Mitarbeiterorientierte Führung: Ein entscheidender Faktor für ein nachhaltig gesundes, attraktives und Potential förderndes Arbeitsumfeld

von Diane Manz

Was gibt es Besseres als ein gut aufeinander eingespieltes, erfolgreiches und zufriedenes Team? Niedrige Fluktuation, wenig Krankheitstage, gutes Betriebsklima, motivierte Mitarbeitende und zufriedene MandantInnen. Kosten und Aufwand für Rekrutierung und Konfliktlösung sinken, Produktivität und Umsatz steigen. Dass Mitarbeiterbindung sich lohnt, ist unumstritten. Wie aber schafft man es, diese langfristig an die Kanzlei oder das Unternehmen zu binden und darüber hinaus ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem alle den Ihnen gestellten Herausforderungen gewachsen sind, physisch und psychisch gesund bleiben und ihr volles Potential entfalten können?

Das Zauberwort an dieser Stelle heißt… Nein, nicht Personalabteilung. Es heißt Führung, und zwar nicht von oben in Prozesse gezwängt, in nicht gelebten Werten abgebildet oder lediglich in vermeintlicher Wertschätzung finanzieller Art ausgedrückt. Es heißt Führung durch unmittelbare Vorgesetzte, also ManagerInnen bzw. zuständige PartnerInnen. Natürlich schließt das nicht aus, dass Projekte zu Themen wie z.B. Unternehmenskultur, Wellbeing, Vielfalt & Einbindung oder Transparenz von Karrierewegen von anderen Abteilungen angestoßen werden. Aber ohne deren konsequente Umsetzung durch das direkte Management bzw. die Partnerschaft verlaufen die meisten dieser Kampagnen im Sand und das frustriert oft doppelt. Zufriedenheit, Gesundheit und Bindung von Mitarbeitenden und damit auch deren Arbeitserfolg, steht und fällt mit der unmittelbaren Führungskraft.

Die Herausforderungen werden immer größer

Die Anforderungen der Arbeitswelt haben sich in den letzten Jahren massiv geändert. Multitasking, erhöhte Anforderungen an Flexibilität, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit, Digitalisierung sowie die immer stärkere Vermischung zwischen Privat- und Berufsleben, die aktuell aufgrund von COVID-19 ihren Höhepunkt erreicht – die Herausforderungen werden immer größer und ebenso die damit verbundenen stressbedingten Leistungseinbußen und Gesundheitsbeeinträchtigungen. Hierfür muss die Führungskraft im allerersten Schritt das nötige Verständnis aufbringen und signalisieren können, dass sie als Ansprechpartner und als Unterstützung zur Verfügung steht. Hier scheitert es leider schon oft. Gemäß einer Studie der Allianz zur psychischen Belastung am Arbeitsplatz (2016) geben drei Viertel (71%) der befragten Arbeitnehmer an, das Gefühl zu haben, im Arbeitsalltag größerer psychischer Belastung ausgesetzt zu sein, als für ihre Gesundheit gut ist. Aber nur jeder Vierte (26%) gibt an, darüber mit der direkten Führungskraft reden zu können. Eine ziemlich traurige Vorstellung.

Man könnte einwenden, in unserem Unternehmen bzw. in unserer Kanzlei gibt es nur ganz wenig bis gar keine Fälle von stressbedingten Leistungseinbußen oder psychischen Erkrankungen. Das mag sein. Das kann aber verschiedene Gründe haben. Zum einen können Sie nur schwer abschätzen, welches Potential Ihrer Mitarbeitenden durch eine gesündere und stärker mitarbeiterorientierte Führungskultur freigesetzt werden könnte. Und zum anderen muss man bei ‚schlechter Führung‘ nicht zwingend krank werden. Man kann auch einfach gehen. Solange also nicht auch die Fluktuation niedrig ist, lohnt es sich, über eine Optimierung der Führungskultur nachzudenken.

Was macht eine gute Führungskraft aus?

Stellt sich als nächstes die Frage, was nun eine gute mitarbeiterorientierte Führungskraft ausmacht. Aus meiner Sicht sind hier folgende Punkte zentral:

1. Die Fähigkeit, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, die dem Mitarbeitenden signalisiert, dass er oder sie als Mensch gesehen wird und nicht nur als Funktion. Das beinhaltet einen gewissen Vertrauensvorschuss sowie das Interesse an der Person als solches und an ihrer persönlichen, fachlichen und karriereorientierten Entwicklung.

2. Eine wertschätzende Haltung, die auf Respekt, Wohlwollen und Anerkennung gründet. Hier geht es mehr um kleine Gesten als um große finanzielle Zuwendungen.

3. Das Erschaffen eines angstfreien Arbeitsumfelds mit einer konstruktiven Fehlerkultur und damit Raum für optimale Lernprozesse und Innovation. Ebenso wichtig ist hier der entsprechend professionelle Umgang mit Konflikten.

Verbunden mit der klaren Kommunikation von Zielen und Erwartungen sollte es der Führungskraft so möglich sein, die einzelnen Teammitglieder entsprechend Ihrer Fähigkeiten einzusetzen und zu fördern und angemessene Anerkennung zu geben. Das fördert Handlungsspielraum, Umgang mit Herausforderungen und nicht zuletzt Erfolg. Eine gute Basis für Gesundheit, Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung – und wenn man es erst mal kann, gar nicht teuer.

Es ist Kanzleien und Unternehmen zu empfehlen, Ihre Führungskräfte im Aufbau und in der Anwendung dieser Führungskompetenzen zu unterstützen, sei es durch entsprechende Trainings oder individuelles Coaching, und es Ihnen zu ermöglichen, als Vorbild voranzugehen – sowohl im Hinblick auf das „Leben“ der Führungs- und damit auch Umgangskultur als auch im Sinne der Selbstführung und dem Erhalt der eigenen gesunden Leistungsfähigkeit.

 

Über die Autorin:

Diane Manz
Dipl.-Psychologin und systemischer Business Coach