Anwalt in einer Kanzlei für Medizin- und Strafrecht

von Christian Kanth

Ich arbeite in der Kanzlei Professor Herrmann & Kollegen in Augsburg. Dabei handelt es sich um eine kleinere, mittelständische Kanzlei. Die Schwerpunkte der Kanzlei liegen vor allem im Bereich des Medizinrechts und des Strafrechts. Und so natürlich auch in den Schnittpunkten beider Gebiete.

Eine Besonderheit in der Kanzlei Professor Herrmann & Kollegen ist, dass wir ausschließlich die »Behandlerseite« vertreten. Das bedeutet, dass die Kanzlei nur Leistungserbringer im Gesundheitswesen (Kliniken, Ärzte, Physiotherapeuten, Hebammen, Notfallsanitäter usw.) in den Schwerpunktbereichen vertritt. Patienten, die bei uns anrufen, vermitteln wir konsequent an kompetente Kollegen.

Berufsbegleitend stelle ich derzeit meine Promotion ebenfalls im Bereich des Medizinrechts fertig. Gerade im Bereich des Medizinstrafrechts arbeiten wir immer wieder an faszinierenden und spannenden Mandaten. Dabei beschränkt sich die anwaltliche Tätigkeit aber bei weitem nicht nur auf den Kernbereich der Strafverteidigung.

Viele unserer Mandanten beauftragen uns schon präventiv im beratenden Bereich und in Compliance-Fragen. Die Vermeidung strafrechtlicher Risiken ist genauso wichtig wie die Vertretung, wenn im Krankenhaus einmal etwas schief läuft. Im Zentrum unserer medizinstrafrechtlichen Tätigkeit steht natürlich die klassische Strafverteidigung. Dabei geht es zum Großteil um Körperverletzungsdelikte.

Aber auch bei Vermögensdelikten wird oft (z.B. aufgrund von Abrechnungsbetrug) eine Verteidigung erforderlich. Bei ärztlichen Kooperationsverträgen ist ebenfalls Vorsicht geboten. Hier gibt es unter dem Kapitel »Korruption im Gesundheitswesen« eigene Straftatbestände (§§ 299a/b StGB), die nur von Angehörigen eines Heilberufs begangen werden können. Neben dem strafrechtlichen Aspekt steht hier die saubere Prüfung der zugrunde liegenden zivilrechtlichen Konstruktion im Zentrum der Mandatsarbeit.

Blick über den Tellerrand

Die umfassende Betreuung des Mandanten ist indes genauso wichtig wie die juristische Komponente. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass der Mandant als Subjekt eines Strafverfahrens eine persönliche Ausnahmesituation durchlebt. Im Medizinstrafrecht drohen meist nicht zu unterschätzende Strafen. Oft werden Strafverfahren von Verfahren über den Widerruf der Approbation flankiert. Ärzte und medizinisches Personal vertrauen ihrem Anwalt deshalb neben ihrer Freiheit auch den Fortbestand ihrer beruflichen Karriere an. Wegen dieses Vertrauensvorschusses muss ich als Anwalt gewährleisten, dass ich die medizinischen Zusammenhänge verstehe und daraus die korrekten juristischen Schlüsse ziehe.

Oft unterliegen Ermittlungsbehörden und Gerichte (verständlicherweise) Missverständnissen in medizinischen Fragen. Diese Missverständnisse können verheerende Konsequenzen haben. Deshalb muss man zwingend darauf achten, dass der Sachverhalt nicht von einem Beteiligten falsch interpretiert wird.

Meiner Erfahrung nach ist es gerade in diesem Bereich sehr hilfreich, wenn ein gewisses Grundverständnis und Interesse im bzw. am medizinischen Bereich besteht. Oft ist auch das Medieninteresse an Medizinstrafsachen nicht zu unterschätzen. Diese Vielfalt mag ich an meinem Beruf.

Nach dem Abitur und dem (damals noch verpflichtenden) Zivildienst habe ich damit begonnen, Aus- und Fortbildungen im Rettungsdienstbereich zu absolvieren. Auch jetzt noch finde ich die Medizin neben der Juristerei hochinteressant. Ich finde es wichtig, über seinen Tellerrand hinauszublicken. Deshalb bemühe ich mich, jeden Monat aktiv im Rettungsdienst ein wenig mitzuarbeiten und ab und zu an medizinischen Fortbildungen teilzunehmen.

Auf diese Weise versuche ich Synergieeffekte zu schaffen und mir zumindest ein rudimentäres Verständnis für medizinische Zusammenhänge anzueignen. Unsere Mandanten sollen sich von uns verstanden fühlen. Nebenbei entsteht oft auch ein guter Kontakt zu Ärzten, so dass ich, wenn nötig, medizinische Aussagen (z.B. von Sachverständigen) leichter verifizieren kann.

Querschnitt verschiedener Rechtsgebiete

Im juristischen Bereich finde ich es wichtig, zügig die Fachanwaltsausbildung im Medizinrecht zu absolvieren. Erfahrungsgemäß werden die dort gelehrten Inhalte meistens im universitären Studium nicht oder nur wenig behandelt.

Dabei muss man sich bewusst sein, dass das Medizinrecht keine Spezialmaterie im klassischen Sinn darstellt. Es ist eher ein Querschnitt verschiedener Rechtsgebiete mit Besonderheiten aufgrund des medizinischen Bezugs. Das macht es abwechslungsreich. Bei manchen Mandaten kann es deshalb hilfreich sein, fachübergreifend einen Kollegen hinzuzuziehen (z.B. einen Wettbewerbsrechtler im Heilmittelwerberecht).

An meinem Beruf gefällt mir besonders, dass er abwechslungsreich ist. Von Anfang an habe ich aktiv mitarbeiten dürfen. Im Tagesgeschäft nimmt die Kommunikation mit den Mandanten viel Zeit in Anspruch. Das ist auf der einen Seite oft eine Herausforderung. Auf der anderen Seite macht genau das meinen Beruf so spannend. Meist sind Verfahren im Medizinstrafrecht aufwendig, so dass neben umfangreichen Vorbereitungen oft mehrere Hauptverhandlungstage anfallen. Wenn es erforderlich ist, verteidigen wir manche Mandate kanzleiintern im Team. Das ist dann »learning-on-the-job«. Das macht Spaß und man lernt viel dazu.

Selbstbestimmt arbeiten, unternehmerisch denken

Bei der Arbeit in einer kleinen, spezialisierten Kanzlei muss man sich bewusst sein, dass man von Tag eins an Verantwortung übernehmen muss. Die Mandanten erwarten einen kompetenten Ansprechpartner. Das führt phasenweise dazu, dass die Arbeitsbelastung hoch ist.

Ebenfalls wichtig am Anwaltsberuf ist die Akquise von neuen Mandaten. Denn man ist in einer kleinen Kanzlei maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg mit verantwortlich. Ich persönlich mag das. Man bekommt viel zurück. Wenn man gerne selbstbestimmt arbeitet und ein wenig unternehmerisch denken kann, wird man die Entscheidung für den Anwaltsberuf nicht bereuen!

 

Über den Autor:

Christian Kanth
Rechtsanwalt in der Kanzlei
Prof. Herrmann & Kollegen
Fachanwalt für Medizinrecht
Doktorand an der Universität Augsburg