Was macht eigentlich eine Generalstaatsanwältin und wie war mein Weg dorthin?

von Christine Busse

Im Jahr 1999 begann ich als Richterin auf Probe meine Tätigkeit als Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Rostock. Angefangen habe ich in einem allgemeinen Dezernat, in dem die Bandbreite von Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung über Diebstahl und Betrug bis zum schweren Raub reichte. Nach einem halben Jahr wurde mir die Bearbeitung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung übertragen, nachfolgend andere Spezialgebiete, u.a. Jugendsachen, Betäubungsmittelstrafsachen, Wirtschaftsstrafsachen.

Mir hat die Tätigkeit einer Staatsanwältin vom ersten Tag an große Freude bereitet. Die Arbeit ist außerordentlich verantwortungsvoll und abwechslungsreich. Die Staatsanwaltschaft entscheidet, ob und wie ermittelt wird, und zwar rein objektiv, allein nach Recht und Gesetz. Sehr gefallen hat mir auch die Zusammenarbeit mit der Polizei und der interdisziplinäre Austausch, z.B. mit der Rechtsmedizin, Psychiatrie, Psychologie.

Die Stationen

Deshalb bin ich gerne bei der Staatsanwaltschaft geblieben und habe mich nicht bemüht, zu Gericht zu wechseln. 2008 wurde ich an die Generalstaatsanwaltschaft abgeordnet und habe dort die Erprobung in Rechtssachen absolviert. 2011 wurde ich Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft, 2014  – nach anderthalbjähriger Abordnung an das Justizministerium, wo ich vor allem Personalangelegenheiten bearbeitet habe – zur Leitenden Oberstaatsanwältin und ständigen Vertreterin des Generalstaatsanwalts ernannt. Am 01.08.2019 ist mein Amtsvorgänger in den Ruhestand eingetreten und ich wurde zur Generalstaatsanwältin ernannt.

Die Aufgaben

Die Arbeit einer Generalstaatsanwältin ist sehr vielfältig. Letztlich trage ich die Verantwortung für alle Staatsanwaltschaften in meinem Geschäftsbereich. Meiner Behörde obliegt die Fach- und Dienstaufsicht über diese, wobei meine Behörde wiederum der Aufsicht des Justizministeriums unterliegt. Die Ermittlungsverfahren müssen mit einer rechtlich richtigen, d.h. gut vertretbaren Entscheidung und zügig abgeschlossen werden. Hierauf wirke ich gemeinsam mit den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften hin. Fachaufsicht bedeutet u.a. auch, dass ich darauf zu achten habe, dass das Recht im Geschäftsbereich gleich und »richtig« angewendet wird. Wenn beispielsweise Gesetzesänderungen erfolgt sind, befasst sich meine Behörde mit den neuen Regelungen und gibt den Staatsanwaltschaften Hinweise zur Umsetzung.

Ansonsten fallen in meiner Behörde viele weitere Verwaltungsaufgaben an: Personalsachen, Haushaltsangelegenheiten, Grundsatzfragen. Regelmäßig wird meine Behörde in Gesetzgebungsvorhaben eingebunden. Unter Beteiligung der Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften prüfen wir die rechtlichen und praktischen Auswirkungen und nehmen gegenüber dem Justizministerium Stellung.

Zugleich ist die Generalstaatsanwaltschaft die Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht. Alle Rechtssachen, in denen eine Entscheidung des Straf-, Bußgeld- oder Rehabilitierungssenates des Oberlandesgerichts zu erfolgen hat, werden dem Senat durch die Generalstaatsanwaltschaft vorgelegt, wobei die Generalstaatsanwaltschaft unter dezidierter Stellungnahme einen Antrag stellt.

Ein typischer Arbeitstag

Morgens finde ich meinen Aktenzutrag und die ersten E-Mail- und sonstigen Posteingänge vor, die ich sichte. Dann schaue ich, ob sich aus der Medienberichterstattung strafrechtlich relevante Sachverhalte ergeben oder ob über Ermittlungs- oder Strafverfahren berichtet wird und sich hieraus etwas ergibt, was mir Anlass gibt, mit der Behördenleitung der entsprechenden Staatanwaltschaft Kontakt aufzunehmen, um mich näher unterrichten zu lassen oder um eine enge Begleitung des Verfahrens zu bitten oder ähnliches. Dann widme ich mich den mir vorgelegten Akten. Für einige bin ich originär zuständig, andere enthalten Entscheidungsvorschläge. Bin ich mit dem Vorschlag einverstanden, zeichne ich die Verfügung ab, anderenfalls nehme ich Änderungen oder Ergänzungen vor oder bespreche etwaige Alternativen. Selbstverständlich spreche ich regelmäßig mit den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften und mit meinen Abteilungsleitern über die aktuell anstehenden Aufgaben, die Personalsituation, die Geschäftsentwicklung o.ä. Im Laufe des Tages werden mir weitere Eingänge und Akten vorgelegt, die ich dann bearbeite. Nicht selten habe ich auch auswärtige Termine oder befinde mich auf Dienstreisen. So führte mich 2019 die Konferenz der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Ostseeanrainerstaaten nach Tallinn.

Fazit

Heute kann ich sagen, dass die Tätigkeit einer Generalstaatsanwältin wohl eine der schönsten Tätigkeiten ist, die die Justiz bietet. Gerade in einer eher kleineren Generalstaatsanwaltschaft ist es möglich, als Behördenleiterin nicht nur reine Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, sondern auch Rechtssachen zu bearbeiten. Mir ist es sehr wichtig, die Nähe zur Praxis aufrechtzuerhalten. Insgesamt kommt mir zugute, dass ich selbst als Staatsanwältin in verschiedensten Spezialgebieten gearbeitet habe und im Justizministerium vertiefte Kenntnisse im Bereich Personalangelegenheiten erwerben konnte.

Außerordentlich wertvoll für meine Tätigkeit ist auch der fachliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen bundesweit. Den persönlichen Austausch ermöglichen institutionalisiert stattfindende Frühjahrs- und Herbstkonferenzen der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte und des Generalbundesanwalts. Darüber hinaus erfolgt regelmäßig ein schriftlicher Austausch zu aktuellen Rechtsfragen u.ä.

Mein Appell an Sie:

In Mecklenburg-Vorpommern werden in den kommenden Jahren sehr viele Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in den Ruhestand eintreten. Bereits jetzt sind die Chancen für entsprechend qualifizierte Assessorinnen und Assessoren sehr gut, in den Justizdienst des Landes eingestellt zu werden. Bewerben Sie sich! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich für den staatsanwaltlichen Dienst entscheiden würden.

 

Über die Autorin:

Christine Busse
Generalstaatsanwältin des Landes M-V