Karrierestart im Generationen-Tandem

Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde und Dr. Maria Marquard im Interview mit Susanne Kleiner

Wer sich für den Anwaltsberuf im öffentlichen Recht entscheidet, gestaltet politisch brisante Mandate mit. Bei Maria Marquard ist das so. Sie ist Associate bei Dolde Mayen & Partner und arbeitet eng mit Klaus-Peter Dolde, einem der Kanzleigründer, zusammen. Sie steht am Beginn ihrer Laufbahn. Er zieht sich allmählich aus der Kanzlei zurück. Beide berichten im Interview mit Susanne Kleiner, wie ihr Generationen-Tandem in einem Beratungsfeld funktioniert, das gesellschaftlich immer relevanter wird. Und sie verraten, warum eine Karriere im öffentlichen Recht eine spannende Option ist.

Herr Dolde, Sie sind seit fast fünfzig Jahren Anwalt. Wie hat sich das öffentliche Recht im Laufe der Jahre entwickelt?

1972 gab es nur wenige Kanzleien, die sich damit befasst haben – mit trivialeren Fällen als heute: sogar mit Gartenzäunen. In Tübingen habe ich 1980 die erste Vorlesung zum Umweltrecht gehalten, das seinerzeit völlig neu und unbekannt war. Öffentliches Baurecht war eher ein Begriff, obwohl es kein einziges Lehrbuch gab. Heute haben Mandate mehrheitlich eine bedeutende politische Dimension und der Einfluss des Unionsrechts ist sehr dominant. Vieles ist in Bewegung und wird komplexer – auch wenn seit Jahrzehnten darüber gesprochen wird, dass alles einfacher werden soll. So entstehen spezialisierte Berufsprofile mit sehr guten Entwicklungschancen. Expertinnen und Experten für Nischen sind gefragt.

Frau Marquard, mit welchen Vorstellungen sind Sie 2018 in den Job gestartet?

Mir war es wichtig, spezifisch in einem Rechtsgebiet zu arbeiten und Fälle von vorne bis hinten zu lösen. Ich wollte kein Rädchen in einer Großkanzlei sein. Ich wollte nach Stuttgart und dort bleiben. Ein stabiles Umfeld ist mir privat und beruflich wichtig. Ehemalige Kommilitonen probieren sich zwei oder drei Jahre aus, um dann zu wechseln. Ich überlege mir vorher, was ich machen möchte. Und dabei möchte ich dann auch bleiben. So suchte ich nach einer familiären Kanzlei. Anstatt mich in einer Ellenbogengesellschaft jahrelang hochkämpfen zu müssen, habe ich hier früh meinen Platz gefunden.

Sie arbeiten sozusagen als Generationen-Tandem zusammen. Wie sieht das konkret aus?

Marquard: Wir bearbeiten gemeinsame Mandate. Ich entwerfe den Schriftsatz. Dann diskutieren wir darüber. So entwickle ich neue Ideen oder Herr Dolde erklärt mir, was ich verbessern kann. Wir feilen solange, bis wir zufrieden sind. Und wir unterschreiben beide. Ist ein Fall sehr komplex, entwerfe ich zunächst eine Gliederung und hole mir Feedback ein. So profitiere ich von Herrn Doldes wertschätzendem Rat. Auch sprechen wir gemeinsam mit Mandanten oder nehmen Gerichtstermine wahr. Dann klären wir vorher ab: Wer übernimmt welchen Part? Herr Dolde hat mich auch ermutigt, in der NVwZ (Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht) zu veröffentlichen. Die Resonanz war sehr positiv. Ich schätze unseren Austausch und die kurzen Wege sehr.

Herr Dolde, und was schätzen Sie an Ihrer Kollegin Frau Marquard?

Das Menschliche und das Inhaltliche. Dass sie frisch, fröhlich an die Sache herangeht und immer offen ist für Dialog. Dazu gehören ein Geben, ein Nehmen und die Diskussion – selbstverständlich auch Wissen, ein eigener Kopf und Flexibilität. Sie geht logisch strukturiert vor und gleichzeitig kreativ und spontan. So bringt sie Impulse ein, die unser analytisches und assoziatives Vorgehen zusätzlich bereichern. Das macht Spaß. Zuzuhören und Dialog zu führen ist essenziell in unserem Beruf. Leider lehrt das keine Uni, obwohl Anwälte von guter Kommunikation leben. Verständlich zu schreiben und zu sprechen ist bei noch so komplizierten Sachverhalten möglich – und unverzichtbar. Die Klarheit der Sprache hängt mit der Klarheit der Gedanken zusammen. Noch etwas: Frau Marquard hat eine Jogginggruppe gegründet und unser Team beim Firmenlauf in Stuttgart angemeldet.

Marquard: Wir laufen einmal pro Woche vom Büro aus durch den Schlossgarten. Unsere längste Strecke führt bis zu den Kamelen in der Wilhelma. Die Bonner Kollegen haben wir auch angesteckt. Sobald es möglich ist, wollen wir gemeinsam an einem Lauf teilnehmen.

Herr Dolde, wie erklären Sie Berufseinsteigern den Reiz, Anwalt im öffentlichen Recht zu sein?

Das öffentliche Recht ist spannend und abwechslungsreich. Wir agieren an der Nahtstelle zur Politik und sind ins politische Tagesgeschehen involviert. Und wir haben es mit Menschen zu tun. Wir beraten in strategischen Fragen und sprechen richtungsweisende Empfehlungen aus. So gestalten wir wesentlich mit.

Frau Marquard, raten Sie jungen Anwälten, eine Karriere im öffentlichen Recht anzustreben?

Ja, auf jeden Fall, weil wir gestalten und Einfluss nehmen. Mir gefällt das sehr. So habe ich an einem Gutachten zum Steinkohleausstieg gearbeitet. Es ging um die Frage, wie die Kraftwerke zu entschädigen sind. Oder um Theater, die bei den Lockerungen der Corona-Verordnungen noch nicht berücksichtigt waren. Mit Erfolg: Sie durften wieder öffnen. Das hebt meinen Job wesentlich von den Stellen beim Verwaltungsgericht ab.

Über die Interviewpartner:

Prof. Dr. Klaus-Peter Dolde
Gründer der Sozietät Dolde Mayen & Partner
mit Standorten in Stuttgart und Bonn

www.doldemayen.de

Dr. Maria Marquard
Rechtsanwältin bei Dolde Mayen & Partner
in Stuttgart

www.doldemayen.de

Susanne Kleiner
Kommunikationsexpertin, Autorin,
Texterin, Trainerin (dvct) und Coach (dvct)
in Freiburg im Breisgau

www.susanne-kleiner.de

Quelle BECK Stellenmarkt 19/2020

Weitere Informationen, Tipps und Literatur zu Studium und Referendariat finden Sie auf beck-shop.de. 
Übrigens: Testen Sie die NJW und die Ausbildungszeitschriften JuS und JA jetzt kostenlos im Probeabo.