LL.M. auf Hawaii: US-Recht und Tor nach Asien

von Ellen Eichberg

Vor 15 Jahren startete das erste LL.M.-Programm der William S. Richardson School of Law (WSRSL) der University of Hawaii. Zeit zu sehen, wie sich das Programm von seinen Anfängen mit nur vier Studenten bis heute entwickelt hat.
Im Sommer besuchte ich meine Alma Mater, die aktuelle LL.M.-Klasse und sprach mit dem LL.M.-Director, Spencer Kimura.

Die Begrüßung war herzlich, als ich in den sonnendurchfluteten Innenhof der WSRSL kam. Gleich bemerkte ich einige Neuerungen: Der Innenhof ist frisch begrünt mit einheimischen Pflanzen, die Bibliothek ist mit neuen geräumigen Lernecken und Gemeinschaftstischen ausgestattet. Es gibt jetzt ein eigenes kleines Café und ein neues Gebäude, das „Community Legal Outreach Center“, das mit seinen Law Clinics für Steuer-, Immigrations- und Elderly Law für Praxisnähe der Studenten sorgt. Und doch fühlt es sich an, als ob man nach Hause kommt. So kitschig das Klischee sein mag, hier ist man Teil der Ohana – Teil der Familie geworden.

Einführung ins amerikanische Recht und eine Art „Überlebenshilfe“ für den Alltag

Spencer Kimura, Direktor des LL.M.-Programms und Prof. Alison Conner, Professorin für Wirtschaftsrecht und chinesisches Recht an der Law School, planten mich auch sofort in den Einführungskurs der neuen LL.M.-Studenten ein. Eine Einführung ins amerikanische Recht und eine Art „Überlebenshilfe“ für den Alltag – vom Bus-System bis zu Studentenrabatten – stehen ebenso auf dem Programm wie eine gemeinsame Tour zu den Sehenswürdigkeiten und Stränden der Insel.

Ganz nebenbei werden Professoren und Mitstudenten kennengelernt. Der LL.M.-Kurs mit maximal 15 Studenten ist weit davon entfernt in einer anonymen Massenveranstaltung unterzugehen. Und die Betreuung ist exzellent. Tradition hat schon der „Diamond Head Hike with the Dean“, eine gemeinsame Wanderung mit dem Dekan auf den erloschenen Vulkan, der das Bild von Waikiki prägt.

In den vergangenen 15 Jahren hieß die Law School 144 LL.M.-Studenten aus 55 verschiedenen Ländern willkommen, aus Asien, den Inselstaaten des Pazifiks und Europa. „Eine Erfolgsgeschichte“, freut sich Prof. Conner. Die LL.M.-Studenten sind nach dem Einführungskurs voll integriert und können alle Kurse wählen, die den JD-Studenten offenstehen.

Netzwerk und Kontakte zu US-Anwälten 

Dies macht das LL.M.-Jahr tatsächlich zum Erleben einer US-Law School und nicht nur zu einem Kurs unter Ausländern, der (zufällig) an einer amerikanischen Universität stattfindet. Auch heute noch habe ich Kontakt zu vielen US-Anwälten – Mitstudenten aus meiner eigenen LL.M.-Zeit, die ihre Karriere in Honolulu, San Francisco, New York oder Chicago machten und die mir heute helfen, wenn ich eine Empfehlung für einen kompetenten US-Anwalt brauche.

Neu ist, dass die LL.M.-Studenten auch die Möglichkeit haben, eine Spezialisierung zu wählen, so im Wirtschaftsrecht, IPR, Umweltrecht, Strafrecht, im Recht der internationalen Menschenrechte oder im Seerecht. Zudem bietet die Law School viele rechtsvergleichende Kurse an, wie internationales Wirtschaftsrecht in Asien, die Rechtssysteme der pazifischen Inseln oder Menschenrechte in Asien. Viele Fakultätsmitglieder haben in asiatischen Ländern gelebt, geforscht und gelehrt.

Die LL.M.-Studenten werden ermutigt, an allen Facetten des Law School Lebens teilzunehmen. Das reicht von Gastvorlesungen zum asiatischen Recht über Besuche der Gerichte oder örtlicher Kanzleien bis hin zur philippinischen Kochveranstaltung der Professoren für die Studenten oder dem alljährlichen „Ete Bowl“-Footballturnier der Studenten gegen die Alumni der Law School.

Gastvortrag von Ruth Bader Ginsburg

Angesehene Richter und Professoren kommen gerne für Gastvorträge zu aktuellen Themen des US-Rechts. So hatten die Studenten 2017 erneut die Gelegenheit, US Supreme Court Justice Ruth Bader Ginsburg zu treffen. Sie sprach über ihre Rolle als eine der dienstältesten Richterinnen am US Supreme Court und über das, was sie in ihrem Leben bereits erreicht hat. „Ihre Ansprache empfanden die Studenten durchweg als inspirierend“, so Spencer Kimura.

Neben klassischen Studentenorganisationen gibt es aber doch das typische Hawaii an der Uni: Studentenclubs für Kanu, Surfing, den Hula Tanz, Tauchen oder Ukulele-Unterricht bieten Gelegenheit zur Freizeitgestaltung.

Ach ja, und das Image?

In einem Jura-Blog stieß ich damals auf die Aussage eines Studenten: „bei Großkanzleien kommt es nur auf die Auslandserfahrung an, wo man den LLM macht, ist letztlich egal (solange es nicht Hawaii ist)“. Wieso eigentlich nicht Hawaii?

„The International Jurist“, der 450 Programme an 153 US Fakultäten untersuchte, bewertete das WSRSL LL.M.-Programm 2017 als eines der besten in den USA, vergab ein „A+“ für das akademische Angebot und jeweils ein „A“ für das „Best Law School Experience“ und für „Career Support“. Der Campus der University of Hawaii ist laut Thrillist.com und TheBestColleges.org einer der Top 20 schönsten der USA. Gerade erst im letzten Semester fiel das Campus-Essen als eines der besten in den USA auf, samt eigener Sushi-Bar.

Nach Berufserfahrung in einer Wirtschaftskanzlei und mehreren internationalen Unternehmen, Bewerbungsgesprächen und Small-
Talk auf Konferenzen, kann ich sagen, dass ich eigentlich nie eine Rechtfertigung für diese Lebensentscheidung brauchte, im Gegenteil: dass ich „Hawaii“ in meinem Lebenslauf stehen habe, war stets ein guter Aufhänger für interessierte Nachfragen und weitere Gespräche.

Letztendlich kommt es darauf an, was man aus seinem LL.M.-Jahr macht – und die WSRSL bietet einem dazu alle Möglichkeiten in einer traumhaften Landschaft.

 

Über die Autorin:

Ellen Eichberg, LL.M.
Senior Legal Counsel /
Syndikusrechtsanwältin bei
Adient Germany Ltd. & Co. KG,
einem weltweiten Konzern aus
der Automobilzulieferbranche

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