Juristin beim Landesamt für Finanzen

von Dr. Theresa Escherich

Landesamt für Finanzen? Das kennen viele Juristinnen und Juristen in Bayern aus dem Referendariat. Es handelt sich um die Behörde, von der man am Monatsende das Gehalt erhält.

Weniger bekannt ist den meisten, dass das Landesamt für Finanzen (LfF) auch die Prozessvertretungsbehörde des Freistaats Bayern ist. Wenn der Freistaat Bayern verklagt wird oder klagt, übernehmen die Rechtsabteilungen des LfF. Sie führen die Verfahren des Freistaats Bayern vor den Zivilgerichten, Arbeitsgerichten, Sozialgerichten, Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten, sowie vor Schiedsgerichten oder dem Bundespatentgericht. Das Betätigungsfeld der Justiziarinnen und Justiziare reicht dabei von arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Streitigkeiten über Bauprozesse, die Geltendmachung vertraglicher Zahlungsansprüche vor den ordentlichen Gerichten bis hin zu  versorgungsrechtlichen Fragestellungen vor den Verwaltungsgerichten.

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Landratsamt Freudenstadt
Freudenstadt
Öffentliches Recht | Verwaltungsrecht

Über diesen Aufgabenbereich bin ich zum LfF gekommen. Ich war nach meiner Promotion als Rechtsanwältin in einer Wirtschaftskanzlei tätig und fand den Beruf der Anwältin vielseitig und spannend.

Als Juristin in der Rechtsabteilung des LfF bin ich formal keine Rechtsanwältin mehr. Ich bin Regierungsrätin und damit Beamtin  – zugleich allerdings »Staats-Anwältin« im Familienrecht. In meiner täglichen Arbeit mache ich Kindesunterhalt für den Freistaat Bayern geltend.

Tätigkeit als Anwältin

Kindesunterhalt? Richtig gelesen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich beschäftigen uns mit dem Anspruch minderjähriger Kinder auf Barunterhalt. In der Rechtsabteilung leite ich ein Referat, das sich mit Unterhaltsvorschussleistungen beschäftigt. Unterhaltsvorschuss zahlt der Staat an minderjährige Kinder, wenn der eigentlich barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Zahlungspflicht nicht oder nicht regelmäßig nachkommt. Die Zahlung durch den Staat soll den Lebensunterhalt des Kindes in diesen Fällen sicherstellen. Sobald die Leistung ausgezahlt ist, geht der Unterhaltsanspruch des Kindes kraft Gesetzes auf den Staat über. Das regelt das Unterhaltsvorschussgesetz.

Und an dieser Stelle kommen mein Team und ich ins Spiel. Wir kümmern uns um die Verfolgung dieser Ansprüche, außergerichtlich und gerichtlich. Dabei arbeiten wir eng mit den Jugendämtern zusammen, die sich um die Bewilligung der Unterhaltsvorschussleistungen kümmern.

Ein Teil meines Arbeitsalltags gleicht daher dem einer Rechtsanwältin. Ich bin im Austausch mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Gerichten, Unterhaltsverpflichteten und den Jugendämtern, schreibe Schriftsätze und verhandele Vergleiche. Zudem führe ich die streitigen Verfahren vor den Familiengerichten. Dort besteht kein Anwaltszwang, sodass ich als Beamtin die Prozessführung komplett eigenverantwortlich wahrnehmen kann. Dazu bin ich in ganz Bayern an den Amtsgerichten unterwegs. Auch die Beschwerdeverfahren am OLG führe ich selbst. Der Arbeitsalltag ist durch den Wechsel zwischen Bürotätigkeit und Reisetätigkeit vielseitig und es macht großen Spaß, das juristische Handwerkszeug tatsächlich anzuwenden.

Unterhaltsvorschuss ist klassisches Familienrecht. Der Staat macht einen übergegangenen Anspruch auf Kindesunterhalt geltend. Daher beschäftigen mich die gleichen Fragen, die eine Anwältin im Familienrecht beschäftigen.

Führungsverantwortung

Darüber hinaus bin ich als Juristin in der Rechtsabteilung des LfF Referatsleitung und damit Führungskraft. Als Referatsleitung bin ich Ansprechpartnerin für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in juristischen Fragen. Zudem bin ich zuständig für die Personalangelegenheiten in meinem Team. Hier beschäftigen mich »klassische« Führungsaufgaben. Ich kümmere mich um die kurzfristigen und langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten meiner Teammitglieder. Dazu gehört, Beförderungschancen abzuschätzen, aufzuzeigen und zu unterstützen. Die Personalgespräche sind meine Verantwortung, genau wie die Ausgestaltung der Teamarbeit und die Zufriedenheit im Team.

Ebenso bin ich die »Kommunikationsschnittstelle« zur Abteilungsleitung und Dienststellenleitung. Meine Aufgabe ist es, die Anliegen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach oben zu tragen und umgekehrt die relevanten Informationen weiterzugeben. Ich empfinde den Mix aus fachlicher Tätigkeit und Führungsverantwortung als sehr bereichernd.

Weiterbildung und Work-Life-Balance

Neben der inhaltlichen Tätigkeit gibt es ein breites Fortbildungsprogramm für die juristischen Nachwuchsführungskräfte in allen möglichen Bereichen, von Persönlichkeitsentwicklung über Personalmanagement bis hin zu Finanzthemen. Es handelt sich um mehrtägige Workshops, bei denen es genügend Zeit gibt, sich untereinander zu vernetzen. Auch im öffentlichen Dienst ist ein gutes Netzwerk wichtig – das verkennen viele.

Mir persönlich sind flexible Arbeitszeiten wichtig. Das schätze ich sehr an meiner neuen Tätigkeit. Das ganze Team arbeitet in Gleitzeit. Außerhalb von Meetings und Gerichtsterminen kann ich mir die Arbeit daher so einteilen, wie es für mich am besten in meinen Alltag passt. Das empfinde ich als unglaublich wertvoll. Mit den weitreichenden Home-Office-Möglichkeiten lassen sich Familie und Beruf zudem gut vereinbaren.

Ich bin froh, den Schritt in ein neues Umfeld gewagt zu haben und kann nur sagen: Keine Angst vor (beruflichen) Veränderungen!

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Über die Autorin:

Dr. Theresa Escherich
ist Regierungsrätin in der Rechtsabteilung am Landesamt für Finanzen in München. Sie war zuvor Rechtsanwältin im Arbeitsrecht in einer großen deutschen Wirtschaftskanzlei. Ihr Studium und Referendariat absolvierte sie in München mit Auslandsaufenthalten in Breslau und Buenos Aires.

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