Das beA braucht eine Kanzleisoftware

von Joachim Meißner, Geschäftsführer der Advo-web GmbH in Wetter

Nun hat es also doch noch geklappt. Seit dem 03.09.2018 läuft es wieder: Das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ – kurz beA genannt. Während viele Anwältinnen und Anwälte froh sind, dass dieser wichtige Baustein zur Digitalisierung ihrer Kanzlei endlich zur Verfügung steht, kämpfen andere noch mit den Tücken der Technik.

Bis zu 40 Prozent der Kanzleien arbeiten ohne Kanzleisoftware

In den meisten Kanzleien wird das beA über den beA-Webclient im Internet-Browser genutzt. Das hat vor allem eine Ursache: Marktuntersuchungen haben ergeben, dass zwischen 30 und 40 Prozent der Rechtsanwaltskanzleien noch ohne eine Kanzleisoftware arbeiten. Unter Kanzleisoftware versteht man eine Software, die speziell auf die Bedürfnisse von Anwaltskanzleien ausgerichtet ist und Arbeitsabläufe wie Aktenverwaltung, Mandatsbearbeitung, Buchhaltung oder Forderungsmanagement effizienter gestaltet. Eines diese kleinen Helferlein für den Kanzleialltag ist die sogenannte beA-Schnittstelle. Die meisten Hersteller von Kanzleisoftware bieten mittlerweile diese Alternative zum beA-Webclient an: Der Nutzer benötigt dann keinen Internetbrowser mehr, um sein Postfach zu benutzen, sondern kann dies direkt in der vertrauten Umgebung seiner Kanzleisoftware tun.

Welche Vorteile bringt die Kanzleisoftwareschnittstelle zum beA?

Ganz allgemein hilft eine Kanzleisoftware erheblich bei der Umstellung der Kanzlei auf die digitale Arbeitsweise. Das beA zwingt die Kanzleien zur digitalen Kommunikation mit den Gerichten. Somit kommen sie auf lange Sicht nicht umhin, ihre Akten zu digitalisieren. Und das ist eine der großen Stärken von Kanzleisoftware: Sie unterstützt beim Scannen, Zuordnen, Verwalten und Suchen von fremden Dokumenten.

Für Kanzleien mit Terminalservern ist es ohne großen technischen Aufwand nicht möglich, mehrere beA-Webclientsitzungen gleichzeitig durchzuführen. Da gilt dann die Regel „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ und man landet im Postfach des zuerst Angemeldeten. Die Kanzleisoftwarehersteller haben technisch jedoch die Möglichkeit, die Integration des beA in ihre Produkte ohne diese Einschränkung vorzunehmen. Dieses wurde von einigen Herstellern bereits umgesetzt, so dass beliebig viele Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig mit ihrem Postfach arbeiten können.

Auch die lästige– doppelte– Eingabe von Pins ist bei einigen Kanzleisoftwareprodukten nicht nötig. Über Rechtevergaben, Softwarezertifikate und Makros kann das Arbeiten mit dem beA völlig transparent im Hintergrund laufen.

Einer der Hauptvorteile der beA-Kanzleisoftwareschnittstelle gegenüber dem beA-Webclient ist, dass der Anwender seine gewohnte Umgebung nicht mehr verlassen muss, um eine Nachricht an ein beA-Postfach zu senden. An fast jeder Stelle der Kanzleisoftware, an der ein Bezug zu einem Dokument besteht, genügt ein Rechtsklick zum Versand desselben. Gleiches gilt natürlich für den Empfang. Je nach Produkt ist es sogar möglich, alle elektronischen Empfangskanäle wie beA, Telefax, EPOST oder E-Mail in einer einzigen Maske zu verwalten, anstatt zwischen verschiedenen Programmen wie Outlook, dem beA-Webclient oder dem EPOST-Portal wechseln zu müssen, um alle Posteingänge sichten zu können.

Die Eingabe von strukturierten Daten, also zum Beispiel SAFE-ID des Empfängers, eigene oder fremde Aktenzeichen, entfällt, wenn die Daten sich bereits in der Kanzleisoftware befinden. Zusätzlich versucht die Kanzleisoftware, bei eingehender Post aus dem beA automatisch die passende Akte zu finden, indem die oben genannten Daten mit denen in der Datenbank abgeglichen werden.

Dies sind nur einige der Vorteile und jede Kanzleisoftware hat weitere  individuelle Highlights zu bieten. Die Branche geht daher davon aus, dass durch das beA, das zunächst nicht nur den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, sondern auch den Herstellern von Kanzleisoftwareprodukten, viel Ärgernis und Aufwand beschert hat, auf lange Sicht beide Seiten profitieren werden.

Quelle NJW 47/2018