Was macht man eigentlich als Volljuristin an einem Landratsamt?

Von Julia Meyer

Während meines Referendariats erhielt ich die Möglichkeit, zum ersten Mal das Berufsbild einer Volljuristin in der Allgemeinen Inneren Verwaltung kennenzulernen. Bereits die Leiterin meiner Arbeitsgemeinschaft gab uns eine Idee davon, welche unterschiedlichen Tätigkeiten in der Verwaltung zu finden sind.

Ob als Proberichterin am Verwaltungsgericht, als Abteilungsleiterin am Landratsamt oder als hauptamtliche AG-Leiterin – so einiges schien möglich zu sein, je nach Interesse und Neigung. Dieses Bild einer abwechslungsreichen Tätigkeit bestätigte sich in meiner Verwaltungsstation am Landratsamt und später in der Wahlstation in einem staatlichen Museum.

Was jedoch alle Stellen gemeinsam hatten, war die Möglichkeit, sich bei gesellschaftlichen Themen einzubringen und diese mitzugestalten. So entschied ich mich nach dem Examen für den Weg in die Allgemeine Innere Verwaltung.

Was aus dem ersten Einblick wurde

Nach einem Bewerbungsgespräch mit dem Innenministerium und der Regierung von Mittelfranken führte mein Weg zum Landratsamt, wo ich nun als Abteilungsleiterin für Jugend, Familie und Soziales tätig bin. Dabei bin ich im Wesentlichen dafür verantwortlich, dass der Betrieb der Abteilung möglichst reibungslos läuft.

Hier gilt es, den Überblick über die laufenden allgemeinen sowie die besonderen Angelegenheiten der Abteilung zu behalten. Dazu gehören die Verwaltung und Organisation der Abteilung, insbesondere hinsichtlich grundlegender Themen, wie etwa die Digitalisierung oder Optimierung von Prozessen. Eine weitere Aufgabe ist die Betreuung von Personalangelegenheiten.

Als Führungskraft habe ich eine Leitungs- und Lenkungsfunktion inne und bin Ansprechpartnerin für komplexere Fragestellungen oder einfach nur für einen guten Rat. Einzelne rechtliche Probleme sind ebenfalls zu lösen, dies aber je nach Abteilung in unterschiedlichem Umfang.

Eine Besonderheit am Landratsamt besteht darin, dass die Abteilungsleitung eine Schnittstelle zwischen Abteilung und Landrätin bzw. Landrat darstellt – und zwar in beide Richtungen. Aufgrund der Nähe zur Landrätin oder zum Landrat als direkten Vorgesetzten kommt man in Kontakt mit Politik, Presse und einzelnen Bürgerinteressen. Durch die Arbeit in den Gremien, die Begleitung größerer kommunaler Vorhaben oder die Bearbeitung von Bürgeranliegen besteht eine Verbindung zur Kreispolitik.

Dabei sind verträgliche Kompromisse zu finden, die die unterschiedlichen Sichtweisen aus Verwaltung und Politik vereinen. Dies bietet auch die Chance für kreative Lösungen. Letztlich hat man mit der Funktion der Abteilungsleitung eine verantwortungsvolle Aufgabe, die vom ersten Tag an, insbesondere auch als Berufseinsteigerin, einiges abverlangen kann. Es gilt, pragmatische, schnelle und gleichzeitig rechtlich vertretbare Ergebnisse zu erzielen.

Zugleich sitzt man jedoch nicht nur am Schreibtisch, sondern ist im alltäglichen Kontakt mit Menschen, egal ob mit Bürgerinnen und Bürgern oder Kolleginnen und Kollegen.

Langweilige Verwaltung? Überhaupt nicht, schon gar nicht mit Corona!

Welche zentrale Rolle ein Landratsamt für das alltägliche Leben einnehmen kann, hat auch die Corona-Pandemie gezeigt. Die Kreisverwaltungsbehörde ist als Katastrophenschutzbehörde und Gesundheitsamt wichtige Akteurin bei der Bewältigung der Pandemie und steht hierbei in direktem Bürgerkontakt. Als stellvertretende Leitung der »Führungsgruppe Katastrophenschutz« unterstütze ich seit meinem Beginn am Landratsamt bei diesen Aufgaben.

Hierzu gehören etwa die wöchentlichen Lagebesprechungen mit Hilfsorganisationen und anderen Institutionen, die Logistik und Koordination von Materialien sowie die Umsetzung der aktuellen Regelungen von IfSG und BayIfSMV.

Aufgrund des dynamischen Pandemiegeschehens stehen all diese Aufgabe unter ständig wechselnden Gegebenheiten. Eine der größten Herausforderungen war die Errichtung eines Impfzentrums innerhalb nur weniger Wochen. Dabei galt es, Vertragsverhandlungen zu führen und sich beispielsweise zu überlegen, ob eine Lokalität den nötigen Strom- und Wasseranschluss vorhält.

Schwierig war aber nicht nur der enge zeitliche Rahmen, sondern auch die Berücksichtigung der vielen und häufig sehr kurzfristigen gesetzlichen Änderungen sowie der Umgang mit neuen Vorgaben höherer Behörden. Hier durfte man nicht den Überblick verlieren. Gleichzeitig stand das Geschehen unter starker Beobachtung der Öffentlichkeit und war somit auch von politischem Interesse.

Bei dem Großprojekt »Impfzentrum« waren daher die Vernetzungen zwischen Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit stark zu spüren. Das machte die tägliche Arbeit äußerst spannend und herausfordernd zugleich.

Landratsamt als Einstieg in die Allgemeine Innere Verwaltung

Das Landratsamt ist ein guter Start in die Allgemeine Innere Verwaltung, bei dem man »fürs Leben lernt«. Mit viel Verantwortung von Beginn an trifft man Entscheidungen – stets unter Abwägung der verschiedenen rechtlichen, politischen, medialen und wirtschaftlichen Faktoren.

Durch den direkten Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, aber auch die Personalverantwortung sind Führungs- und Sozialkompetenz sowie gute Kommunikation gefragt. Die konkreten Auswirkungen der eigenen Arbeit auf das tägliche Leben zu sehen sowie die praktische Anwendung des Rechts machen die Arbeit am Landratsamt besonders wertvoll.

 

Über die Autorin:

Julia Meyer
Abteilungsleiterin für Jugend, Familie und Soziales am Landratsamt Nürnberger Land. Sie studierte Rechtswissenschaft an der Universität Passau mit Auslandsaufenthalt in Pavia (Italien). Ihr Rechtsreferendariat absolvierte sie am OLG Nürnberg