Die juristische Promotion: Einstieg und Themensuche

Von Alix Schulz, M.Jur. (Oxford)

Die letzte Phase des Jurastudiums und des Referendariats ist typischerweise geprägt von der intensiven Vorbereitung auf das Examen. Es bleibt häufig wenig Zeit für eigene wissenschaftliche Interessen. Umso größer kann daher der Wunsch sein, den nächsten Lebensabschnitt wieder selbstbestimmter zu gestalten. Eine Promotion kann hier eine willkommene Abwechslung darstellen.

Zeitpunkt

Wer eine juristische Promotion in Betracht zieht, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für dieses Vorhaben. Die meisten promovieren entweder nach dem ersten oder nach dem zweiten Staatsexamen. Und wie so oft gilt: Für beide Zeitpunkte sprechen gute Argumente.

Häufig besteht nach dem ersten Examen der Wunsch, das studentische Lebensgefühl noch etwas zu verlängern und sich nun mit denjenigen Themen zu beschäftigen, für die ein besonderes Interesse besteht. Zudem sehen die Bewerbungsvoraussetzungen einiger Förderwerke (z.B. der Studienstiftung des deutschen Volkes) vor, dass der letzte Studienabschluss zum Zeitpunkt der Bewerbung um ein Promotionsstipendium nicht länger als vier Jahre zurückliegen darf. Auch dieser Aspekt kann mitunter ein Argument dafür sein, sich unmittelbar nach dem ersten Examen für eine Promotion zu entscheiden.

Umgekehrt sollte nicht verschwiegen werden, dass es durchaus sinnvoll sein kann, zunächst die »Pflicht« des zweiten Examens hinter sich zu bringen, bevor man sich der »Kür« einer Promotion widmet. Insbesondere eine Promotion mit Kind kann möglicherweise entspannter sein, wenn das zweite Examen bereits absolviert wurde.

Themensuche

Ist die grundsätzliche Entscheidung zugunsten einer Promotion gefallen, stellt sich die Frage nach einem passenden Promotionsthema. Natürlich gibt es auch hier kein allgemeingültiges Rezept. Es empfiehlt sich jedoch, das Thema eigenständig und anhand der persönlichen Interessen auszuwählen und sich nicht allein auf Themenvorschläge »von außen«, beispielsweise von Doktormutter oder Doktorvater zu verlassen.

Gewiss können letztere wertvolle Anregungen liefern. Aber ohne eigene Begeisterung für das Thema wird es oft schwerfallen, die nötige Motivation für eine Promotion aufzubringen und diese vor allem auch über einen längeren Zeitraum hinweg aufrechtzuerhalten.

Auf der Suche nach einem passenden Promotionsthema kommen wiederum verschiedene Strategien in Betracht. Meist lohnt ein Blick in juristische Fachzeitschriften, auf aktuelle Gerichtsentscheidungen oder rechtspolitische Vorhaben. Von besonderer Bedeutung für mein Promotionsthema war beispielsweise die wegweisende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten »Dritten Option« im Personenstandsrecht.

Darüber hinaus können auch Seminare oder Studienarbeiten während des Schwerpunktstudiums, wissenschaftliche Tagungen oder universitäre Projekte, wie z.B. studentische Rechtsberatungen oder Moot Courts, interessante Anregungen für die Themenfindung liefern. So waren in meinem Fall z.B. die  Kurse im Familien- und Antidiskriminierungsrecht während meines Masterstudiums in Großbritannien ausschlaggebend für die Wahl meines Promotionsthemas.

Festhalten lässt sich an dieser Stelle, dass es zahlreiche und unterschiedliche Wege zu einem geeigneten Promotionsthema gibt. Gleichzeitig kann sich das eigene Thema im Laufe der Zeit natürlich noch verändern. Eine erste Bewährungsprobe stellt häufig bereits das Verfassen eines Exposés dar, in dessen Verlauf nicht selten erste Schwachstellen sichtbar werden.

Aber auch Diskussionen mit Kollegen und Kolleginnen, die Veröffentlichung anderer Dissertationen, aktuelle Gerichtsentscheidungen oder das Inkrafttreten neuer Gesetze können den Blick auf das eigene Thema verändern und Anpassungen erforderlich machen. Davon sollte man sich auf keinen Fall entmutigen lassen, sondern dies vielmehr als übliche Schritte eines Prozesses begreifen.

Betreuung

In engem Zusammenhang mit der Wahl eines passenden Themas steht schließlich die Frage, wer die Arbeit betreuen kann. Die Wahl der Doktormutter oder des Doktorvaters ist eine wichtige Entscheidung, denn idealerweise unterstützt die betreuende Person das Promotionsvorhaben nicht nur inhaltlich, sondern ist auch in der Lage, ihre Promovierenden in Krisenzeiten persönlich zu ermutigen.

Abgesehen von der fachlichen Eignung empfiehlt es sich daher, eine Person anzusprechen, die bereits bekannt ist oder die von Bekannten empfohlen wurde. Gleichzeitig besteht aber auch die Möglichkeit, sich initiativ bei einer Professorin oder einem Professor zu bewerben. In diesem Fall kann es jedoch ratsam sein, sich im Vorfeld bei deren Doktorandinnen und Doktoranden erkundigen, wie zufrieden sie mit ihrer Betreuung sind.

Zu guter Letzt noch ein persönlicher Appell: Die Suche nach einem passenden Promotionsthema kann – wie die Promotionsphase generell  – geprägt sein von emotionalen Höhen und Tiefen. Verzagt also nicht, wenn ihr nicht auf Anhieb ein ideales Thema findet, sondern habt den Mut, eure Forschungsfrage in Ruhe zu entwickeln und bei Bedarf auch noch einmal zu wechseln.

Tipps für die Themensuche

1. Lasst euch bei der Auswahl des Themas von euren Interessen und fachlichen Leidenschaften leiten.

2. Als mögliche Inspirationsquellen könnt ihr aktuelle Gerichtsentscheidungen, Gesetzesvorhaben, Aufsätze in juristischen Fachzeitschriften oder frühere Studienarbeiten heranziehen. Ebenso können wissenschaftliche Tagungen und Erfahrungen aus studentischen Rechtsberatungen oder Moot Courts einen Anstoß für euer Thema geben.

3. Zur Konkretisierung der Forschungsfrage ist es hilfreich, ein Exposé zu verfassen.

4. Habt den Mut, die Forschungsfrage bei Bedarf auch noch einmal zu ändern.

 

Über die Autorin:

Alix Schulz, M.Jur. (Oxford)
Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg (Lehrstuhl Prof. Dr. Marc-Philippe Weller). Nach ihrem Jurastudium in Freiburg und Helsinki absolvierte sie ein Masterstudium an der Universität Oxford. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Internationalen Familienrechts und Antidiskriminierungsrechts

 

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