Meine Zeit als Richterassistent

Eine Nahaufnahme einer bronzenen Waage
von Phillip Krause

Als niedersächsische Referendarin oder niedersächsischer Referendar kommt man an einem Thema kaum vorbei, von dem die meisten anderen, abgesehen von NRW und Sachsen, wo es das Modell auch gibt, wohl noch nie etwas gehört haben: der Justizassistenz. Schon am ersten Tag und bei verschiedenen anderen Gelegenheiten bekamen wir die unbedingte Empfehlung, sich damit einmal auseinanderzusetzen. Die niedersächsische Justiz hat augenscheinlich großes Interesse daran, ihren Referendarinnen und Referendaren diese Nebentätigkeit schmackhaft zu machen. Bei mir hat es funktioniert. Nach nunmehr sieben Monaten soll dieser Bericht meine Erfahrungen zusammenfassen und so künftigen Referendarinnen und Referendaren bei der Frage helfen, ob sie auch ihnen schmecken könnte.

Was denn nun: Justizassistenz oder Richterassistenz?

Die Justizassistenz kommt in verschiedenen Geschmacksrichtungen: Man kann sich als Staatsanwaltsassistent/-in oder als Richterassistent/-in bewerben, wobei ein Einsatz in jeder Gerichtsbarkeit in Frage kommt. Auch an den außerordentlichen Gerichten stehen die Chancen gut, ich kenne sowohl Finanz- als auch Sozialrichterassistent/-innen. In meinem Jahrgang ist jedenfalls jeder, der sich beworben hat, auch genommen worden und zu seinem Wunschgericht gekommen.

Allerdings muss man bestimmte Voraussetzungen erfüllen: mindestens acht Punkte im ersten Staatsexamen und jeweils ein »vollbefriedigend« in den Zeugnissen der 1. Station. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, hat sehr gute Chancen, die Stelle zu bekommen. So empfand ich das Vorstellungsgespräch auch nicht als Prüfungssituation. Vielmehr war es ein nettes Kennlerngespräch, in dem vor allem abgesprochen wurde, wo die Reise hingehen soll. ­Dabei hat man große Einflussmöglichkeiten auf die genaue Verwendung.

Mir wurde eine Stelle am Oberlandesgericht in einem bestimmten Senat vorgeschlagen, die ich spannend fand und sofort angenommen habe. Andere fanden hingegen die Arbeit am Amtsgericht reizvoller, und auch das ging problemlos. Auch die Dauer der Nebentätigkeit kann flexibel mitbestimmt werden: möglich sind beginnend vom 9. Ausbildungsmonat an sechs bis zwölf Monate (der letzte Monat fiele dann in die Klausurenphase). Wer wie ich mit großem Abstand zum Examen großspurig einen Vertrag für zwölf Monate schließt und später merkt, dass er in den letzten Monaten doch mehr Lernzeit benötigt, trifft auf Verständnis und kann den Vertrag nachträglich noch verkürzen.

Wenn man dann genommen wurde, erwarten einen eine Wochenarbeitszeit von sechs Stunden, die man fast beliebig verteilen kann (Ausnahme: Sitzungsdienst als Staatsanwaltsassistent/-in) und eine Vergütung nach E 13 TV-L, was netto auf ca. 400 Euro im Monat rausläuft. Dazu kommen dann noch einige TV–L Goodies wie Weihnachtsgeld oder die Inflationsausgleichsprämie.

Der Arbeitsalltag

Als Justizassistentin oder Justizassistent bekommt man eine Mentorin oder einen Mentor zugeteilt, die oder der einen regelmäßig mit ganz unterschiedlichen Aufgaben versorgt. Da ich in einem speziellen Senat angefangen habe, der sich mit dem Großteil seiner Arbeitskraft einem langwierigen Großverfahren widmet, kamen zunächst viele vorbereitende Rechtsgutachten zu abstrakten Fragen auf mich zu. Später habe ich dann vor allem Voten und Entscheidungsvorschläge zu den typischerweise am Oberlandesgericht anfallenden sonstigen Verfahren wie Berufungen und Beschwerden geschrieben. Meine Kolleginnen und Kollegen an anderen Gerichten und der Staatsanwaltschaft schrieben ebenfalls überwiegend Urteile oder Anklagen. Insofern unterscheidet sich die Arbeit gar nicht so sehr von den jeweiligen Stationen.

Was aber tatsächlich ganz anders ist, ist das Drumherum. Als Richterassistent ist man nicht nur eine Art Praktikant, der einmal die Woche zum Aktentauschen kommt. Vielmehr fühlt man sich als Erwachsener behandelt und ist von Anfang an Teil des Teams. So habe ich zum Beispiel direkt ein eigenes Büro auf dem Flur meines Senats bekommen. Dadurch kann ich mich immer fachlich und persönlich austauschen mit den Senatsmitgliedern, die meine Ausarbeitungen zudem wertschätzen, aber nicht bewerten (es gibt keine Noten). Das ermöglicht eine offenere Kommunikation und befreiteres Ausprobieren der verschiedenen Aufgaben. Außerdem war ich bei vielen Kaffeepausen und allen Einweihungs-, Hof-, Weihnachts- und Neujahresfesten dabei (hier wird erstaunlich viel gefeiert) und habe so die Chance gehabt, viele verschiedene Richterinnen und Richter und möglicherweise künftige Kolleginnen und Kollegen kennen zu lernen.

Fazit: Und, schmeckt's?

Die Justizassistenz ist eine tolle Möglichkeit für Interessierte, einen tieferen Einblick in den Justizalltag zu bekommen und sich so ein fundierteres Bild für die künftige Berufswahl zu machen. Dabei ist das Zeitmanagement wie in jedem Nebenjob gerade mit näher rückendem Examen herausfordernd, durch die flexible Zeiteinteilung aber gut händelbar. Mir hat die Stelle bisher viel Spaß gemacht und mich in meinem Berufswunsch bestärkt.

 

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Über den Autor

Phillip Krause - Referendar im Oberlandesgerichtsbezirk Braunschweig
Er studierte Rechtswissenschaften in Göttingen und Kiel. Im Nebenjob ist er seit August 2023 als Richterassistent am Oberlandesgericht Braunschweig im 3. Zivilsenat tätig.