Der Weg zum Volljuristen ist lang, der Weg zum spezialisierten Volljuristen noch länger. Die Regelstudienzeit wurde gerade erst Ende letzten Jahres von 9 auf 10 Semester erhöht und der durchschnittliche Jurastudierende schließt sein Studium sogar erst nach 11,3 Semestern mit dem 1. Staatsexamen ab. Das anschließende Referendariat dauert noch einmal weitere 2 Jahre bis es mit dem 2. Staatsexamen und damit der Befähigung zum Richteramt abschließt. Wer Pech hat, muss zwischen dem 1. Staatsexamen und dem Referendariat auch noch Wartezeiten in Kauf nehmen.
Mindestens 7 Jahre investieren Juristen somit in Ihre Ausbildung, aus denen schnell auch mal 8 oder 9 Jahre werden können. Und für die meisten ist auch dann noch lange nicht Schluss mit Lernen, denn die Rechtsberatungsbranche ist hoch spezialisiert. Viele absolvieren deshalb noch einen Fachanwaltslehrgang oder ein Masterstudium (LL.M.). Bei den Arbeitgebern besonders begehrt sind natürlich diejenigen, die beides vorweisen können: den Fachanwaltstitel und den akademischen Titel Master of Laws.
Bis zu 120 praktische Fälle sind zu bearbeiten
Der Fachanwaltslehrgang hat schon allein 120 Stunden reine Unterrichtszeit und zusätzlich müssen je nach Rechtsgebiet noch 40 bis 120 praktische Fälle bearbeitet werden. Ein Masterstudium schlägt regelmäßig mit weiteren 4 bis 5 Semestern zu Buche. Ein Volljurist kann seine Ausbildungszeit so ohne weiteres also noch einmal um weitere 3 Jahre oder mehr verlängern.
Wem das bisher zu lang war, der musste eben auf die eine oder andere Qualifizierung verzichten. Einige Hochschulen wollen das nun ändern. Prof. Dr. Jens Winter ist Prorektor der Hochschule Biberach (HBC) und dort unter anderem zuständig für das Thema lebenslanges Lernen.
„In einer sich so schnell verändernden Welt, wie wir sie heute haben, ist es für uns alle wichtig, dass wir nie ganz mit dem Lernen aufhören und uns stetig weiterentwickeln – und das wollen wir möglichst sinnvoll gestalten.“, sagt er. Die Hochschule bietet bereits seit einigen Jahren einen LL.M.-Studiengang Wirtschaftsrecht mit Spezialisierung auf die Bau- und Immobilienbranche an, der aus betriebswirtschaftlichen und juristischen Modulen besteht.
Wer bei ihrem Bildungskooperationspartner ARBER-Seminare einen Fachanwaltslehrgang im Bau- und Architektenrecht oder im Miet- und WEG-Recht absolviert hat und zusätzlich ein weiteres speziell für die Zielgruppe der Juristen konzipiertes Kompaktmodul belegt, kann sich nun regelmäßig die juristischen Module im Masterstudiengang anerkennen lassen.
Spezialisierung in kürzerer Zeit auf höchstem fachlichen Niveau
„Wir haben unsere Bildungsangebote inhaltlich und konzeptionell genau abgestimmt. Dadurch können die Studierenden sich in kürzerer Zeit, aber auf höchstem fachlichem Niveau spezialisieren. Sie haben anschließend sowohl den theoretischen Teil für den Fachanwaltstitel als auch den Titel Master of Laws in der Tasche“, erklärt Studiengangsleiter Prof. Dr. Dr. Norbert Geiger.
Die Hochschule Amberg-Weiden (OTH) hat gleich einen ganz neuen LL.M.-Studiengang im Medizinrecht entwickelt, der voraussichtlich zum nächsten Wintersemester starten wird und in dem die Inhalte, die für die Verleihung des Fachanwaltstitels gefordert werden, bereits komplett integriert sind. Studiengänge, die auch die Inhalte nach der Fachanwaltsordnung (FAO) beinhalten, gibt es zwar schon, neu ist aber auch in Weiden, dass ein bereits absolvierter Fachanwaltslehrgang anerkannt werden kann.
Die Vizepräsidentin der OTH Prof. Dr. Christiane Hellbach erklärt dazu: „Die einzelnen Module unseres LL.M.-Studiengangs Medizinrecht gehen inhaltlich natürlich alle weit über die nach der Fachanwaltsordnung erforderlichen Themen hinaus. Zu den Lehrinhalten gehören z. B. auch Themen wie das Recht der Telemedizin, das gerade in Zeiten von Corona ja noch einmal eine ganz neue, viel größere Bedeutung in die Praxis erlangt hat, das man im klassischen Fachanwaltslehrgang aber vergeblich suchen wird. Dies ist nur eines von vielen Beispielen.“
Für die diejenigen, die bereits einen Fachanwaltslehrgang absolviert haben, hat man daher ein kompaktes Modul geschnürt, das genau diese Themen zusammenfasst. Juristen mit Fachanwaltslehrgang können so regelmäßig direkt im 3. Semester einsteigen und müssen deutlich weniger Module absolvieren. Juristen ohne Fachanwaltslehrgang können die Themen der FAO entweder unmittelbar im LL.M.- Studiengang belegen oder aber einen Fachanwaltslehrgang an einem beliebigen Standort des Bildungskooperationspartners ARBER-Seminare besuchen.
Weitere Studiengänge nach diesem Vorbild sollen folgen. Mit den neuen Studiengängen sparen die Studierenden, die häufig ja bereits voll im Job stehen, nicht nur Zeit bei Ihrer Spezialisierung, sondern können diese auch individuell ihren Bedürfnissen anpassen. Egal, ob sie den Weg vom Fachanwalt zum LL.M. wählen oder mit dem LL.M. zum Fachanwalt werden, sie erhalten gleich zwei Titel auf einmal.
Über die Autorin:
Nadine Oeste
Rechtsanwältin, in leitender Funktion
bei der ARBER Seminare GmbH tätig