Das Rechtsreferendariat in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

von Jan-Rasmus Schultz

Die Coronavirus-Pandemie stellt die Bevölkerung vor neue ungeahnte Herausforderungen – nahezu das gesamte öffentliche Leben steht still, die Wirtschaft kommt zum Erliegen und das gesellschaftliche Miteinander spielt sich nahezu ausschließlich in den eigenen vier Wänden ab. Doch obgleich die Auswirkungen aktuell bereits mehr als drastisch zu spüren sind, wird die grassierende Pandemie auch künftig zu gravierenden Veränderungen führen.

Fraglich ist etwa, welche Auswirkungen die Schulschließungen auf künftige Abschluss-Jahrgänge haben werden. Auch im universitären Bereich finden aktuell keine Lehrveranstaltungen mehr statt; die Studierenden starteten soeben eine Petition über die Einführung eines „Kann-Semesters“, um die, in erster Linie finanziellen, Folgen der Pandemie abzumildern. Eine solche Möglichkeit steht Rechtsreferendaren grundsätzlich nicht zu Verfügung – schließlich wird die Unterhaltsbeihilfe grundsätzlich nur für die Dauer des Referendariats gezahlt, die von Anfang an festgelegt ist.

Welche Auswirkungen die pandemiebedingten Einschränkungen auf die künftigen Juristen haben wird, kann derzeit lediglich erahnt werden.

Wegfall der Präsenz-Kurse

Fest steht zumindest, dass bundesweit nahezu sämtliche Präsenz-Kurse abgesagt wurden. Diese Einschränkung umfasst daher neben den Einführungslehrgängen und den Arbeitsgemeinschaften auch die jeweiligen Probeexamina und damit so gut wie die alle Kurse, die den Referendaren zur Examensvorbereitung bisher angeboten wurden.

Darüber hinaus bedingen die pandemiebedingten Einschränkungen auch den Wegfall der Besprechungen innerhalb der wöchentlichen Klausuren-Kurse und damit einen ebenfalls unerlässlichen Teil einer erfolgreichen Vorbereitung auf die Examens-Klausuren. Obgleich mancherorts an die Stelle der Präsenz-Kurse nach und nach Online-Kurse, Telefonkonferenzen oder Videochats treten, vermögen diese zumindest derzeit nicht an die Qualität der vormals im persönlichen Kontakt zwischen den jeweiligen Referenten und deren Teilnehmern durchgeführten Kurse heranzureichen.

Einschränkungen in der Einzelausbildung

Obgleich die Ausbildung innerhalb der Stationen bei den jeweiligen Einzelausbildern größtenteils aufrechterhalten bleibt, sind auch hier erhebliche Einschränkungen zu verzeichnen. So sind beispielsweise Referendare, die ihre öffentlich-rechtliche Station bei einer Verwaltungsbehörde absolvieren, teilweise aufgrund des Kontakt-Verbotes daran gehindert, ihre Ausbildungsstätte überhaupt betreten zu dürfen, da mancherorts sämtlichen „externen“ Mitarbeitern der Zutritt zu den behördlichen Diensträumen untersagt wird.

Ähnlich ergeht es wohl derzeit auch vielen bei Gericht eingeteilten Referendaren, da dort lediglich die unaufschiebbaren Verhandlungen durchgeführt werden und auch hier teilweise strikte Betretungsverbote herrschen. Daher ist ein Großteil der künftigen Juristen darauf angewiesen, im Homeoffice arbeiten zu können – leider ist dies jedoch nicht flächendeckend möglich, da nicht jede Ausbildungsstation etwa über digitale Akten verfügt, die dem jeweiligen Bearbeiter ohne persönlichen Kontakt zur Verfügung gestellt werden können.

Zusätzlich erschwert wird die Einzelausbildung darüber hinaus durch den Umstand, dass ihre jeweiligen Ausbilder in Folge der Pandemie zusätzliche Aufgaben zu erfüllen haben und daher weniger Zeit für die Ausbildung der Referendare zur Verfügung steht.

Auswirkungen auf die individuelle Examensvorbereitung

Neben der Einzelausbildung ist auch die individuelle Vorbereitung auf das schriftliche und das mündliche Examen derzeit einigen Einschränkungen unterworfen.

Exemplarisch ist diesbezüglich neben dem Wegfall der Präsenzkurse bei Examens-Repetitoren insbesondere der fehlende Zugang zu Fachbibliotheken und Seminaren zu erwähnen. Hierdurch sind die Referendare darauf angewiesen, die notwendigen Lehrbücher bzw. Skripte entweder zu kaufen oder sich mit den online verfügbaren Inhalten zufriedenzugeben.

Ferner fallen selbstverständlich auch die persönlichen Treffen der Lerngruppen aus, wodurch insbesondere die gemeinsame Lösung und Besprechung von Fällen sowie das Einüben von Aktenvorträgen nicht im gleichen Umfang wie vor der Pandemie aufrechterhalten werden können. All diesen Widrigkeiten zum Trotz können sich die Referendare jedoch in einigen Bereichen selbst helfen – und müssen hierbei nicht einmal auf die Unterstützung ihrer Lerngruppe verzichten.

Abschließende Betrachtung

So können zwar einerseits die Treffen in den Lerngruppen statt im persönlichen Kontakt nunmehr im Videochat stattfinden; nach einer kurzen Eingewöhnungsphase sind auch hier erfahrungsgemäß gute Ergebnisse zu erzielen. Zudem sind einige Lerninhalte mittlerweile online verfügbar, etwa in Form eines Video-Repetitoriums, sodass die individuelle Examensvorbereitung zumindest teilweise weiterverfolgt werden kann.

Obwohl die Referendare daher auf den ersten Blick trotz der pandemiebedingten Einschränkungen einige Möglichkeiten haben, diese durch online-Angebote o. Ä. auszugleichen, bleiben abschließend betrachtet andererseits jedoch viele Einschränkungen dennoch bestehen.

Neben dem teilweise ersatzlosen Wegfall sämtlicher Präsenzkurse gilt dies insbesondere für Referendare, die im Homeoffice auch noch die Betreuung ihres Kindes bewerkstelligen müssen – schließlich steht momentan weder eine KiTa noch etwa die Großeltern für die Kinderbetreuung zur Verfügung.

Über den Autor:

Jan-Rasmus Schultz
absolviert derzeit den Einstieg in
die Anwaltsstation im Homeoffice

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