Körper und Gesicht sagen mehr als tausend Worte - Mit Stimmbildung, Mimik und Körperhaltung trainieren

von Ute Bolz-Fischer M.A.

Körperhaltung, Blicke, Gesichtsausdrücke: Sie sind in jeder Unterhaltung, jedem Vortrag, jeder Konversation präsent. Allerdings wird diesen Faktoren, die das Gespräch nicht nur begleiten, sondern es unterschwellig bestimmen, selten Beachtung geschenkt. Gerade im Jurastudium und in der Vorbereitung auf das berufliche Leben geht es um Inhalte: Gesetzestexte, Paragraphen und Argumentationen. Mit Eintritt in den anwaltlichen Berufsalltag dürften Berufsträgerinnen und -träger allerdings spätestens feststellen: Das allein reicht nicht. Zu einem überzeugenden Auftritt gehört weit mehr als nur das, was man sagt. Wichtig ist auch, wie man es präsentiert – und zwar mit dem eigenen Körper.

Man kennt es: Jemand, der mit zusammengesunkener Haltung, kleiner Stimme und ausdrucksloser Mimik etwas vorträgt, bleibt im Zweifelsfall nicht im Gedächtnis. Im schlimmsten Fall dringt das Gesagte – so richtig und sinnvoll es auch sein mag – nicht einmal bis ins Bewusstsein der Zuhörenden vor. Die Gedanken des Publikums schweifen ab, bleiben an einem aktuellen Fall oder – schlimmer – an der Einkaufsliste für den Abend hängen. Das andere Extrem: Jemand, der mit Ausdruck und entsprechender Haltung performt, kann so viel Nonsens reden, wie er oder sie möchte: Wenigstens hört man ihm oder ihr zu.

Die Mimik ist immer dabei

Die Aufgabe, eine gute Körperhaltung einzunehmen, ist meist noch recht einfach zu bewerkstelligen. Jeder hat schon mal die Aufforderung „Bauch rein, Brust raus“ gehört. Natürlich kann man das Ganze noch etwas feiner justieren: Um eine gerade Haltung einzunehmen, hilft es, sich vorzustellen, dass der eigene Kopf an einem Faden nach oben gezogen wird (ohne allzu viel Zug aufzuwenden). Dann sorgt man dafür, dass man die Schultern nicht hochzieht und den Bauchnabel sanft in Richtung Wirbelsäule bewegt. Erinnert man sich hin und wieder an diesen Dreiklang der Haltung, bewegt man sich auf der sicheren Seite.

Komplizierter wird es bei der Mimik. Häufig wissen wir gar nicht recht, wie unser Gesicht nach außen hin wirkt. Zum Beispiel, wenn man darauf angesprochen wird, warum man so böse dreinschaue. Dabei war man gerade vielleicht einfach nur entspannt.

Eine Frage der DNA?

Eine Studie an der Haifa-Universität hat ergeben, dass die Mimik eines Menschen in großen Teilen von seiner DNA bestimmt wird. Nichtsdestotrotz kann man sie mit dem richtigen Ansatz formen und trainieren. Augen und Mund sind die beweglichsten Teile des Gesichts und müssen den Löwenanteil der Arbeit in punkto Mimik erbringen. Die Kontraktionen der entsprechenden Muskeln sorgen für unterschiedliche Gesichtsausdrücke – von Trauer bis freudige Erregung. Und Muskeln kann man trainieren, folglich auch die Mimik.

Dieses Training soll nicht darauf abzielen, Grimassenschneiden als Leistungssport zu betreiben. Es geht darum, dem Gesichtsausdruck Natürlichkeit zu verleihen und so lebendiges, empathisches Sprechen mit Wirkung auf das Gegenüber zu ermöglichen. Ein besonders positiver Nebeneffekt des Trainings der Gesichtsmuskulatur liegt in der Verbesserung der Artikulation. Sind die Muskeln in Gesicht und Nackenbereich beweglich, sind sie auch besser dazu in der Lage, eine gute und präzise Aussprache zu produzieren.

Die beste Trainingsmethode: Stimmbildung

Mimik ist ein nonverbales Kommunikationsmittel. Umso wichtiger ist es, sich selbst darüber im Klaren zu sein, was im eigenen Gesicht passiert. Bei der Stimmbildung werden die Muskeln im Gesicht trainiert, vor allem das Kiefergelenk, die Lippen-, Nasen- und Augenmuskulatur. Diese Muskeln sind nicht nur für eine klangvolle Stimme von Bedeutung, sondern auch für die Mimik. Wer diese Muskeln im Griff hat, lernt vor allem, ihrem unbewussten Einsatz entgegenzusteuern: Das heißt, die Mimik unterstützt dann keine Reflexe mehr, sondern kann besser gesteuert werden – eine wichtige Fähigkeit, um in Mandantengesprächen neutral zu wirken und Gefühlsregungen nicht direkt preiszugeben.

Zur negativen Mimik gehören und sind damit zu vermeiden: Zusammengekniffene Lippen, Stirnrunzeln, geöffneter Mund, das Verdrehen der Augen, verengte Pupillen, versteinerte Gesichtszüge, das Hochziehen einer Augenbraue oder – wahrscheinlich am schlimmsten – das Vermeiden von Blickkontakt.

Eine positive Mimik hingegen besteht aus strahlenden offenen Augen, glatter Stirn, entspannten und hochgezogenen Mundwinkeln und geweiteten Pupillen. Das Wichtigste ist, den Blickkontakt mit GesprächspartnerInnen zu halten. Das beeinflusst Zuhörende positiv und ist die ideale Voraussetzung für das Gelingen jeglichen juristischen Auftritts (Mandantengespräch, Verhandlungen, Gerichtstermine, pp.).

Anwältinnen und Anwälte tun gut daran, ihre Mimik und ihre Körperhaltung nicht dem Zufall zu überlassen und die Arbeit daran für einen Boost ihrer Karriere zu nutzen – für mehr Überzeugungskraft in jedem Gespräch oder Vortrag.

Über die Autorin:

Ute Bolz-Fischer M.A.
ist Stimmcoach, Sängerin und Musikwissenschaftlerin. Im Rahmen von Law & Voice Stimmbildung für Juristinnen und Juristen hat sie ein speziell auf die Bedürfnisse von Juristinnen und Juristen abgestimmtes Stimmtraining entwickelt. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die Stimme zu stärken und die Resilienz ihrer Coachees zu fördern.
www.law-and-voice.de

Dieser Artikel erschien erstmals als Beitrag in der Printausgabe Beck-Stellemarkt 04/23.