönlich? Diesen und weiteren Fragen geht der folgende Beitrag nach.

Relevanz schnelllebiger Rechtsgebiete als Motivationshebel

Meine Promotion begann im Sommer 2019 mit der Themensuche im Bereich des Umweltrechts. Das Umweltrecht ist ein sich derzeit schnell entwickelndes Rechtsgebiet, sodass man an einem aktuellen Thema kaum vorbeikommt. Genau das hat mich daran gereizt: Denn Rechtsgebiete sind in der Regel nur dann schnelllebig, wenn ihnen eine gewisse Relevanz zukommt, sie etwa aktuelle gesellschaftliche und politische Herausforderungen behandeln. Für mich persönlich war das wichtig, da ich mich mit einem Thema befassen wollte, bei dem es nicht nur darauf ankommt, Rechtsansichten zu einer rein dogmatischen Frage zu analysieren. »Flauten« während der Promotion konnte ich nicht zuletzt dadurch überwinden, dass ich mein Promotionsthema für gesamtgesellschaftlich wichtig erachtet habe und dadurch meiner Forschungstätigkeit einen Sinn zusprechen konnte. Das hat mich motiviert und aus dem Grund konnte ich mein Projekt ohne gravierende persönliche Krisen erfolgreich abschließen. Davon bin ich heute – nach Einreichung meiner Dissertation im September 2022 – überzeugt.

Überblick über den politischen Rahmen: Was passiert als nächstes?

Dennoch birgt die Promotion zu einem aktuellen Thema besondere Herausforderungen. In meinem Fall war der Ausgangspunkt der Forschung die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die im Sommer 2019 in Kraft getreten ist. Sie sollte bis zum Sommer 2021 umgesetzt werden, sodass der gesamte Umsetzungsprozess in meinen Forschungszeitraum fiel und ich stetig Durchführungsrechtsakte der EU sowie mitgliedstaatliche Umsetzungen und Gesetzgebungsprozesse im Blick behalten musste. Dazu lohnt es sich, regelmäßig die Websites der einschlägigen Ministerien sowie der Europäischen Institutionen (insbesondere der Kommission und des Parlaments) zu konsultieren und ggf. Newsletter zu abonnieren, die potenziell Informationen zum eigenen Themenkreis beinhalten. In meinem Fall gab es z.B. Stiftungen und NGOs, die sich dem rechtstatsächlichen Hintergrund meines Themas angenommen haben. Gleiches gilt natürlich für juristische Newsletter und Presseschauen. Auch Veröffentlichungen der Bundesbehörden – in meinem Fall des Umweltbundesamts – können wichtige Quellen sein.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, sich mit politischen Akteuren zu vernetzen, die an eventuellen Gesetzesänderungen beteiligt sind und Auskunft darüber geben können, womit in den nächsten Wochen oder Monaten zu rechnen ist. Solche Informationen vermindern den Überraschungseffekt und schaffen bessere Planbarkeit. Zugleich sind dies oftmals sehr gewinnbringende Austauscherfahrungen für beide Seiten, die auch nach der Promotion noch hilfreich sein können und im besten Fall die Leser:innenschaft der Dissertation, sobald sie denn veröffentlicht ist, erweitert.

Angst vor der Konkurrenz: Wie gehe ich mit »überholenden Dissertationen« um?

Als abschreckend gelten sogenannte »überholende Dissertationen«, die möglicherweise einen Teil der eigenen Forschung irrelevant werden lassen. Diese Angst stellt sich in den allermeisten Fällen als unbegründet heraus, sofern man sich nicht einen offensichtlichen »Dauerbrenner« als Promotionsthema aussucht. Selbst dann ist es jedoch unwahrscheinlich, dass eine andere Dissertation die eigene Arbeit tatsächlich irrelevant werden lässt. Selten werden exakt die gleichen Schwerpunkte gesetzt und erst recht nicht die gleichen Ansichten vertreten. »Überholende Dissertationen« zeigen eben auch, dass das eigene Thema aktuell und relevant ist. Meistens können sie Inspirationen liefern und die eigene Forschung noch bereichern. Sollte sich also das Erscheinen einer solchen Dissertation abzeichnen, lohnt sich vor allem eines: Ruhe bewahren.

Fazit

Abschließend empfehle ich die Promotion zu einem aktuellen Thema jedem und jeder, der oder die Interesse an politischen Prozessen hat und den Sinn der eigenen Forschung auch oder vor allem daraus zieht, dass diese sich in einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs einbetten lässt. Gerade für interdisziplinäre Arbeiten eignet sich daher eine Promotion zu einem aktuellen Thema. Die wichtigsten Elemente, die meines Erachtens zum Erfolg einer solchen Arbeit führen, sind die aktive Verfolgung von Gesetzgebungsprozessen, Vernetzungsaktivitäten, der Blick über den Tellerrand (ohne von der eigenen Kernfrage abzuschweifen) und nicht zuletzt eine gesunde Portion Optimismus und Gelassenheit.

In weiteren Beiträgen wird das Thema Promotion aus anderen Blickpunkten beleuchtet:

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Über die Autorin:

Janna Ringena
ist Rechtsreferendarin im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle und wissenschaftliche Mitarbeiterin von Prof. Dr. Sabine Schlacke am Institut für Energie-, Umwelt- und Seerecht der Uni Greifswald. Sie hat Wirtschaft & Recht und Rechtswissenschaften an der Uni Münster studiert, wo sie im kommenden Sommersemester auch das Promotionsverfahren abschließen wird. Ihre Promotion wurde im Rahmen des Kompetenznetzwerks »Zukunftsherausforderungen des Umweltrechts« vom Bundesministerium für Forschung und Bildung gefördert.

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