Die Vorteile von künstlicher Intelligenz im Rechtswesen

KI im Unternehmertum
von Yves Garagnon

Künstliche Intelligenz (KI) geht heute weit über Automatisierung hinaus. KI-gestützte Anwendungen, die menschliches Denken nachahmen, bieten immer mehr Vorteile in der Rechtswelt. DiliTrust stellt sie anhand drei konkreter Beispiele vor.

1. Die statistische Analyse von Gerichtsurteilen

Diese Anwendung von künstlicher Intelligenz richtet sich vor allem an Richter und Staatsanwälte. Dank der KI ist die Analyse einer großen Anzahl an Gerichtsurteilen einfach möglich. Dabei werden Muster in der Rechtsprechung ermittelt. Da diese Art von Daten auf Texten basiert, die aus zahlreichen Quellen gefiltert werden, ist die Aufgabe sowohl komplex als auch zeitintensiv und somit manuell kaum möglich. Die KI jedoch erleichtert das Sammeln, das Verarbeiten und die Analyse der Rechtsprechungsdaten. Die statistische Analyse von Gerichtsurteilen ermöglicht Richtern somit einen schnellen Zugriff auf Präzedenzfälle in der jeweiligen Rechtsfrage, die den von ihnen zu entscheidenden Rechtsstreit betrifft. Der schnelle Zugriff auf frühere Urteile in ähnlichen Fällen ist vorteilhaft. Aufgrund einer genauen und detaillierten Analyse kann der Richter nun entscheiden, ob er dem Muster der vorherigen Fälle folgt oder die Rechtsprechung entsprechend dem gesellschaftlichen und rechtlichen Kontext anpasst. Die statistische Analyse von Gerichtsentscheidungen hilft bei der Entscheidungsfindung, vereinheitlicht die Gesetzesanwendung und trägt zu deren Weiterentwicklung bei. So soll den Bürgern die Kohärenz von einem Gericht zum anderen garantiert werden.

2. Die vorausschauende Justiz

Seit einigen Jahren beginnt der Begriff der vorausschauenden Justiz, sich im Bereich des Rechts und der neuen Technologien einen Weg zu bahnen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Dienste der Justiz hat die Entwicklung dieser Art von vorausschauender Justiz erst ermöglicht. Sie richtet sich an Anwälte und Juristen und im weiteren Sinne an die Bürger. Vorausschauende Justiz (auch prädiktive Justiz) ist eine auf künstlicher Intelligenz basierende Technologie, bei der die Wahrscheinlichkeit eines Gerichtsurteils berechnet wird. Tatsächlich nutzen Legal-Tech-Unternehmen die KI, um rohe Rechtsprechungsdaten in OpenData umzuwandeln, damit sie zu schnell und einfach nutzbaren Informationsquellen werden. Diese Technologien ermöglichen es, in Sekundenschnelle Risiken zu antizipieren und den wahrscheinlichsten Ausgang eines Gerichtsverfahrens auf der Grundlage einer umfangreichen Datenhistorie vorherzusagen. Die prädiktive Justiz ist also eine Entscheidungshilfe, mit der Anwälte und Juristen Zeit sparen und ihre Rechtsstrategien optimieren können. Ein Anwalt, der einen Handwerker in einer Garantieklage verteidigt, kann mithilfe von Schlüsselwörtern präzise Informationen in Bezug auf seinen Rechtsstreit finden. Er hat Zugang zu Präzedenzfällen und zur Analyse von Urteilen. KI-gestützte Anwendungen für Juristen beruhen also auf großen Mengen an Datensätzen und probabilistischen Berechnungen, um die Gewinnchancen in einem Rechtsstreit zu ermitteln, oder aber auch die Höhe eines Schadenersatzes auf Grundlage früherer Daten einzuschätzen. Die Vorteile sind umfangreich:

  • Für den Bürger: Hilfe bei der Entscheidung, ob eine Klage oder eine außergerichtliche Einigung angebracht ist, je nach Erfolgsaussichten und voraussichtlicher Höhe des Schadensersatzes.
  • Für den Anwalt: Hilfe bei der Etablierung der Verteidigungsstrategie im Hinblick auf vergangene Tendenzen in der Rechtsprechung.

