Ganz für sich allein zu arbeiten ist bekanntlich Fluch und Segen zugleich. Promovieren heißt, endlich frei von Karteikarten und Examensstress zu forschen – und gleichzeitig noch viel stärker als im Studium auf sich allein gestellt zu sein. Da empfiehlt es sich, jede Möglichkeit des Austausches und der wohlwollenden Begleitung wahrzunehmen. Eine besonders schöne Art der Begleitung bieten die zahlreichen Stipendienwerke, sei es durch das Zusammentreffen mit anderen Promovierenden oder durch die zahlreichen Veranstaltungen im In- und Ausland. Außerdem: Am Ende des Tages geht es bei der Dissertation um ein Langzeitprojekt, dessen Finanzierung nicht selbstverständlich durch Lehrstuhlstellen, eigene Ersparnisse oder Spenden aus dem Familienkreis gesichert ist.
Welche Anlaufstellen es gibt
Anlaufstellen für Promotionsstipendien gibt es zahlreiche, in meinem Fall die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Letztere ist politisch und konfessionell unabhängig. Zu den parteinahen Stiftungen zählen neben der Friedrich-Ebert-Stiftung etwa die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Parteinähe meint dabei nach meiner Erfahrung vor allem Übereinstimmung mit den Grundwerten der jeweiligen politischen Strömung und nicht zwingend Parteimitgliedschaft oder gar Parteiamt. Ähnlich verhält es sich wohl – in religiöser Hinsicht – mit den konfessionsnahen Förderwerken, zu denen das Cusanuswerk, das Evangelische Studienwerk Villigst, das Avicenna-Studienwerk und das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk gehören.
Daneben gibt es auch Förderwerke, die bestimmten Interessengruppen abseits von Parteien und Konfessionen nahestehen, so die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (Arbeitgeber- und Unternehmerschaft) und die Hans-Böckler-Stiftung (Gewerkschaften). Darüber hinaus kann es sich lohnen, nach Stipendienangeboten der eigenen Universität oder des jeweiligen Bundeslandes zu schauen.
Welche Anforderungen bestehen
Für wohl alle Stipendiengeber gilt: Noten sind nur ein Faktor, der über eine Förderung entscheidet. Bewerber:innen sollen sich über den eigenen akademischen Werdegang hinaus gesellschaftlich einbringen, also einen sozialen Mehrwert durch verschiedene Formen von Engagement schaffen und ein eigenes Interessenprofil entwickeln, das über gute Studienleistungen hinausgeht.
Genauso wie Parteinähe nicht Parteivorsitz meint, bedeutet soziales Engagement dabei nicht gleich UN-Generalsekretariat – zu den vielen Möglichkeiten, sich gesellschaftlich einzubringen, kann die Betreuung einer Sportmannschaft ebenso gehören wie die Mitarbeit in einer Law Clinic, der Einsatz für ein globales Anliegen wie den Umweltschutz ebenso wie die Mithilfe bei der örtlichen Tafel. Im Übrigen sollte man sich vor einer Bewerbung natürlich mit den Grundwerten der jeweiligen Stiftung und der Gewichtung sozialer Kriterien auseinandersetzen.
Was im Bewerbungsprozess zu beachten ist
Mitzubringen ist für den Bewerbungsprozess zunächst einmal Geduld, und zwar sowohl mit sich selbst als auch mit dem Verfahrensablauf der Förderwerke. Erfahrungsgemäß dauert vor allem das Schreiben des Exposés, das für alle Bewerbungen Voraussetzung ist, immer länger als geplant. Wer sich auf mehrere Stipendien bewirbt, muss höchstwahrscheinlich verschieden gestaltete Exposés, Lebensläufe und Fragebögen einreichen. Manche Förderwerke entscheiden nur ein paarmal im Jahr über Neuaufnahmen; in meinem Fall lagen die Rückmeldungen der Stipendiengeber etwa ein halbes Jahr auseinander.
Um es positiv zu sehen: Für mich war das fertige Exposé ein aufmunterndes erstes Zwischenziel auf dem Weg zur Promotion, da es dazu zwingt, das Forschungsvorhaben einmal komprimiert darzustellen und zu »pitchen«. Bei den meisten Förderwerken muss man außerdem nicht wie in der Studienförderung ganze Auswahlwochenenden meistern, sondern führt nach der schriftlichen Bewerbung ein oder zwei persönliche Gespräche zu Forschungsvorhaben und persönlichen Interessenschwerpunkten.
Warum man sich trauen sollte
Als im fünften Semester ein Professor zu mir meinte, dass die Veranstaltungen seines Stipendienwerkes für ihn fachlich und persönlich wichtiger gewesen seien als das Studium selbst, hielt ich das für übertrieben. Rückblickend kann ich aber jedenfalls sagen, dass die Studien- und Promotionsförderung – gerade mit Blick auf Angebote wie Sprachkurse und Sommerakademien – zu den schönsten Aspekten meiner Ausbildung gehörten.
In der Endphase der Promotion hat mir das Stipendium zudem ermöglicht, mich voll und ganz auf meine eigene Arbeit zu konzentrieren. Leider trauen sich häufig gerade diejenigen Studierenden und Promovierenden eine Bewerbung nicht zu, die Stipendienwerke besonders im Blick haben, wie etwa Erstakademiker:innen. Ich würde mir sehr wünschen, dass sich das ändert, zumal hier wie so oft der floskelhafte Satz zutrifft, dass man mit einer Bewerbung nur gewinnen kann.
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Über den Autor:
Dr. Lisa Dudeck - Rechtsreferendarin am Kammergericht Berlin
Während ihrer Promotion in Münster wurde sie von der Studienstiftung des Deutschen Volkes und von der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert.