
Nicole Krug und Dr. Patrick C. Otto sind seit mehreren Jahren im Unternehmen und in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig – beides als Syndikusrechtsanwälte, aber doch mit ganz verschiedenen Tätigkeiten. Im Interview berichten sie aus ihrer Inhouse-Tätigkeit.
Wie bist du Inhouse-Jurist geworden?
Nicole Krug: Nach dem Studium hatte ich noch keinen konkreten Wunschberuf. Im Referendariat habe ich die Gelegenheit genutzt, mir die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin bei der Daimler AG anzuschauen. Mir hat die Station dort sehr gut gefallen. Nach dem Zweiten Staatsexamen habe ich zunächst kurz in einer Großkanzlei angefangen, mich dann aber schnell für den Weg als Syndika entschieden.
Dr. Patrick C. Otto: Die Inhouse-Tätigkeit hatte ich für meinen Berufseinstieg überhaupt nicht auf dem Schirm und habe zunächst als angestellter Rechtsanwalt in der Beratung angefangen. Dann bin ich auf die Stellenausschreibung der Zahnärztekammer Niedersachsen aufmerksam geworden, die einen neuen Justiziar suchten. Ich erinnerte mich an einen meiner Lehrbeauftragten im Schwerpunktstudium zurück, der dieselbe Tätigkeit für die Ärztekammer Niedersachsen ausübte. Nach einem Telefonat mit ihm war für mich klar: da bewirbst du dich mal. Nach mehreren Auswahlrunden hat sich der Kammervorstand dann für mich entschieden.
Aus welchem Grund hast du dich dafür entschieden?
Nicole Krug: Mir gefällt die Vielfältigkeit der Tätigkeit im Unternehmen. Man ist nicht nur Rechtsberater, sondern unter anderem auch Verhandler und Vermittler – auch im interkulturellen Kontext, Projektmanager und Feuerwehr. Außerdem mag ich die Nähe zum Produkt. Ich muss das Geschäft und die Produkte sehr gut kennen, um sie beraten zu können.
Dr. Patrick C. Otto: Ich habe nach der Zusage des Kammervorstands schon länger überlegt: machst du das jetzt wirklich? Schließlich war ich in der Kanzlei schon ganz zufrieden, hatte die Aussicht, Fachanwalt und später Sozius zu werden und loswerden wollte man mich auch nicht. Was mich am Ende gerade bei der Tätigkeit für die Kammer gereizt hat, ist die Mischung aus Rechtsberatung und Verwaltungsmanagement gepaart mit einer guten Portion zahnärztlicher Standespolitik.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Nicole Krug: Mein Tag wird größtenteils von meinen Fachbereichen durchgetaktet, da ich die jeweiligen Projektfristen beachten muss. Daher habe ich viele Termine, in der Regel virtuell. Zudem erledige ich meine To-Dos. Da mein Kalender meistens gut aus gebucht ist, muss ich flexibel umplanen, wenn spontan ein dringendes und wichtiges Thema dazukommt. Daher endet ein Arbeitstag selten so, wie mein Kalender am Morgen ausgesehen hat.
Dr. Patrick C. Otto: Bei uns kommt es sehr auf die jeweiligen Arbeitswochen an. In Wochen ohne Gremiensitzungen kann man sich ganz auf die Mitglieder und die Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung konzentrieren und diese im Wesentlichen von morgens bis abends in laufenden Themen beraten. In Gremienwochen nehmen einen diese schon stark in Anspruch, gerade als Justiziar. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: der Kammervorstand trifft sich einmal im Monat zur Sitzung, die um 9:00 Uhr beginnt und bis mindestens 16:00 Uhr andauert, danach sind häufig noch Folgesitzungen, z.B. mit den Bezirks- und Kreisstellen vorsitzenden. Da bleibt dann nicht die Zeit für anderes, sondern man sitzt eben wirklich den ganzen Tag in den Gremien.
Was gefällt dir am besten an deiner Tätigkeit?
