Neue Trends in der Personalvermittlung von Juristen

von Britta Rottmann, Legal People

Seit einigen Jahren lässt sich auf dem Gebiet der Personalvermittlung von Juristen ein interessanter Trend feststellen: Kanzleien und Unternehmen greifen bei der Suche nach Anwälten bzw. Syndici in verstärktem Maß auf externe Vermittler zurück; dabei nehmen Sie nicht mehr wie früher die Dienste branchenübergreifend tätiger Personalvermittler („Allrounder“) in Anspruch, sondern beauftragen spezialisierte, juristisch erfahrene Vermittler mit der Suche. Dieser Trend lässt sich zum einen auf die spezifischen Anforderungen des juristischen Arbeitsmarktes – Nachfrage nach Juristen mit Spezialkenntnissen – zurückführen, zum anderen aber auch auf den Wunsch vieler Kanzleien und Unternehmen, dass der Vermittler selber über einschlägige juristische Erfahrung verfügen möge: Er soll möglichst aus eigener Anschauung wissen, wie sich die Arbeit eines Anwalts in einer Kanzlei gestaltet, er soll einmal erlebt haben, wie die Rechtsabteilung eines Unternehmens „tickt“. Nur dann, so sagen viele Kanzleimanager und Unternehmensjuristen, kann er ihnen auch erfolgreich einen adäquaten neuen Kollegen präsentieren.

Neben diesem schon länger anhaltenden Trend zeichnen sich weitere spannende Neuerungen bei der Personalvermittlung von Juristen ab:

Interimjuristen

Ein Novum auf dem deutschen Markt ist der Einsatz von sog. Interimjuristen. Darunter versteht man Juristen, die auf Zeit, z.B. bei neuen Projekten, aber auch im Vertretungsfall, für ein Unternehmen bzw. eine Kanzlei tätig werden. Während in Deutschland der Einsatz von Interimkräften bisher hauptsächlich im Managementbereich praktiziert wird, ist die Arbeit mit Interimjuristen in anderen europäischen Ländern (z.B. den Niederlanden und Großbritannien) seit Jahren ein fester Bestandteil der Personalvermittlung. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand:

  • Kanzleien und Unternehmen haben schon aus Gründen der Kostenersparnis ein großes Interesse daran, für zeitlich begrenzte Projekte keine neue Arbeitsstelle zu schaffen. Dies gilt insbesondere in Zeiten der Finanzkrise.
  • Mithilfe einer schnellen Vermittlung durch spezialisierte Personalberater ist der Einsatz von Interimjuristen in kürzester Zeit möglich. Dies stellt einen enormen Vorteil gegenüber der aufwändigen Suche nach einem passenden (Syndicus-)Anwalt im Rahmen einer befristeten Festanstellung dar.
  • Da es sich bei Interimjuristen regelmäßig um berufserfahrene Juristen mit einem hohen Maß an praktischer Kompetenz und Brachenkenntnissen handelt, entfallen langfristige Einarbeitungsprozesse. Der Einsatz kann sofort erfolgen.

Schon heute verfügen auf die Vermittlung von Juristen spezialisierte Personalvermittler aus diesen Gründen über eigene Interim- Datenbanken, die den sofortigen Zugriff auf einen Pool von erfahrenen Interimjuristen ermöglichen.

Tätigkeit außerhalb klassischer juristischer Berufe

Ein weiterer, nun schon länger anhaltender Trend ist die Vermittlung von Juristen in nicht klassische juristische Berufe. So werden immer wieder Juristen in Funktionen, die früher kaum mit Juristen besetzt wurden, vermittelt. Als Beispiel sei der Bereich Compliance genannt, der noch vor einigen Jahren fast ausschließlich Wirtschaftswissenschaftlern oder IT-Spezialisten vorbehalten war. Auch in Personalabteilungen, im Management, im Zeitungs- und Verlagswesen und in der Politik sind Juristen nach wie vor sehr präsent. Der Grund hierfür dürfte in der zunehmenden Verrechtlichung und Komplexität wirtschaftlicher Vorgänge liegen, für deren Durchdringung juristische Kenntnisse, gepaart mit strukturiertem Denken, erforderlich sind. Weiterhin erwirbt eine nicht geringe Anzahl an Juristen zusätzliche wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse, z.B. im Rahmen eines MBA-Studiums. Diese Zusatzqualifikationen in Verbindung mit der juristischen Ausbildung machen die Rechtswissenschaftler zu attraktiven Arbeitnehmern auch außerhalb der klassischen juristischen Berufsfelder und zu einer ernsthaften Konkurrenz für Betriebswirte.

Juristisches Home Office

Der aktuellste Trend in Sachen juristische Personalvermittlung kommt aus den Niederlanden: das juristische Home Office. Dabei werden Juristen für einen – wechselnden – Auftraggeber von ihrem jeweiligen Standort aus, der auch im Ausland liegen kann, tätig, indem sie für ihn fallweise Arbeiten in ihrer Heimatrechtsordnung erledigen. Besonders attraktiv ist diese neue Organisationsform für Juristen, die sich der Erziehung Ihrer Kinder widmen möchten oder aber ihrem Partner ins Ausland folgen müssen. Bei den „in Heimarbeit“ zu erledigenden Aufträgen handelt es sich regelmäßig um solche, die nicht besonders eilbedürftig sind. Typische Beispiele dafür sind die Neugestaltung von Gesellschaftsverträgen, die Überarbeitung von Satzungen oder AGBs, die Anpassung von Formularen an die aktuelle Rechtslage oder Projektsowie Gutachtertätigkeit zu Spezialfragen. Neben den fachlichen Qualifikationen sind für den Heimarbeitsplatz allein Internet-, Fax- und Telefonanschluss sowie ein Zugang zu einer juristischen Datenbank vonnöten, was ein flexibles Arbeiten unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsort möglich macht.
Das Vermittlungsprozedere gleicht im Wesentlichem dem der Interimvermittlung: Zunächst stellt der Personalvermittler dem Auftraggeber einige, zum jeweiligen Auftrag passende Kandidaten vor, die er in seiner Datenbank speziell für solche Tätigkeiten erfasst hat. Nachdem sich der Auftraggeber für einen Kandidaten entschieden hat, legen dieser und der Kandidat gemeinsam das im Home Office zu bearbeitende Pensum fest. Aufgrund der bis dato durchweg positiven Erfahrungen auf dem niederländischen Personalvermittlungsmarkt bestehen Überlegungen, dieses Modell der Personalvermittlung auch auf dem deutschen Markt zu etablieren.

Fazit: Bei der Personalvermittlung von Juristen in Deutschland sind zunehmend Modelle gefragt, die bisher nur im Zusammenhang mit anderen Branchen und Ländern im Gespräch waren. Dies hat zur Folge, dass an die Stelle der bisherigen Form juristischer Festanstellung oder partnerschaftlicher Tätigkeit flexiblere und individuellere Beschäftigungsmodelle treten.

Quelle NJW 37/2010