Konfliktmanagement und Mediation im öffentlichen Recht

von Dr. Rainer Voß

 

Mediation? Konfliktmanagement? Was haben diese Aspekte mit der täglichen Arbeit in einer mittelständischen Kanzlei zu tun, die mittlerweile seit über 60 Jahren schwerpunktmäßig auf dem gesamten Gebiet des öffentlichen Rechts sowie des Zivilrechts rund um die Immobilie tätig ist? Gerade das öffentliche Bau- und Planungsrecht, das Planfeststellungsrecht sowie das Umweltrecht sind Themengebiete, in denen oftmals verschiedene Akteure  – etwa Genehmigungsbehörde, Kommunen, Investoren, Anwohner und Umweltverbände  – mit jeweils unterschiedlichen Interessen in einem Spannungsfeld aufeinandertreffen. Hinzu kommt, dass viele Großprojekte ohne eine generelle Akzeptanz bzw. Befürwortung der Verwaltung/Politik kaum realisierbar sind. Gleichzeitig ist die öffentliche Hand allerdings auch interessiert daran, dass gewisse Vorhaben realisiert werden, um zur Attraktivitätssteigerung oder jedenfalls dem Erhalt der Standortqualität beizutragen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass in solchen Mehrparteienkonflikten nur in den seltensten Fällen eine ausschließlich juristische Betrachtungsweise zielführend ist. Das vorrangige Ziel einer interessengerechten Vertretung möglichst ohne zeitraubende gerichtliche Auseinandersetzungen erfordert vielfach Verhandlungsgeschick. Neben entsprechender juristischer Fachexpertise bedarf es dafür insbesondere einer überzeugenden Kommunikationsstrategie. An diesem Punkt kommen dann Mediation sowie andere Formen des Konfliktmanagements zum Tragen.

Mediation

Mediation meint die Einschaltung eines neutralen und allparteilichen Dritten zur Vermittlung in Zwei- und Mehrparteienkonflikten, ohne dass dem Mediator eine Entscheidungsbefugnis zusteht. Zentraler Ansatzpunkt der Mediation ist daher, dass die Entscheidungsgewalt bei den Konfliktparteien bleibt. Der Mediator hat allein die Aufgabe, die Streitursachen zu ermitteln, Interessen der Parteien herauszuarbeiten und bei der Entwicklung gemeinsamer Problemlösungen zu unterstützen. Auf diese Weise kann schnell, kostengünstig, vertraulich und fair eine Auseinandersetzung durch Abschluss einer Vereinbarung beendet werden. Eine wesentliche Aufgabe des AnwaltMediators besteht darin, frühzeitig zu erkennen, ob die vorliegende Konstellation überhaupt für ein Mediationsverfahren geeignet ist. Anhaltspunkte können neben der rechtlichen Zulässigkeit insbesondere die Kompromissbereitschaft und der Bindungswille der Parteien sowie das Vorliegen von Verhandlungsanreizen sein. Klassische Anwendungsfelder eines Mediationsverfahrens sind neben dem Planaufstellungsverfahren die Bauleitplanung sowie Nachbarschaftsstreitigkeiten im Zuge einer erteilten Baugenehmigung. Insbesondere in letzteren Fällen wird es schnell emotional und es geht häufig nicht mehr um den ursprünglichen Streitpunkt, sondern um das Prinzip. Aufgrund der räumlichen Nähe ist eine Entspannung kaum möglich, sodass eine gütliche Einigung häufig nur mit externer Hilfe erreicht werden kann. Durch die Mediation kann nicht nur eine zeitsparende und kostengünstigere Lösung gefunden werden, sondern auch das zukünftige Miteinander verbessert werden. Ebenso kann es beispielsweise bei der Beratung eines Investors im Planaufstellungsverfahren hilfreich sein, auf die Möglichkeit von Mediationsverfahren hinzuweisen, bevor ein investives Engagement des Mandanten durch Normenkontrollantrag, Widerspruch und einstweiliges Rechtsschutzverfahren bedroht wird.

Konfliktmanagement

Das Mediationsverfahren ist allerdings nicht immer das geeignete Mittel zur Konfliktlösung. Rechtliche oder auch tatsächliche Aspekte können einer solchen Konfliktbeilegung im Wege stehen. Einige Elemente der Mediation können aber auch abseits des klassischen Mediationsverfahrens erfolgreich angewendet werden. In diesen Fällen kommt es dann häufig darauf an, die Rolle als Interessenvertreter einer Partei mit Mitteln der Mediation wahrzunehmen. In Gesprächen geht es dann unter anderem darum, nicht nur den eigenen Standpunkt darzulegen, sondern insbesondere auch die Empfindlichkeiten und Interessen der anderen Akteure herauszuarbeiten und in die weiteren Überlegungen mitaufzunehmen. Die Schaffung gegenseitigen Verständnisses kann für den weiteren Verlauf der Projektplanung entscheidend sein. So mag es zielführend sein, auf die hinter einer Position bzw. Haltung stehenden Interessen eines Akteurs abzustellen. Auf diese Art und Weise stellt sich vielfach heraus, dass gar keine umfassende Blockadehaltung vorhanden ist. Vielmehr werden beispielsweise nur einzelne Aspekte oder Begleiterscheinungen eines Vorhabens abgelehnt. In diesen Fällen können dann Modifikationen oder alternative Lösungswege geprüft werden. Die Bandbreite von möglichen Interessen ist groß, so dass mitunter auch Kreativität und die Bereitschaft zu unkonventionellen Lösungswegen erforderlich sind. Letztlich können durch gezielte Strategien des Konfliktmanagements viele zu Beginn eher ablehnend betrachtete Projektvorhaben noch realisiert werden, indem beispielsweise anfängliche Befürchtungen und Skepsis beseitigt und gleichzeitig neue Entwicklungspotenziale aufgezeigt werden können. Die eigene Erfahrung zeigt, dass gerade das Auftreten und somit die Art und Weise der Kommunikation mit den anderen Beteiligten ein wichtiger Grundstein für eine erfolgreiche Projektrealisierung ist. Viele Umstände bringen es mit sich, dass Verhandlungsstrategien und Vorgehensweisen permanent hinterfragt und bei Bedarf angepasst werden müssen. Mit anderen Worten bleibt die Begleitung einer Projektentwicklung meist sehr dynamisch, facettenreich und herausfordernd.

Fazit

Eine erfolgreiche Mandantenvertretung in den oben genannten Themengebieten erfordert daher neben der juristischen Expertise regelmäßig ein überzeugendes Konfliktmanagement. Erst das Zusammenspiel von fachlicher und sozialer Kompetenz ebnet den Weg für eine erfolgreiche Interessenvertretung. Eine verständigungsorientierte Gesprächsführung ist oftmals der Schlüssel zum Erfolg. Das Bestreben nach einer konsensualen Konfliktlösung stößt in der praktischen Umsetzung aber auch regelmäßig auf Herausforderungen, deren Bewältigung oftmals Ausdauer und Kreativität abverlangt. Dies ist jedoch wiederum Grund dafür, dass in diesem Tätigkeitsfeld jedes Mandat seine Eigenheiten aufweist und dazu beiträgt, dass dieser Arbeitsplatz stets abwechslungsreich, interessant und herausfordernd bleibt.

 

Über den Autor:

Dr. Rainer Voß
Fachanwalt für Verwaltungsrecht und AnwaltMediator