Das private Baurecht oder: beste Voraussetzungen für ein gelungenes Berufsleben

von Kathrin Heerdt

Ist es nicht erstaunlich, dass in Anwaltsserien keine auf das Baurecht spezialisierte Kanzleien vorkommen? Kein Wunder, denn – zumindest in Deutschland – hat sich das private Bau- und Architektenrecht ganz im Verborgenen zu einem der attraktivsten und praktisch bedeutsamsten Rechtsgebiete entwickelt.

Über lange Zeit hinweg fanden sich auf den fachliterarischen Buchrücken ebenso wie hinter den Konferenz-Rednerpulten wenige „große Namen“ des Baurechts. In der überwiegenden Mehrzahl solche männlichen Geschlechts. Gerüchten zufolge wurden in jener Zeit die auf Baurecht spezialisierten Anwältinnen von ihren Berufskollegen auch mit einer gewissen Skepsis beäugt. Als diejenigen, die mit (schmutzigen) Gummistiefeln auf Baustellen herumliefen, während „die anderen“ vom elegant gewellten Scheitel bis zur sündhaft teuren Sohle hinter eindrucksvollen Schreibtischen Seriosität auszustrahlen versuchten.

Baurechtler der Gegenwart

Diese Zeiten sind – glücklicherweise – lange vorbei. Das Ansehen der Baurechtler ist vom Einzelanwalt bis zur internationalen Großkanzlei unbestritten. Niemand zweifelt mehr daran, dass die erfolgreiche Tätigkeit im Bau- und Architektenrecht eines fundierten, jahrelang erprobten Wissens bedarf. Nicht nur juristisch, sondern auch bautechnisch und kalkulatorisch.

An Baurechtler stellt das Ziel der anwaltlichen Tätigkeit in § 1 Abs. 2 und 3 BORA ganz besondere Herausforderungen. Hiernach hat der Anwalt / die Anwältin „als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten […] seinen Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren […]“

Ein abwechslungsreiches Umfeld mit Helm und Sicherheitsschuhen

Eine Tätigkeit mit diesem Ziel kann bereits in Anbetracht der unterschiedlichsten Mandanten nur abwechslungsreich sein: von Verbrauchern über Unternehmen und Behörden bis hin zu freiberuflichen Architekten und Ingenieuren. Die Ziele, die sie mit der Begleitung durch Anwälte verfolgen, sind nicht minder vielfältig, erstreben sie doch im weitesten Sinne und aus unterschiedlichsten Gründen meist (mehr) Zeit, Geld, Sicherheiten oder eine bestimmte Qualität.

(Fast) Ausnahmslos interessiert sie ein elegant gewellter Scheitel ebenso wenig wie sündhaft teure Sohlen. Von Schreibtischen oder dem Geschlecht des „Sonderfachmann Recht“ lassen sie sich erst recht nicht beeindrucken. Vom Besitz einer PSA (persönlichen Schutzausrüstung) mit mindestens einem Helm und Sicherheitsschuhen umso mehr. Zeigt diese doch, dass sich Anwälte mit der (Bau-) Aufgabe identifizieren.

Mandanten von Baurechtlern wissen, dass sich mit häufig harter Arbeit ohne viele Worte Werkerfolge erzielen lassen. Hiervon geprägt ist oft auch der Umgang mit einem „Sonderfachmann Recht“ (m/w/d): im Vertrauen auf die Sachkunde und die persönliche Integrität wird das bestmögliche Ergebnis angestrebt.

Situative Flexibilität stärkt den Erfolg

Ein solches „Anforderungsprofil“ geht an den Anwälten ebensolcher Mandanten nicht spurlos vorbei. Sie haben in vielen Situationen gelernt, dass eine vertrauensvolle, organisierte und arbeitsteilige Tätigkeit und eine situative Flexibilität die besten Werkzeuge für das Erreichen eines Erfolges sind. Hierzu zählt, dass man sich nicht nur auf anwaltlicher Ebene – vom Berufsanfänger bis zum Seniorpartner (m/w/d) – unterstützt und informiert, sondern auch mit Vertretern anderer Fakultäten, wie etwa Bausachverständigen oder Baubetriebswirten, eine gemeinsame Sprache findet.

Starre Hierarchien oder ein von unterschiedlichen Geschlechtern bzw. unterschiedlicher Herkunft geprägter Umgang sind da eher hinderlich. Das ist am Bau ebenso bekannt wie in baurechtlichen Kanzleien.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass diese Tätigkeit wie wenige andere Rechtsgebiete eine gewisse Konjunkturunabhängigkeit aufweist. Schließlich begleitet das private Baurecht ein Projekt „von der Wiege bis zur Bahre“, also von der Projektidee bis hin zur Insolvenz eines Baubeteiligten.

Kurzum: eine Fernsehserie, in der eine Baurechtskanzlei im Mittelpunkt steht, wäre sicher verdient. Mit den für uns und unsere Mandanten selbstverständlichen Anforderungen an ein zeitgenössisches, gelungenes Berufsleben – in Form eines weitestgehend gleichberechtigten, respekt- und vertrauensvollen, herausfordernden und erfolgreichen Miteinanders. So kommt das private Baurecht auf leisen Sohlen und mit vielen Gründen, im Arbeitsalltag auch (über sich selbst) zu lachen.

 

Über die Autorin:

Kathrin Heerdt
Rechtsanwältin und
Fachanwältin für Bau- und
Architektenrecht
Partnerin der Kanzlei
BÖRGERS