Allein mit fachlichem Know-how ist es heute für die Juristen noch lange nicht getan. Zahlreiche renommierte Kanzleien und Unternehmen haben bereits seit längerem die Zeichen der Zeit erkannt, indem sie gezielt interne Weiterbildungsprogramme konzipieren und diese über eine eigene Akademie oder über feste Kooperationspartner ihren juristischen Mitarbeitern anbieten. Doch nicht jeder Rechtsanwalt oder Legal Counsel stößt gleichermaßen auf ein breites internes Portfolio an gezielter Weiterbildung. Damit Sie sich im Dschungel der vielfältigen externen Weiterbildungsangebote zurecht finden, erhalten Sie im Folgenden einen Überblick, was sich hinter den einzelnen Beratungsformen verbirgt.
Eine wesentliche Abgrenzung lässt sich durch die Frage bestimmen, inwieweit eine Beratung „auf Augenhöhe“ erfolgt bzw. inwieweit zwischen den Beteiligten ein „Beratungsgefälle“ besteht. Während bei dem zuerst genannten Counseling die Prozessbegleitung in einem Entscheidungsfindungs- und Problemlösungsprozess im Vordergrund steht, beinhaltet die zweitgenannte Form des Consulting die inhaltliche Beratung und Weitergabe von (Mehr-)Wissen.
I. Consulting/Beratung
Typische Consulting-Formen sind das Training und das Mentoring.
Bei einem Training steht die Vermittlung konkreter Fähigkeiten und Kenntnisse im Vordergrund. Es besteht ein Beratungsgefälle zwischen Trainer und Trainierendem: Der Trainer zeichnet sich durch ein „Mehrwissen“ aus, das er an den Trainierenden weitergibt. In der Regel geht es um neue – nach allgemeinem Verständnis professionelle – Verhaltensweisen in vorab definierten Situationen, die der Trainierende mit Unterstützung des Trainers einübt. Ein Seminar verbindet die theoretische (fachliche) Wissensvermittlung an mehrere Teilnehmer gleichzeitig mit der praktischen Einübung, wobei die Übergänge fließend sind und beide Begriffe häufig synonym verwendet werden. Auch Fortbildungsveranstaltungen nach § 15 FAO werden regelmäßig in Seminarform abgehalten.
Das so genannte Mentoring bildet die Beziehung zwischen einem Mentor, d. h., einem in der Regel berufserfahrenen Ratgeber im eigenen Kanzlei bzw. Unternehmensumfeld und seinem Mentee, in der Regel ein (junger) Mitarbeiter, der bei der Bewältigung neuer Aufgaben unterstützt werden soll, ab. Häufig wird diese Beziehungsform in der Praxis als Coaching bezeichnet. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass der Mentor die Anliegen des Mentees vor dem eigenen Erfahrungshintergrund reflektiert und auf dieser Basis zu einem Ratschlag kommt, während der Coach seinen Klienten darin unterstützt, eine vollständig eigene Lösung zu erarbeiten. Zudem ist der Mentor häufig der Fürsprecher für den Mentee nach außen hin.
II. Counseling/Prozessbegleitung
Die wohl bekanntesten Formen der professionellen Prozessbegleitung sind das Business-Coaching und die Mediation.
Business-Coaching ist die zeitlich begrenzte und zielgerichtete individuelle Prozessbegleitung, die einen vom Klienten als problematisch empfundenen berufsbezogenen Sachverhalt in den Mittelpunkt stellt. Die Unterstützung durch einen Coach wird dann sinnvoll, wenn der Klient in immer gleichen Denk- und Verhaltensstrukturen feststeckt und deswegen zu keiner für ihn tragbaren Lösung findet. Hier ist es Aufgabe des Coachs, dem Klienten durch das Durchbrechen dieser Denk- und Verhaltensstrukturen eine neue Sicht auf sein Anliegen zu ermöglichen und damit die Problemlösungskompetenz des Klienten wiederherzustellen. Der Coach fungiert als Sparrings- Partner, mit dem der Klient sich offen und gleichzeitig in einem geschützten Rahmen austauschen kann. Die Beratung findet „auf Augenhöhe“ statt: der Klient ist Experte für seine Ziele, der Coach ist Experte für den Beratungsprozess.
Der Umfang eines Coaching-Prozesses hängt vom individuellen Thema des Klienten ab: erfolgreich kann bei einer Standortbestimmung bzw. Karriereplanung des Klienten bereits ein zwei- bis vierstündiges Coaching sein, während die Begleitung bei Veränderungsprozessen oder im Rahmen einer neuen beruflichen Situation über mehrere Wochen hin sieben oder mehr Sitzungen umfasst. In der Regel wird die voraussichtliche Prozessdauer im Rahmen eines Erstgesprächs thematisiert. Entscheidend ist gerade bei der längeren Dauer von Coaching-Prozessen, dass der Coach den Klienten gezielt bei der Wiederherstellung der eigenen Problemlösungskompetenz unterstützt, er sich also selbst zum Ende des Prozesses hin überflüssig gemacht hat.
In Abgrenzung zum Coaching dient die Mediation der Prozessbegleitung und Vermittlung zwischen zwei oder mehreren Parteien in Konfliktsituationen. Der Mediator nimmt unter Berücksichtung aller Beteiligten eine neutrale Position ein.
Der Vollständigkeit halber sei noch der Begriff der Supervision aufgenommen, der im Gesundheitsbereich und Bildungswesen häufig gleichbedeutend für ein Coaching verwendet wird. Der Unterschied lässt sich darin fassen, dass die Supervision zielunabhängig die Reflexion des Klienten in den Mittelpunkt stellt, während Coaching immer zielgerichtet ein bestimmtes Anliegen bearbeitet.
Die vorstehenden Abgrenzungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass – abhängig von dem persönlichen Anliegen – durchaus eine Kombination von verschiedenen Beratungsformen sinnvoll sein kann. Insbesondere wenn persönliche Verhaltensänderungen angestrebt werden – beispielsweise bei wiederkehrenden Konfliktsituationen mit Mandanten und/oder Kollegen – ist durchaus die Begleitung durch einen erfahrenen Coach mit Kenntnissen aus dem einschlägigen Branchenumfeld erfolgversprechend, der gleichzeitig als Trainer fungiert und das neue Verhalten in verschiedenen Situationen mit dem Klienten übt.
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