Der Fachanwalt für Medizinrecht

von Malte Drews

Neben dem Aufsuchen eines Arztes ist auch das Kontaktieren eines Rechtsanwaltes oft etwas, dass man nicht unbedingt mit Freuden macht.
Dies liegt jedoch nicht etwa daran, dass man dem einen oder dem anderen kein Vertrauen entgegenbringt oder es sich um unangenehme Zeitgenossen handelt. Ursache ist vielmehr, dass man sowohl in dem einen wie auch dem anderen Fall in der Regel ein Problem hat. Entweder ein gesundheitliches oder ein rechtliches.

Schlimmer ist es jedoch, wenn nach dem Besuch beim Arzt auch noch ein solcher bei einem Anwalt ansteht, etwa dann, wenn der Arzt einen Fehler gemacht hat. Sollte es so weit kommen, ist sicherlich der Fachanwalt für Medizinrecht – um den es im Folgenden geht – erste Anlaufstation.

Über den Fachanwalt für Medizinrecht

Der Fachanwalt für Medizinrecht ist ein noch recht junger Fachanwaltstitel, der erst 2005 in die Fachanwaltsordnung (FAO) aufgenommen wurde. Gemessen daran gibt es jedoch mit 1661 Fachanwälten (Stand: 2016) bereits jetzt verhältnismäßig viele Anwälte, die sich dieses Gebietes annehmen. Bereits dies zeigt, dass es einen hohen Bedarf an der Spezialisierung gibt.

Aufgaben und Kenntnisse des Fachanwalts für Medizinrecht

Die Norm des § 14b FAO bestimmt die Kenntnisse, die der angehende Fachanwalt für Medizinrecht nachzuweisen hat. An erster Stelle steht hier das Recht der medizinischen Behandlung und dabei sind insbesondere Kenntnisse auf dem Gebiet der zivil- und auch der strafrechtlichen Haftung nachzuweisen. Weitere Schwerpunkte des Fachanwalts für Medizinrecht bilden unter anderem das private und gesetzliche  Krankenversicherungsrecht sowie das Vertragsarztrecht und das ärztliche Berufsrecht.

Der Fachanwalt für Medizinrecht aus Sicht des Patienten

Für den Patienten dürften mit Sicherheit Fragen der zivilrechtlichen Haftung des Arztes am relevantesten sein. Grundlage einer Arzthaftung ist regelmäßig der seit 2013 kodifizierte Behandlungsvertrag gemäß §§ 630a ff. BGB oder eine deliktische Haftung gemäß §§ 823 ff. BGB. Ob eine Haftung in Frage kommt, hängt dabei vor allem davon ab, ob dem Arzt ein Fehler vorzuwerfen ist.

Gegenüber dem Arzt könnten dabei insbesondere zwei Arten von Fehlern in Betracht gezogen werden, zum einen der „klassische“ Behandlungsfehler und zum anderen auf Aufklärungsfehler, die daraus herrühren, dass der Arzt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten nicht hinreichend beachtet und ihn nicht ausreichend über die bevorstehende Behandlung aufgeklärt hat.

Wenn ein derartiger Fehler vorliegt, dann kann der Patient regelmäßig Schadensersatz sowie gegebenenfalls auch Schmerzensgeld verlangen. Bei der Durchsetzung dieser Ansprüche kann der Fachanwalt den Patienten durch seine Expertise und Erfahrung unterstützen.

Der Fachanwalt für Medizinrecht aus Sicht des Arztes oder des Krankenhauses

Die soeben angesprochenen möglichen Haftungsfälle betreffen den behandelnden Arzt oder das haftende Krankenhaus gleichsam spiegelbildlich wie den Patienten.

In diesen Fällen kann der Fachanwalt auf der einen Seite, etwa durch vorherige Aufklärungsmaßnahmen, dazu beitragen, dass gewisse Fehler von Anfang an vermieden werden können, auf der anderen Seite – im worst case – wird er darzulegen haben, dass der Arzt mögliche Schäden nicht zu vertreten hat. Darüber hinaus gilt es auf Seiten des Arztes noch eine weitere Komponente zu berücksichtigen, und zwar die strafrechtliche.

Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten und damit an einer wirksamen Einwilligung, kann dies zu einer Strafbarkeit des Arztes wegen Körperverletzung führen.

Der Fachanwalt für Medizinrecht unterstützt jedoch nicht allein in den bisher genannten Fällen, sondern er kann grundsätzlich auch in organisatorischen Angelegenheiten beratend tätig werden. So insbesondere bei Praxisgründungen, wenn fraglich ist, welche Gesellschaftsform gewählt werden sollte und kann, aber auch hinsichtlich erforderlicher Pflichtversicherungen für Ärzte.

Das Medizinrecht als interdisziplinäre Herausforderung

Neben zivilrechtlichen Fragestellungen, die vor allem verschiedene Haftungsfragen betreffen und strafrechtlichen Risiken, denen sich die Ärzte bei ihren Behandlungen aussetzen können, betrifft ein großer Teil des Medizinrechts auch öffentlich-rechtliche Fragestellungen bezüglich der Krankenkassen, da diese als öffentlich-rechtliche Körperschaften auch dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind.

Besonders bei Themen rund um das (kassenärztliche) Leistungsangebot kommt der Facharzt für Medizinrecht mit dem Sozialrecht in Kontakt. Denn hier wird geregelt, welche Leistungen und Behandlungen durch die Krankenversicherung übernommen werden und welche nicht.

Fazit

Es zeigt sich also, dass der Fachanwalt für Medizinrecht, obwohl es ihn noch nicht so lange gibt, auf vielen Gebieten benötigt wird und dabei mit diversen Problemen konfrontiert werden kann, die den Beruf sehr abwechslungsreich machen.

Für denjenigen, der sich für die fachliche Spezialisierung interessiert, dürfte es jedoch in jedem Falle vorteilhaft sein, eine grundsätzliche Affinität nicht bloß zum Recht, sondern auch zu medizinischen Fragestellungen zu haben.

Foto oben: Photographee.eu/stock.adobe.com

Über den Autor:

Malte Drews
Diplom-Jurist und Promotionsstudent an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und
wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer
mittelständischen Kanzlei

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Quelle BECK Stellenmarkt 20/2018