Digitalisierungstreiber Pandemie: umgesetzte Veränderungen und zukünftige Chancen

Im Interview mit Benjamin Muxfeldt und Tobias Müller

Ein Einblick in den digitalisierten Arbeitsalltag der multidisziplinären Kanzlei Möhrle Happ Luther in Hamburg.

Wie hat die Pandemie Ihren Arbeitsalltag verändert (Stichwort Digitalisierung/Software)?

Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir innerhalb von zwei Wochen alle Kolleg*innen mit mobilen Arbeitsgeräten ausgestattet, sodass wir seitdem räumlich und zeitlich sehr flexibel arbeiten. Die dazu nötige Software begleitet uns auch heute noch in Form digitaler Kommunikationsmittel, wie Teams, oder Methoden wie dem „Morning Call“, die einen persönlichen Austausch ermöglichen. Daneben haben sich Anforderungen an die Soft Skills geändert. So erfordert das Mehr an Flexibilität Klarheit, gegenseitiges Vertrauen, Eigeninitiative und Offenheit. Daneben hat die verstärkte Arbeit im Homeoffice das Bewusstsein und die Wertschätzung für menschliche Begegnungen als Basis einer erfolgreichen Zusammenarbeit geschärft.

Welche Veränderungen werden in Ihrer Kanzlei auch nach der Pandemie beibehalten werden?

Flexible Arbeitsformen, wie die Tätigkeit im Homeoffice, bieten wir unseren Mitarbeiter*innen auch weiterhin an. Gleichzeitig nutzen wir die Möglichkeiten vor Ort beispielsweise durch Desk Sharing effizienter. Daneben hat sich die digitale Kommunikation als gute Ergänzung zu analogen Meetings bewährt und wird je nach Bedarf der Mitarbeiter*innen und Mandanten fortgesetzt. Auch unser weiterentwickeltes Mindset wird nachhaltig wirken. Wir sind in mancher Hinsicht noch mutiger, flexibler und entscheiden einfach noch schneller.

Welche Arbeitsprozesse wurden optimiert bzw. abgewandelt?

Die Voraussetzungen zur komplett digitalen Auftragsbearbeitung waren bereits vor 2020 geschaffen. Die letzten organisatorischen Anpassungen erfolgten dann im Rahmen der Pandemie. Ergänzt wurden lediglich weitere Tools zur digitalen Kommunikation.

Gesunkene Reisezeiten aber damit höhere Verfügbarkeit 

In welchen Bereichen der Steuerberatung lassen sich durch gezielte Umstellungen konkrete Einsparungen festmachen?

Einsparungen entstehen unmittelbar durch gesunkene Reisezeiten bei gleichzeitig höherer Verfügbarkeit für eine Vielzahl von Beratungssituationen. Mittelbar ergeben sich Einsparungen unter anderem aus der besseren Verfügbarkeit aller relevanten Informationen – insbesondere in der multidisziplinären Zusammenarbeit. 

Zum anderen tauschen wir uns durch die Weiterentwicklung unserer Besprechungskultur effizienter bei höherer Qualität aus.

Wie lässt sich ermitteln, in welchen Bereichen sich eine Umstellung lohnt?

Wir haben uns in vielen Bereichen von sehr formalen, langsamen und unflexiblen Entscheidungswegen gelöst. Unsere Mandanten und Mitarbeiter*innen stehen bei allen Überlegungen im Mittelpunkt. Dafür haben wir Systeme etabliert, welche es uns ermöglichen, sinnvolle Weiterentwicklungen zu identifizieren, beispielsweise mittels eines Vorschlagsmanagements samt Nutzenbewertung. Sind unsere Expertenteams vom Nutzen überzeugt, starten wir mit den ersten Umsetzungsschritten und einer „produktbezogenen“ Bearbeitung in kleinen, spezialisierten Teams. Dabei entscheiden wir zwar schnell, agieren aber langfristig. Wichtig dabei ist es, die Arbeitsprozesse grafisch zu modellieren und systemisch zu unterstützen.

