Wie Kanzlei-Leitbilder wirken und Führung veredeln

von Susanne Kleiner, freie PR-Beraterin, Texterin, Journalistin und Mediatorin, München

Markante Kanzleien bekennen sich zu dem, was sie antreibt. Sie bekunden selbstbewusst, wofür sie stehen.
So entstehen Leitbilder, die den Geist des Hauses begreifbar machen. Wie Sie Mitarbeiter für die gemeinsame Sache begeistern und die Einzigartigkeit Ihrer Kanzlei wirksam gestalten, verrät Susanne Kleiner.

Mobilisieren Sie Visionäre

Leitbilder stabilisieren und verleihen der Kanzleipersönlichkeit Kontur. Doch authentische Visionen und Missionen funktionieren nicht top-down.
An Bekenntnissen, die spürbar Kreise ziehen, arbeiten alle Mitarbeiter hierarchieübergreifend mit. Jeder zählt: von der Assistenz über die Fachangestellten und Fachwirte bis hin zu den Anwälten. Informieren Sie vorab über die Ziele, die Sie fokussieren. Unterstreichen Sie, welchen Wert Sie dieser Entwicklung beimessen. Kommunizieren Sie, was Sie antreibt: Sie sind entschlossen, sich gemeinsam persönlich und unternehmerisch weiterzuentwickeln. Kündigen Sie Timing, Ablauf, Ort, Projektleitung und Informationswege an. Betonen Sie die Teamleistung, die das Ganze erst zur Reife bringt – gestützt von der gesamten Führungsriege. Und: Ihre Mannschaft entscheidet über das Ergebnis mit; sonst verlieren Sie wertvolle Partner.

Was jeden antreibt

Gute Leitbilder geben die Werte wieder, für die zum einen jeder Einzelne steht und die zum anderen das Team auszeichnen. Manche Kanzleien leiten den Prozess mit einem Workshop ein, um mit allen zu besprechen, was jedem wichtig ist. Größere Büros beginnen mit einem Online-Fragebogen. Sie ermitteln in sogenannten Werte-Assessments systematisch, was die Mitarbeiter antreibt. Anschließend thematisieren sie im Plenum die Prioritäten. Sie diskutieren Unterschiede und würdigen Schnittmengen. Kurzum: Irgendwann treffen sich alle in Workshops und verabschieden, was sie stark macht und was sie eint. Dabei gilt: Vielfalt stärkt. Homogenität limitiert. Vorausschauende Führungskräfte ziehen einen externen Moderator hinzu, der den Workflow strukturiert. Denn wer von außen draufschaut, agiert unvoreingenommen, fragt hilfreich unbequem und lenkt den Blick auf Unterschätztes. Und wenn sich Widerstand breit macht: Herzlichen Glückwunsch. Das ist die Chance, mit Hilfe eines neutralen Dritten Altlasten zu entsorgen und neuen Perspektiven Gestalt zu verleihen.

Die Zukunft ist wertvoll

Exzellenz, höchste Professionalität und Internationalität stehen im Ranking bei Anwälten ganz oben. Doch jeder assoziiert Werte anders. Und: Menschliche Bedürfnisse unterscheiden sich. Es geht nicht nur um Kompetenz, harte Fakten und Gehaltssprünge. Es geht auch um soziale und emotionale Stärken.
Umso ergiebiger ist es, wenn Kanzleien nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern tiefer blicken: Was verbinden wir mit persönlicher Weiterentwicklung, Wachstum, Vertrauen oder Mandantennähe konkret? Wovon sprechen wir wirklich, wenn wir Wirtschaftlichkeit, Effizienz, Beziehungspflege, Fortschritt, Wachstum oder Teamgeist hochhalten? Wie setzen wir gegenseitige Unterstützung, unseren gesellschaftlichen Beitrag oder Work-Life-Balance um? Und wie merken unsere Mandanten, dass wir so sind wie wir sind? Welche inneren Bilder spornen uns an? Alles ist erlaubt. Gut ist, wenn Ideen fließen. Fragen Sie, wie jeder das Jetzt wahrnimmt. Und prognostizieren Sie gemeinsam, dank welcher Werte Ihre Kanzlei morgen Ihr volles Potenzial lebt. Alle reflektieren, was sie selbst zum Ergebnis beitragen und realisieren und erkennen, wie zentral es ist, sich der gemeinsamen Werte bewusst zu sein.

Die Macht der Worte

Das niedergeschriebene Leitbild destilliert die Kernwerte heraus und extrahiert Kanzleivision und -mission unumstößlich. Texten Sie klar und lebendig, damit der frische Glanz nicht verblasst. Schreiben Sie Wörter, die zu Ihnen passen. Und bringen Sie so stimmige wie realistische Botschaften zu Papier.
Verzichten Sie auf Worthülsen. Haben Sie Mut, anders zu sein. Berühren Sie, weil sie einzigartig sind. Bewegen Sie Menschen und Märkte, weil der Geist Ihres Hauses angenehm anders ist; weil Sie Vertrauen und ehrliches Interesse wecken. Kleiden Sie Ihre Haltung verbal so ein, dass sich Mitarbeiter, Mandanten, Bewerber, Geschäftspartner und Journalisten glücklich schätzen, mit Ihnen in Kontakt zu sein. Auch wenn Sie Ihre Rolle in Gesellschaft und Öffentlichkeit manifestieren, gilt: Bleiben Sie sich treu – auch auf Ihrer Website, in Broschüren oder in Ihrer Korrespondenz.

Wenn Werte leben

Leiten Sie konkretes Verhalten aus Ihren Werten ab. So investieren Sie in die Loyalität Ihrer internen und externen Dialoggruppen. Thematisieren Sie immer wieder, wie Sie Ihr Leitbild beleben. Würdigen Sie Fortschritte. Das heißt: Werte gehören auf die Agenda. Setzen Sie mit Bewerbern diesen Dialog fort und hören Sie zu. Etablieren Sie ein wertebewusstes „Onboarding“ und teilen Sie mit neuen Kollegen Ihre Story, die Sie motiviert. Und: Werte ändern sich. Seien Sie wachsam. Lassen Sie Ihr Tun von gemeinsamen Idealen leiten. Wer Werte respektiert, dynamisiert Veränderung. Das motiviert Individuen und Gruppen. Eine Leitbildentwicklung ist immer ein Gewinn:
Mitarbeiter, die erleben, dass sie sich in der Kanzlei persönlich wiederfinden und in einem gesunden Team wirken, engagieren sich aus eigenem Antrieb.

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Quelle BECK Stellenmarkt 10/2017