Business Coaching für Juristen: Wie aus Ihrer Kanzlei „Die Mannschaft“ wird

von Dr. Geertje Tutschka, ACC Rechtsanwalt (D/A), ICF-Business-Coach, Top 100 Trainer (DACH), geschf. Gesellschafter von CLP: München, Salzburg

Was ist der Unterschied zwischen Ihrem lokalen Kreisligaverein und der Nationalelf? Erstmal keiner. Der Ball ist rund, entscheidend is auf ’m Platz und jedes Spiel dauert neunzig Minuten. Ob Lokalmatadore oder Nationalhelden: Sie geben alle alles. Nur beim Erfolg, da ist dann alles anders. Das hat mit Talent zu tun, aber längst nicht nur. Während die Freizeit-Kicker noch lautstark diskutieren, wie das Tor am Besten zu schießen wäre, nimmt der Stürmer der Nationalelf den vorgelegten Ball seines Teamkollegen schon in Empfang, um ihn direkt ins Tor zu befördern. Spielleidenschaft ist für den Profi höchstens noch Mittel zum Zweck. Für den geht es um Marktwert, um wirtschaftlichen Erfolg. Der wird an Toren gemessen. Und an Siegen. Weltmeister wird man nicht allein. Was uns Juristen interessieren sollte.

Der Freizeitkicker ist uns hochsympathisch. Wer am Sonntagnachmittag hinter der Schule zum Orts-Kick kommt, der will eine nette Zeit haben, dem geht es um Bolzen, Brüllen – und das Bierchen dazu. Bei den Profis ist das anders. Die müssen ständig daran arbeiten, ein Team zu bleiben oder zu werden. Eins, das größer ist als die Summe aller einzelnen Spieler. Kennen Sie die Kanzleien, in denen sich alle gut miteinander verstehen, sich duzen und sogar privat miteinander befreundet sind? Schon wenn man die Kanzlei betritt, fühlt man sich beschwingt. Es wird gescherzt und gelacht, in der Küche trifft man sich zum gemütlichen Plausch bei selbstgebackenem Kuchen. Da stören auch nicht die Aktenstapel auf dem Boden. An’s Telefon geht, wer gerade Zeit hat. Der junge neue Kollege kann mit seiner Nachfrage warten.
Und dann gibt es die Kanzleien, die sich jeden Donnerstagnachmittag zum Teammeeting treffen. Mit Themen wie Business-Development, Aus- und Weiterbildungsprogramm und strategische Positionierung. Aufgabenbereiche werden dort nicht durch den eigenen Schreibtisch beschrieben. Es gibt so etwas wie kanzleidefinierte Arbeitsabläufe, Prioritäten und Kontrollsysteme. Effizienz und Effektivität, so weit das Auge reicht. Jeder gibt sein Bestes und fokussiert sich auf die Arbeit. Anwaltsein ist kein Honigschlecken – die Kanzlei kein Bolzplatz, um im Kontext zu bleiben. Leidenschaft darf woanders.

Eine Kanzlei ist ein Unternehmen. Es geht um Zahlen, um wirtschaftlichen Erfolg. Und um Menschen. Die Produkte der Kanzlei werden schließlich von Menschen produziert: aus Wissen, Können und Lebenserfahrung. Die Mitarbeiter sind Ressource und Kapital zugleich. Und die Produkte gestalten Menschenleben. Eben wie bei einer Mannschaft.

Was kostet es, eine gut ausgebildete und eingearbeitete Mitarbeiterin zu ersetzen – erst Recht, wenn man sie an die Konkurrenz verliert? Was kostet es, dem vielversprechenden Nachwuchsjuristen kein attraktives Angebot unterbreitet zu haben – erst recht, wenn sich viele Mandanten bei ihm gut bis besser aufgehoben gefühlt haben? Talente und Potential zu verschenken oder ungenutzt zu lassen, können wir uns heute nicht mehr leisten. Sie müssen entdeckt, gefördert und langfristig gebunden werden. Das alles kann ein Team leisten. Ein gutes Team kann sogar noch mehr: es multipliziert die so gebundenen Talente.

„Wer allein arbeitet, addiert, wer mit anderen zusammenarbeitet, multipliziert.“ (Nossrat Peseschkian) Doch wie wird aus einem Team ein gutes Team? Aus der Bereitschaft jedes Einzelnen, Teil von etwas Größerem zu sein, wird in den Trainingscamps eine Strategie entwickelt. Können wird so aufeinander abgestimmt, dass es sich nicht nur ergänzt, sondern multipliziert. Das hat bei der Nationalelf funktioniert. Das wird auch bei Ihrer Kanzlei funktionieren.

Halbzeit zwischen den WM. Europameisterschaften. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Unsere Nationalelf, „Die Mannschaft“ hat intensive Team-Trainings hinter sich: Europameister wird man nicht allein. Eine erfolgreiche Kanzlei auch nicht.
Wann haben Sie das letzte Mal in Ihr Team investiert?

Quelle NJW 24/2016