Was Juristen wollen – Studienergebnisse zur Arbeitgeberattraktivität

Studie zur Arbeitgeberattraktivität
von Dr. Thomas Bittner

Neue Herausforderungen bei der juristischen Mitarbeitergewinnung

Die Suche nach neuen juristischen Mitarbeitern ist anstrengend geworden. Während die Personalabteilung früher die (schriftlichen) Bewerbungen stapelweise verarbeitet hat, muss heutzutage nach den guten Leuten gezielt gesucht werden – Stichwort: Active Sourcing. Und die Bewerber erwarten auch noch eine zügige Bearbeitung ihrer (elektronischen) Unterlagen. Wie schön wäre es doch, wenn es eine selbstselektive Auswahl an juristischen Bewerbern gäbe, die fachlich genau auf die freien Stellen und zu den Angeboten der Arbeitgeber passt und sich genau dort bewirbt. Das ist aber eher unwahrscheinlich, was auch mit mangelhafter Selbsteinschätzung, Chancenmaximierung, Bequemlichkeit bei One-Click-Bewerbungen einerseits und Fachkräfte-/Expertenmangel andererseits zu tun hat.

Erwartungen von Juristen an den idealen Arbeitgeber

Also geht man den umgekehrten Weg und macht sich für die Kandidaten hübsch. Damit Arbeitgeber wissen, was die Kandidaten wollen, gibt es eine Reihe von Studien. Wir haben letztes Jahr 4.748 Personen unterschiedlichen Alters und Studienfachrichtung gefragt, was sie von den Arbeitgebern erwarten. Im Folgenden unterscheiden wir bei den Juristen zwischen Studenten der Rechtswissenschaften, Berufsneulingen mit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung und senioren Juristen mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung. Diese Unterscheidung ist nützlich, weil es Unterschiede zwischen diesen Gruppen gibt und es auch hilft, zwischen der Arbeitgeberattraktivität für Stellenkandidaten und Faktoren der Mitarbeiterbindung zu differenzieren.

Wunscharbeitgeber für Juristen – Spitzenreiter Öffentlicher Dienst

Noch attraktiver als die klassischen Gewinner auf Arbeitgeberseite auf dem allgemeinen Bewerbermarkt (unterschiedlicher Fachrichtungen und Ausbildungen) – d.h. die Automobilkonzerne – sind für die (angehenden) Juristen öffentliche Arbeitgeber: Das Bundeskriminalamt (30 Prozent), die Bundespolizei (25 Prozent), das Auswärtige Amt (20 Prozent) oder der Verfassungsschutz (19 Prozent) ziehen relativ die meisten Interessenten an, wenn es um die engere Wahl für einen künftigen Arbeitgeber geht. Da können auch die bekannten Großkanzleien nicht mithalten.

Kriterien bei der Arbeitgeberwahl – Arbeitsplatzsicherheit vor Gehalt

Aber welche Merkmale eines (künftigen) Arbeitgebers sind für die Studenten der Rechtswissenschaften und für die berufstätigen Juristen besonders wichtig? Unsere Befragten konnten die wahrgenommene Relevanz auf einer 5er-Skala von ‚ausgesprochen wichtig‘ bis ‚überhaupt nicht wichtig‘ angeben. Auch hier zeigt sich ein Unterschied zum allgemeinen Bewerbermarkt. Während dort das Materielle im Vordergrund steht, rangiert es bei den Juristen auf dem zweiten Platz, knapp hinter der Arbeitsplatzsicherheit und vor der Work-Life-Balance.

Unterschiedliche Prioritäten je nach Berufserfahrung 

Interessant sind auch bestimmte Details, in denen sich die Jurastudenten und Berufsanfänger von den erfahrenen Juristen (mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung) unterscheiden. So gewinnt die Unternehmens- und Führungskultur bei den Berufserfahfrenen stark an Bedeutung (Top-Box-Wert1 von 74 Prozent vs. 55 Prozent bei den Berufsneulingen). Daneben werden die Arbeitsinhalte und -aufgaben mit zunehmender Berufserfahrung wichtiger (74 Prozent vs. 67 Prozent bei den Berufsanfängern). Und auch die Möglichkeit zur mobilen Arbeit/Homeoffice wird von den Berufserfahrenen als wichtiger eingeschätzt (70 Prozent vs. 60 Prozent). Der Wunsch nach einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit ist bei den Juristen etwas ausgeprägter. Dies erwarten 81 Prozent der berufserfahrenen Juristen (im Vergleich zu 76 Prozent bei den Juristen insgesamt; über alle Befragte sind es 71 Prozent).

Jobwechsel bei Juristen – Wie und warum?

Gründe für den Wechsel der Stelle wären bei den berufstätigen Juristen vor allem das Gehalt, Karrieremöglichkeiten sowie die Work-Life-Balance. Mit wachsender Berufserfahrung nehmen übrigens die Nennungen des Gehalts als Kündigungsgrund ab und die Nennungen des direkten Vorgesetzten als Kündigungsgrund zu. Wenn Juristen nach einer (neuen) Arbeitsstelle suchen, dann schauen sich vor allem die Studenten auf den Jobbörsen um und besuchen deutlich häufiger als die Berufstätigen Job- und Karrieremessen. Empfehlungen von Freunden und Bekannten sind hingegen eher für die arrivierten Juristen interessant. Und die neue Stelle sollte (relativ) für die meisten Befragten mit 6 bis 10 Prozent besser honoriert werden als der alte Job. Studenten erwarten übrigens zum Berufseinstieg im Durchschnitt ein Bruttogehalt von ca. 55.000 Euro.

Neue Generation, neues Mindset – Ideelle statt materieller Werte

Aber, wie oben bereits erwähnt: Geld ist nicht alles. Immerhin 71 Prozent der Jurastudenten suchen einen Arbeitgeber, dessen Unternehmenswerte zu den eigenen Werten passen (im Vergleich zu berufserfahrenen Juristen (56 Prozent) oder Berufsneulingen (51 Prozent)). Und auch Arbeitsplatzsicherheit in einem wertschätzenden Arbeitsumfeld ist für Juristen jeglicher Seniorität ein hoch relevantes Arbeitgebermerkmal (77 Prozent), das stärker ausgeprägt ist als in der Gesamtheit der Befragten (73 Prozent). Wer sich also für den juristischen Bewerbermarkt rüsten will, tut gut daran, das eigene Unternehmens-/Kanzlei-Profil zu prüfen und das Personalmarketing sowie die Kommunikation entsprechend auszurichten.

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1Der Top-Box-Wert ist der addierte Prozentwert der oberen beiden Kategorien der Relevanz-Skala; hier: ‚ausgesprochen wichtig‘ plus ‚sehr wichtig‘.

 

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Zu den Arbeitgeberprofilen

In einem weiteren Beitrag beleuchten wir, wie Arbeitnehmer ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt steigern können.

Über den Autor:

Dr. Thomas Bittner
ist Geschäftsführer der Organomics GmbH in Köln. Er berät Unternehmen zur Arbeitgeberattraktivität sowie Führungskultur und führt Studien zu Personalthemen durch: www.organomics.de.

Der Beitrag wurde erstmals in der JuS 10/23 veröffentlicht.

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