3. Die Anwendung auf das CLM

Das CLM (Contract Lifecycle Management) beinhaltet Prozesse, die den Abschluss, die Kontrolle und die Verwaltung von Verträgen vereinfachen, beschleunigen und sicherer gestalten. Wenn man diese Prozesse mit der KI kombiniert, verzehnfachen sich die Leistung und die Einsatzmöglichkeiten. Bei einem Unternehmen, das eine beträchtliche Menge an Verträgen zu verwalten hat, kann eine mit KI ausgestattete CLM-Lösung aufgrund erhöhter Zuverlässigkeit und Effizienz einen Vorteil verschaffen. So verfügt das Unternehmen über eine organisierte Datenbank, um alle strategischen Vertragsaspekte in jeder Etappe des Vertrags zu überwachen. In der Praxis ist die künstliche Intelligenz im Dienste des CLM eine „trainierte“ KI, d.h. der Anbieter der Vertragsmanagementlösung hat sie so programmiert, dass sie kontinuierlich mit ihrem Nutzer lernt. So gewinnt das KI-gestützte CLM mit zunehmender Nutzung durch das Unternehmen an Leistung, da es ständig aus den komplexen Szenarien, die ihm vorgeschlagen werden, lernt. Genauer gesagt handelt es sich um eine künstliche Intelligenz, die auf Machine Learning basiert. So passt sich die Lösung an die Bedürfnisse des Unternehmens an und entwickelt sich stetig weiter. Zur Verdeutlichung des Nutzens der in das CLM integrierten KI:

  • Kenntnis der wichtigsten Rechtsprechungsänderungen zum Thema Wettbewerbsverbote: die CLM-Software erkennt Wettbewerbsverbote in der Vertragsdatenbank und identifiziert die betroffenen Verträge. So erhält das Unternehmen Zugang zu allen Klauseln, die nach der neuen Rechtsprechung zu überarbeiten sind. 
  • Die KI-CLM identifiziert die vertraglichen Fristen für die gesamte Datenbank. Vor jeder Fälligkeit wird das Unternehmen benachrichtigt, um den Vertrag rechtzeitig zu verlängern.
  • Das Unternehmen erhält eine Zahlung von einem Kunden. Sofort verifiziert die KI den Betrag, indem es die Informationen in seiner Datenbank überprüft.

Der Chief Product Officer von DiliTrust, Alexandre Grux, fasst die Vorteile zusammen: „Die papiergebundene Rechtswelt hat lange gebraucht, um ihren Berufsstand zu digitalisieren. Doch die Juristen haben in der KI Vorteile erkannt. Denn sie ermöglicht es ihnen, Zeit zu sparen und ihre Arbeit zu optimieren. Zeitraubende Aufgaben werden von der KI schneller erledigt, sodass ihnen mehr Zeit für Analysen und Entscheidungsfindung bleibt.“

Über den Autor:

Yves Garagnon,
ist CEO bei DiliTrust. Nach einem Master in BWL und einem Diplom im Bank- und Finanzwesen begann er 1987 als Vertriebsingenieur bei Concept (Management-Software). 1993 wechselte er zum Finanzspezialisten Coda. 2003 übernahm er die Leitung von DiliTrust. 2005 wurde er zu einem der Hauptaktionäre.

Besuchen Sie auch die Social-Media-Kanäle von C.H.BECK. Sie finden uns auf:

Erfahren Sie mehr zu KI in der Kunden- und Mandantenkommunikation und wie Sie diese sinnvoll einsetzen können.

Der Beitrag ist erstmals in der NJW 25/23 erschienen.