Netzwerken Frauen anders als Männer?

von Dr. Anja Schäfer

Männer netzwerken im beruflichen Kontext seit Jahrhunderten. Denn die eigene Karriere wird selten im Büro, sondern vielmehr im informellen Rahmen entschieden. Ob auf Kanzlei- oder Fachveranstaltungen, beim Austausch mit Mandantinnen und Mandanten oder Feierabendbier mit Kollegen: ein gutes Netzwerk ist für jeden Mann das A und O der Karriereplanung, denn dort werden nicht nur interessante Mandate verteilt oder der nächste Karriereschritt in Aussicht gestellt, sondern Informationen geteilt, die Unbeteiligte nicht oder erst spät erfahren.

Frauen netzwerken schlechter als Männer

Auch Frauen schließen sich seit Jahrhunderten zusammen und tauschen sich aus, lange Zeit ausschließlich im privaten Umfeld. Bei der Betrachtung von Netzwerken zeigt sich auch heute, dass Frauen eher mit Frauen, Männer eher mit Männern netzwerken. Dies führt dazu, dass Frauen nicht nur anders, sondern häufig auch schlechter als Männer netzwerken. Der sog. Homophilie-Effekt führt in der auch heute noch sehr männlich geprägten Anwaltschaft1 dazu, dass Anwältinnen mehr gleichrangige (Kolleginnen), Männer eher höherrangige (Partner – meist ebenfalls Männer) im Netzwerk haben.

Männer haben darüber hinaus durchschnittlich größere, berufliche Netzwerke und mobilisieren diese auch besser für ihre Karriere. Deshalb zeigt es sich, dass es für den eigenen beruflichen Erfolg noch immer besser ist, mehr Männer als Frauen im Netzwerk zu haben. Denn auch heute sind weitgehend Männer in besseren Positionen und eröffnen Karrieremöglichkeiten.

Als Networking-Mentorin erlebe ich immer wieder, dass das Potential von strategischem, aktiven Networking unterschätzt wird. Viele Juristinnen haben (noch) nicht im Blick, dass sie sich - neben Expertinnen-Branding und Selbstmarketing - auf den Auf- und Ausbau ihres Netzwerkes fokussieren und regelmäßig Zeit für neue und vorhandene Kontakte nehmen müssen. Besonders dann, wenn sie beruflich gut einsteigen und im weiteren Verlauf ihres Berufslebens voran bzw. ganz nach oben kommen wollen.

Grund dafür ist, dass Frauen häufig den Stellenwert eines gut funktionierenden, beruflichen Netzwerks, und was dieses für ihr Image als Anwältin und für Karriere oder Business tun kann, unterschätzen und sich – u. a. am Anfang – auf das Perfektionieren ihrer Leistung konzentrieren.

Für Frauen ist es zudem herausfordernder, in geschlechtsgemischten Netzwerken Fuß zu fassen oder diese zu instrumentalisieren wie auch aufgrund ihrer Mehrfachbelastung sich im vollgepackten (Arbeits-)Alltag regelmäßig Zeit fürs Networking zu nehmen.

Frauen netzwerken anders als Männer

Die eigene Erfahrung in Frauennetzwerken zeigt, dass Frauen offener agieren und eher bereit sind, Wissen zu teilen. Folglich verbinden sich immer mehr Juristinnen bspw. über den Deutschen Juristinnenbund (djb e. V.). Der regelmäßige Austausch übers eigene Arbeitsumfeld hinaus ist wichtig, wenn in der Kanzlei weibliche Vorbilder für Partnerinnen fehlen.

Gleichzeitig sollte Juristinnen klar sein, dass sie sich keinen Gefallen tun, nur unter Gleichgesinnten auf einen wichtigen Bereich der eigenen Weiterentwicklung zu verzichten: die Vernetzung mit Männern, von denen sich im Tun so einiges abgucken lässt. Netzwerken als tägliche Arbeit zu verinnerlichen und zu tun, ist für Frauen oft ungewohnt. Jedoch heißt es nicht umsonst „Networking“.

Es gilt, keine Scheu zu haben und bspw. den Besuch von typischen, beruflichen Netzwerk- Veranstaltungen ganz selbstverständlich als Arbeitszeit zu sehen und verbuchen. Mit Erfolg zu netzwerken bedeutet auch, das gemeinsame Golfen usw. – wie ein Mann – als Gelegenheit zur Vertiefung der (Mandats-) Beziehung zu nutzen.

Schließlich verbindet nichts so sehr wie gemeinsame Aktivitäten und das gleiche Selbstverständnis beim Networking. Frauen unterschätzen auch, dass es fürs „Sehen und gesehen werden“ nicht ausreicht, bei (Kanzlei-)Veranstaltungen in letzter Sekunde zu erscheinen und sich gleich nach dem offiziellen Teil zu verabschieden.

Vielmehr sollte sich Frau häufiger das herausnehmen, wo Männer ganz selbstverständlich dabei sind: bei dem fürs Networking so wichtigen inoffiziellen Teil. Unterschiede finden sich auch in der Selbstdarstellung. Für Frauen ist es herausfordernder, den „Raum“ einzunehmen, sich darzustellen und aktiv in den Redefluss einzubringen.

Männer haben keine Skrupel bei der Selbstvermarktung durch einen „Mannolog“, Frauen ein schlechtes Gewissen, wollen nicht übertreiben und ungern unterbrechen. Ein (Small) Talk beim Networking ist jedoch ein Dialog, so dass Frau immer wieder aktiv einhaken und sich positionieren muss. Dies wird sich am Anfang für Sie etwas ungewohnt anfühlen, jedoch als das strategisch richtige Vorgehen erweisen.

 

Über die Autorin:

Dr. Anja Schäfer
Anwältin, Mentorin, Expertin für
Female Leadership
Die Autorin dankt Grit Hömke für den, dem Beitrag zugrunde liegenden Austausch.
www.frauennetzwerkentag.de

 

1Genaue Daten hierzu bei Kilian/Dreske (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft 2019/2020, S. 41; Killian, AnwBl 2020, S. 98.