Das Geheimnis erfolgreicher Rechtsanwälte: Sie kümmern sich nicht zu viel um ihre Mandanten! Was sich paradox anhört, ist dennoch wahr. Zum Beruf des Rechtsanwalts gehört viel mehr als die rein fachliche Arbeit. Sie macht sogar nur ein Drittel des Berufserfolgs aus. Es kommt in gleichem Maße darauf an, die ökonomische Seite der Arbeit erfolgreich zu gestalten und den persönlichen Einsatz zu optimieren.
Drei Säulen also: Fachliche Qualität, ökonomische Wirksamkeit und persönlich zufriedenstellende Arbeitsweise. Darauf beruht der Erfolg des Rechtsanwalts. Dies anzuerkennen ist der erste Schritt zum Berufserfolg – und es ist beileibe kein kleiner Schritt, denn die Ausbildung des Juristen beschränkt sich auf den fachlichen Teil. Den wirtschaftlichen Herausforderungen stellen sich viele Anwälte folglich nicht gern. Die persönliche Arbeitszufriedenheit ist noch seltener Gegenstand ernsthafter Überprüfung, dabei ist die Arbeitskraft des Rechtsanwalts der wichtigste Erfolgsfaktor für seine Kanzlei.
Der zweite Schritt ist die Umsetzung dieser Einsicht. Dafür muss sich der Rechtsanwalt Freiräume schaffen, um alle drei Erfolgsfaktoren auszubalancieren. Im Arbeitsalltag bedeutet das, bewusst freie Zeit zu reservieren, in der die Perspektive gewechselt werden kann: Aus dem versierten Fachanwalt, der seine Mandanten in den Mittelpunkt stellt, wird dann ein Unternehmer und Arbeitgeber, der wichtige Zukunftsfragen seiner Kanzlei in den Blick nimmt. Und last not least eine Persönlichkeit, die in ihrem Beruf Zufriedenheit und Erfolg erleben will. Alle drei Bereiche verdienen die gleiche Aufmerksamkeit:
1. Fachliche Qualität. Hier bestehen die geringsten Schwierigkeiten – es geht um Fortbildung, aktuelle Entwicklungen, den fachlichen Austausch und die ständige Lektüre zur eigenen Qualitätssicherung. Dieser Bereich wird von den meisten Anwälten erfolgreich abgedeckt. Strategisch wichtig ist es, die fachliche Ausrichtung der Kanzlei immer wieder zu überprüfen: Entspricht die Spezialisierung den Talenten und Vorlieben der Anwälte, können sie ihre Qualifikation einbringen? Zwar können Anwälte auch auf ungeliebten Fachgebieten arbeiten – es wird sie aber viel Energie kosten und weniger Erfolg bringen.
2. Ökonomische Wirksamkeit. Anwälte in eigener Praxis und Partner einer Praxisgemeinschaft haben die Verpflichtung, wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Achtung: Wirtschaftlicher Erfolg ergibt sich eben nicht von selbst, wenn man nur recht fleißig arbeitet! Es muss scharf gerechnet und unternehmerisch gedacht werden. Womit genau wird in der Praxis Geld verdient? Passen Aufwand und Ertrag zusammen? Sind die Honorare richtig kalkuliert? Hat die Kanzlei die richtigen Mandanten? Sind die richtigen Mitarbeiter an Bord, werden sie optimal eingesetzt? Ist das Verhältnis zu den Partnern ausgeglichen, was Arbeitsleistung und Vergütung betrifft? Ist die Arbeitsorganisation modern und effizient? Diese Überprüfung ist nicht als einmaliger Vorgang zu verstehen. Es gilt regelmäßig im Auge zu behalten, welche Probleme in der Zusammenarbeit entstehen, wie sich Arbeitsabläufe entwickeln, wo Energie verloren geht – und wo der Erfolg leicht fällt, wo die Arbeit Spaß macht und Früchte trägt.