Mandanten schätzten die persönliche Nähe durch Videokonferenzen

Wie wirken sich die Neuerungen auf die Zusammenarbeit mit Ihren Mandanten (m/w/d) aus? Welche Entwicklungen sind dabei besonders auffallend und interessant?

Bei der Ad-hoc-Beratung schätzen die Mandanten die größere persönliche Nähe durch Videokonferenzen. Hinzu kommt eine schnellere und damit direktere Kommunikation durch Chats anstelle von E-Mails. Daneben hat sich der digitale Datenaustausch etabliert. Damit sind inzwischen deutlich schnellere, effizientere und übersichtlichere Abläufe möglich. Nicht zu vergessen ist außerdem die höhere zeitliche und interdisziplinäre Verfügbarkeit für unsere Mandanten.

Wo gibt es Ihrer Meinung nach noch Verbesserungsbedarf?

Unser Ziel ist es, zum einen unsere Multidisziplinarität digital noch erlebbarer zu gestalten und zum anderen die Organisationsberatung um die weitere Vernetzung zur Systemlandschaft des Mandanten zu optimieren. Verbesserungspotenzial liegt außerdem im verstärkten Einsatz von Webanwendungen für unsere Mandanten.

Welche Tipps würden Sie Kollegen (m/w/d) in Ihrem Bereich geben?

Mein erster Tipp wäre: Stärkt die Mitarbeiter; also schenkt ihnen Vertrauen und übertragt ihnen Verantwortung! Tipp zwei lautet: Sorgt für Klarheit und Verlässlichkeit, d. h. legt einen Handlungsrahmen fest und gebt damit Sicherheit! So lassen sich Herausforderungen der Neuerungen am besten bewältigen. Dabei sollte nicht vergessen werden, die errungenen Erfolge gemeinsam zu feiern, denn Problemlösung ist immer eine Gemeinschaftsaufgabe.

Worauf sollte man bei der Wahl einer Software im Steuerberatungsbereich unbedingt achten?

Aus unserer Sicht geht es gerade nicht nur darum, die „beste Software“ auszuwählen, sondern insbesondere auch um die optimale Einbindung in die Prozesslandschaft. In unserer vernetzten Welt geht es heute viel mehr darum, interne und unternehmensübergreifende IT-Prozesse optimal zu organisieren.

Wie schätzen Sie zukünftige Entwicklungen ein? Was wird dadurch einfacher werden? Wo sehen Sie mögliche Gefahren (z.B. hinsichtlich Datensicherheit)?

Unser Geschäftsmodell und auch die vieler unserer Mandanten sind und werden noch mehr datengetrieben. Das bringt uns einerseits viele Beratungsansätze und neues Handwerkszeug, fordert andererseits aber auch viel Aufmerksamkeit. Wir sind neugierig und entwickeln uns strukturell stetig weiter. Aktuell haben wir mit unserem CDO eine neue Rolle im Unternehmen geschaffen, um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Statt Gefahren sehen wir vor allem Chancen. Zum Beispiel darin, dass unsere Mitarbeiter*innen noch mehr Möglichkeiten haben, sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen.

Wie vermittle ich die Umstellung meinen Mandanten (m/w/d)? Wie kann ich als vermittelnde Instanz wertvolle Tipps und Informationen bereitstellen, die die Zusammenarbeit erleichtern?

Wie immer, wenn Menschen zusammenarbeiten, steht deren Beziehung im Mittelpunkt. Durch unsere vertrauensvolle und oft langjährige Zusammenarbeit entwickeln wir uns gemeinsam mit unseren Mandanten weiter. Im Rahmen der Pandemie wurde der bereits beschrittene Weg lediglich bestätigt. Daher wollen wir das Gelingen nicht an einzelnen Handlungen oder Informationen festmachen, sondern bleiben bei unserer kontinuierlichen Begleitung und neugierigen, zukunftsorientierten Haltung.

 

Hinweis zu den Interviewpartnern:

Benjamin Muxfeldt
Partner und Steuerberater in der
Kanzlei MÖHRLE HAPP LUTHER

Tobias Müller
Partner, Steuerberater und Dipl.-Finanzwirt (FH)
in der Kanzlei MÖHRLE HAPP LUTHER