Herausforderungen und Chancen einer berufsbegleitenden Promotion

Von Dr. Fabian Bitzer

Nach dem Referendariat steht üblicherweise der Berufseinstieg an. Bei wissenschaftlichem Interesse stellt sich die Frage, ob vor dem Einstieg in den Beruf noch eine Promotion erfolgen soll. Berufseinstieg und Promotion können aber auch gleichzeitig in Angriff genommen werden. So können Wissenschaft und Praxis auf besonders reizvolle Weise kombiniert werden. Damit eine berufsbegleitende Promotion gelingen kann, sollten deren Besonderheiten – Herausforderungen wie Chancen – bekannt sein und bei der Planung des Vorhabens berücksichtigt werden.

Herausforderung 1: Die Rahmenbedingungen

Die wohl größte Herausforderung einer berufsbegleitenden Promotion liegt darin, dass zeitgleich zwei bedeutende Projekte begonnen werden: der Übergang von der Ausbildung in den Beruf und die Erstellung einer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit. Zunächst sollte daher mit dem Arbeitgeber eine reduzierte Arbeitszeit vereinbart werden. Die Anfertigung einer Dissertation neben einer Vollzeitstelle erscheint kaum aussichtsreich.

Welches Arbeitszeitenmodell gewählt wird (z.B. Drei-Tage-Woche, Vier-Stunden-Tag oder in bestimmten Abständen eine Woche frei), ist freilich Geschmackssache und hängt neben den eigenen Vorlieben auch von den Erfordernissen der Arbeitsstelle ab. Entscheidend ist, dass ein regelmäßiges und konzentriertes Arbeiten an der Dissertation gewährleistet ist und die Vereinbarung von allen Beteiligten entsprechend gelebt wird.

Auch mit dem Betreuer oder der Betreuerin des Promotionsvorhabens sollte vorab geklärt werden, dass die Dissertation berufsbegleitend erstellt wird. Bei einer berufsbegleitenden Promotion muss naturgemäß mit einer längeren Dauer der Erstellung der Dissertation gerechnet werden als bei anderen Promotionsmodellen. Auch persönliche Absprachen und die Präsenz am Lehrstuhl gestalten sich schwieriger.

Hierüber sollten sich die Beteiligten im Klaren sein und sich damit arrangieren können. Sicherlich ist es dabei von Vorteil, wenn man Betreuer bzw. Betreuerin und Arbeitgeber bereits aus Studium oder Nebentätigkeit kennt.

Ort und konkrete Ausgestaltung des Arbeitsplatzes zur Erstellung der Doktorarbeit hängen wiederum von den eigenen Vorlieben ab. Auch im Internetzeitalter ist die Nähe zu einer größeren Universitäts- oder Staatsbibliothek von unschätzbarem Wert.

Daneben sollte die Finanzplanung ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, schließlich ist bei reduzierter Arbeitszeit auch mit (im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung) reduziertem Einkommen zu rechnen. Hier kann ein Zuschuss des Arbeitgebers helfen.

Herausforderung 2: Parallel forschen und arbeiten

Nachdem die Rahmenbedingungen geklärt sind, besteht die nächste Herausforderung darin, im Alltag sowohl den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden als auch kontinuierlich an der Dissertation zu arbeiten. Es sind gutes Zeitmanagement und Flexibilität aller Beteiligten gefragt.

Auch als Berufsanfänger sollte man darauf bestehen, dass die vereinbarten Rahmenbedingungen eingehalten werden. Andererseits darf man selbst aber auch nicht die Flexibilität vermissen lassen, die notwendig ist, um  berufiche Fristen und Termine einzuhalten. Gegen etwaige Motivationstiefs können Hobbys und regelmäßige Urlaube helfen.

Chancen einer berufsbegleitenden Promotion

Neben großen Herausforderungen bietet eine berufsbegleitende Promotion aber auch zahlreiche Chancen, die sich aus der Verbindung von Wissenschaft und Praxis ergeben. Dies fängt bereits bei der Themensuche an. Hier kann man sich von den vielfältigen Problemen in der Praxis der Juristerei inspirieren lassen.

Hat man sich für die Bearbeitung einer praxisrelevanten Problemstellung entschieden, können Aufsätze und Vorträge zum eigenen Themengebiet nicht nur für das eigene wissenschaftliche, sondern auch für das berufliche Fortkommen nützlich sein. Auf Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen lassen sich interessante Kontakte knüpfen.

Ein Engagement in einer der vielen juristischen Gesellschaften und Vereinigungen ist daher sehr empfehlenswert. So lassen sich gleichzeitig wissenschaftliche wie berufliche Erfahrungen sammeln. Im Ergebnis hat man nach Fertigstellung der Dissertation sodann vielfältige Erfahrungen und Kontakte, die auch für den weiteren beruflichen Weg nützlich sein können.

Fazit

Bei einer berufsbegleitenden Promotion sind zwar einige Herausforderungen zu meistern, es können aber auch zahlreiche Chancen genutzt werden. Entscheidend für den erfolgreichen Abschluss dieses Vorhabens sind neben der Begeisterung für das eigene Thema und der Freude am wissenschaftlichen Arbeiten die richtigen Rahmenbedingungen und die Flexibilität aller Beteiligten. Nutzt man auch die Chancen, die eine berufsbegleitende Promotion bietet, hat sich die geleistete Arbeit gleich doppelt gelohnt. 

 

Über den Autor:

Dr. Fabian Bitzer
Richter am Landgericht Stuttgart und Mitherausgeber des »Handbuch Insolvenzrecht in Europa« (Verlag C.H.Beck). Nach dem Referendariat promovierte er an der Ludwig-Maximilians-­Universität München bei Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Kindler über die »Systemfragen der Insolvenzanfechtung« im deutsch-italienischen Rechtsverkehr. Während der Erstellung der Dissertation bis zu ihrer Veröffentlichung war er als Rechtsanwalt, Richter und Staatsanwalt tätig.

 

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