Erfolgreiche Anwälte betrachten nie nur ihr eigenes Unternehmen, sondern interessieren sich dafür, wie die Kollegen arbeiten, was der Wettbewerb macht. Es kann für die Zukunft der Kanzlei entscheidend sein zu wissen, welchen Service Kunden erwarten, zu welchen neuen Themen Beratung gewünscht wird, wie sich der Markt verschiebt. Auch technischen Weiterentwicklungen sollte Aufmerksamkeit gewidmet werden: Was gibt es, was lohnt sich, wie sollte investiert werden?
Die Zukunft einer Kanzlei hängt nicht vom Zufall ab. Wachstum muss geplant werden! Der Anwalt sollte sich darüber klar werden, welche Inhalte ihm wichtig sind, welches Potenzial die Praxis hat, wo Chancen für neue Mandate entstehen, welches Wachstum möglich ist - im Umfang, in der fachlichen Stärke oder im wirtschaftlichen Erfolg. Dabei muss bewusst ein Gleichgewicht zwischen externen Faktoren wie der Marktlage und persönlichen Stärken und Vorlieben angestrebt und immer wieder ausbalanciert werden.
3. Persönliche Arbeitszufriedenheit. Nein, das ist kein Luxus! Die Arbeitskraft des Rechtsanwalts ist die Basis für die Existenz der Kanzlei. Sorgsamer Umgang mit der eigenen Energie ist bei Anwälten nicht die Regel; oft wird eine Fehlentwicklung erst erkannt, wenn es fast zu spät ist.
Das lässt sich vermeiden, indem im Arbeitsalltag konsequent darauf geachtet wird, welche Tätigkeiten Energie bringen und welche Energie rauben. Das hat oft damit zu tun, was man gern und leicht macht: Ein und dieselbe Aufgabe kann je nach Talent beflügeln oder frustrieren. Sind die individuellen „Energieräuber“ identifiziert, können sie delegiert oder verringert werden. Auch bestimmte Menschen und Beziehungen können viel Energie kosten; dann muss, eventuell mit einem erfahrenen Berater, ein Weg gefunden werden, wie der Umgang leichter gestaltet werden kann.
Arbeitsüberlastung ist kein Statussymbol. Wenn spät abends in der Kanzlei noch Licht brennt, wirkt das vielleicht auf die Nachbarn beeindruckend. In Wirklichkeit verschlechtert Überlastung nur die Leistung, sie wirkt sich negativ auf die gesamte Lebenszufriedenheit aus und kann die Existenz der Kanzlei gefährden. Oft schleicht sie sich ein: Wenn die Anforderungen steigen, wird einfach immer mehr gearbeitet, bis der Überblick ganz verloren geht. Der Anwalt gerät in einen Teufelskreis aus steigendem Druck, immer mehr Arbeit, Problemen im Privatleben und mit der Gesundheit. Er verschleißt sich im vergeblichen Versuch, allen Ansprüchen gerecht zu werden.
Um die dritte Säule des Erfolgs - die persönliche Arbeitszufriedenheit - nicht zusammenbrechen zu lassen, sollte der Anwalt regelmäßig für Abstand sorgen und Überblick gewinnen. Dafür lohnt es sich, einen festen Termin mit sich selbst oder mit einem externen Berater zu machen. Einfache organisatorische Maßnahmen können viel Erleichterung bringen: E-Mails nur zu festen Zeiten bearbeiten, Sprechzeiten einführen, das Handy zwischendurch abschalten. Ständige Erreichbarkeit ist kein Muss. Ein wenig Abstand ist auch wichtig, um Erfolge erkennen und würdigen zu können - eine Voraussetzung dafür, berufliche Stärken sichtbar zu machen und die Kanzlei in die richtige Richtung weiter zu entwickeln: als fachlich versierter Anwalt, als wirtschaftlich denkender Unternehmer und als zufriedene Persönlichkeit.