
Die beruflichen Möglichkeiten nach dem Jurastudium sind vielfältig, um nicht zu sagen nahezu grenzenlos. Warum sich als Jurist:in der Blick in die Verbändelandschaft lohnt, wie man Verbandsjurist:in wird und auf welche Qualitäten es dabei genau ankommt – darüber berichten Verbandsjurist Moritz Mößner und Maria Schimmel, Personalleiterin in der BDA.
Wo stehen Arbeitgeberverbände im Gesetzgebungsprozess?
Arbeitgeberverbände wie die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) haben im Gesetzgebungsprozess eine bedeutende Rolle als Interessenvertreter der Unternehmen als Arbeitgeber. Sie äußern sich zu aktuellen Gesetzesvorhaben und wirken auf Gesetzesänderungen hin. Im Rahmen von Anhörungen vor Parlamentsausschüssen und anderen Gremien haben sie die Gelegenheit, ihre Expertise und Erfahrung einzubringen und ihre Positionen zu verteidigen. Ihre Argumente und Empfehlungen können sie auch direkt an politische Entscheidungsträger und Gesetzgeber richten, oder durch öffentliche Stellungnahmen und Medienauftritte Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen. Darüber hinaus sind viele Arbeitgeberverbände an Verhandlungen über Tarifverträge beteiligt und haben in diesem Zusammenhang einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen und Löhne in Deutschland.
Was machen dabei die Jurist:innen im Verband?
Die Arbeit unterscheidet sich in den verschiedenen Arbeitgeberverbänden erheblich. In den Arbeitgeberverbänden einzelner Länder und Regionen steht die individuelle arbeitsrechtliche Beratung der Mitgliedsunternehmen sowie deren Vertretung vor den Arbeits- und Sozialgerichten im Vordergrund. Hinzu kommen die Verhandlungen mit Gewerkschaften über Tarifverträge. In den Bundesarbeitgeberverbänden wie der BDA ist der Alltag eher geprägt von der Mitwirkung an aktuellen Gesetzgebungsverfahren. Dabei geht es nicht nur um die juristische Arbeit, sondern auch um politisches Gespür und die Fähigkeit, im Interesse der Mitgliedsunternehmen zu verhandeln und zu kommunizieren. Eine besondere Herausforderung liegt für die Arbeitgeberverbände häufig darin, die vielfältigen Interessen ihrer Mitglieder auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und eine gemeinsame Position zu entwickeln.
Verbandsjurist:innen arbeiten in einem dynamischen Umfeld, das sich ständig ändert und immer wieder neue Herausforderungen bietet. Sie müssen in der Lage sein, schnell auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und flexibel auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Mitgliedsunternehmen und Verbände einzugehen. Die Arbeit im Verband ist auch eine gute Möglichkeit, um wichtige Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen Spezialist:innen aus der Branche auszutauschen. Dadurch lassen sich das eigene Wissen und die beruflichen Fähigkeiten erweitern und letztendlich die Karrierechancen verbessern. Die Arbeit im Verband bietet eine abwechslungsreiche, spannende und anspruchsvolle Tätigkeit, die sowohl fachliches Know-how als auch strategische und kommunikative Fähigkeiten erfordert. Wer also eine Tätigkeit abseits der klassischen juristischen Pfade als Richter:in im Staatsdienst oder Anwält:in in einer Kanzlei sucht und sich für die Interessen von Unternehmen und Arbeitgebern einsetzen möchte, für den kann die Arbeit als Verbandsjurist:in eine äußerst spannende und lohnenswerte Alternative sein.
Welche Eigenschaften sollten Verbandsjurist:innen im Gepäck haben?
Die wichtigste Voraussetzung ist eine hohe Leidenschaft für die Arbeit und der Wille, sich im vollen Umfang den Interessen des Verbands und damit der Arbeitgeber zu widmen. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen sind Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und natürlich Spaß an der juristischen Tätigkeit unerlässlich. Es ist wichtig, über ausgeprägte analytische Fertigkeiten zu verfügen, um komplexe Sachverhalte zu untersuchen und eine strategische Herangehensweise zu entwickeln. Als Verbandsjurist:in muss man Gedanken und Argumente sowohl schriftlich als auch mündlich klar und präzise kommunizieren können und Kompromisse finden, die den Interessen des Verbands gerecht werden.
Wie genau wird man Verbandsjurist:in?
Juraabsolvent:innen steigen meist als Referent:in in die Verbandswelt ein. Sie können sich zur Leitung der Rechtsabteilung oder sogar zur Hauptgeschäftsführung hocharbeiten. Die Entwicklungsmöglichkeiten sind von der Größe des Verbands abhängig, das gilt übrigens auch für die Gehaltsaussichten und die Work-Life-Balance. Die BDA bietet mit ihrem Traineeprogramm die Möglichkeit, die Verbandswelt innerhalb von 24 Monaten kennenzulernen: Dabei wird man in verschiedenen Mitgliedsverbänden eingesetzt und erhält Einblicke in Aufgaben und Arbeitsweisen der Arbeitgeberverbände im Zusammenspiel mit Politik, Unternehmen, Sozialpartnern, Behörden sowie der Presse. Eine fachgerechte Betreuung wird durch erfahrene Mentor:innen sichergestellt. Da Theorie und Praxis stets zusammengehören, unterstützt die BDA während des Programms den individuellen Karriereweg mit intensiver Betreuung und effizienten Coachingmaßnahmen.
Über die Autoren:
Moritz Mößner
hat nach ersten Erfahrungen als Rechtsanwalt den Einstieg in die Verbändewelt über das Nachwuchsprogramm der BDA gewagt. In dem Mentorenprogramm hat er in vier verschiedenen Arbeitgeberverbänden die Vielfalt der Verbändelandschaft kennen und schätzen gelernt.
Maria Schimmel
ist als Leiterin des Referats Personal für die Betreuung und Stagenzuweisung der Juristinnen und Juristen im Nachwuchsprogramm der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verantwortlich.
Der Beitrag ist in der JuS 07/23 erschienen.
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