Nicole Krug: Dass es nie langweilig wird. Es gibt immer wieder neue, spannende Themen. Zudem arbeite ich eng mit den Fachbereichen zusammen. Legal gilt oft als Blocker, daher freue ich mich am meisten, wenn ich mir deren Vertrauen erarbeiten konnte und wir gemeinsam die Themen voranbringen. So bekomme ich auch mit, was aus meiner Beratung wird. Auch wenn mein Beitrag nur ein kleiner unter vielen ist, macht es mich stolz, wenn ein Produkt vor den Kunden ausgerollt wird und in meinem Fall buchstäblich auf der Straße ist.
Dr. Patrick C. Otto: Mir gefällt sehr gut, dass man viel gestalten und bewegen kann. Wenn ich beispielsweise eine neue Fortbildungsreihe juristisch begleiten darf oder aber wir das Berufs- und Weiterbildungsrecht modernisieren und ich hier als treibende Kraft mittendrin bin, gibt einem das ein gutes Gefühl. Daneben fühlt man sich doch als eine Art angestellter Freiberufler mit vielen Freiheiten. So darf ich neben meiner Haupttätigkeit noch einen Lehrauftrag wahrnehmen, bin Mitglied des Landesjustizprüfungsamts und halte regelmäßig Vorträge bei Fachtagungen. Das alles lässt sich gut mit der Kammertätigkeit vereinbaren, was nicht überall so ist.
Was war dein größtes Learning oder dein größter Aha-Moment?
Nicole Krug: Die Kommunikation, in einem Wort: „KISS“ (Keep it short and simple). Wir arbeiten mit derselben Expertise und Genauigkeit wie in anderen juristischen Berufen. Die Fachbereiche benötigen aber prägnante und einfach verständliche Antworten, egal wie schwierig das Thema ist.
Dr. Patrick C. Otto: Mein größter Aha-Moment war, die Entwicklung des Verständnisses für die Inhouse-Struktur zu finden, die einem so vorher niemand beigebracht hat und die auch bei jedem Arbeitgeber ein Stück weit anders ist. Da muss man erst mal seine Stellung im Gesamtgefüge finden, die sich auch laufend verändern kann. Das macht es aber auch gerade so spannend, immer wieder neue Learnings zu haben.
Was gebt ihr Berufsanfängern mit auf den Weg?
Nicole Krug: Schaut euch die Inhouse-Tätigkeit an, beispielsweise im Praktikum oder in der Wahlstation. Das lohnt sich auch, wenn ihr noch gar keine Vorstellung davon habt. Für Unternehmensjuristen gibt es ein breites Tätigkeitsfeld, sodass sich auch ein Einblick in verschiedene Branchen, Unternehmensgrößen etc. anbietet. Und habt keine Angst, Fragen zu stellen!
Dr. Patrick C. Otto: Find your own way! Dass Nicole und ich die Inhouse-Tätigkeit toll finden, ist klar, andernfalls würden wie sie nicht ausüben. Das Wichtigste ist aber, dass ihr für euch die richtige berufliche Tätigkeit findet. Das kann, worüber Nicole und ich uns freuen würden, die Inhouse-Tätigkeit sein, aber auch jede andere Tätigkeit, in der juristische Expertise gefragt ist. Solltet ihr dazu Fragen haben, stehen Nicole und ich als Ansprechpartner immer gerne zur Verfügung.
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Über die Autoren:
Nicole Krug
ist seit 2022 Syndikusrechtsanwältin im Bereich Fahrzeugdaten bei CARIAD SE, dem Software-Startup im Volkswagen-Konzern. Sie berät Entwicklungs- und Vertriebsprojekte, digitale Dienste, autonomes Fahren und generative KI, auch im internationalen Kontext. Zuvor hat sie bei der Dr. Ing. h.c.F. Porsche AG und der Daimler AG an solchen Themen gearbeitet.
Dr. Patrick C. Otto, LL.M.
ist seit 2020 Justiziar der Zahnärztekammer Niedersachsen in Hannover. Er ist dort fachlich insbesondere für das Verwaltungsrecht und das Medizinrecht zuständig und berät die Mitglieder, die Fachverwaltung und die Organe der Kammer ganzheitlich. Zuvor war er als angestellter Rechtsanwalt in der mittelständischen Wirtschaftskanzlei KSB INTAX tätig.
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Der Beitrag erschien erstmals in der JuS 12/23.