»Wie finde ich den richtigen Arbeitgeber?« – Erfahrungen aus der Praxis

von Debora Satta und Julia Müller

Jeder von uns hat sich wahrscheinlich zu Beginn seiner juristischen Karriere die Fragen gestellt, welcher Job passt zu mir, meinen Ambitionen und meinen Noten und daraus resultierend, wie finde ich den richtigen Arbeitgeber?

Wir wollen einen kleinen Wegweiser durch den Arbeitgeber-Dschungel erstellen, der nicht nur Berufseinsteigern, sondern auch erfahrenen Juristen als Hilfestellung dienen soll.

Welcher Typ bin ich?

Als erstes sollte man versuchen, im Wege einer ehrlichen Selbsteinschätzung herauszufinden, welcher Typ man ist, was man besonders gut kann und was einem in beruflicher Hinsicht Freude bereitet.

Eigentlich kann man sich diese Fragen nicht früh genug stellen, da man bereits während des Studiums und im Referendariat Schwerpunkte setzen, sein Wissen ausbauen, Kontakte knüpfen und insbesondere in Erfahrung bringen kann, was einem gefällt und liegt.

Ist dies vielleicht eine sehr wissenschaftliche Herangehensweise an juristische Sachverhalte oder eher ein pragmatischer, lösungsorientierter Ansatz, der auch die wirtschaftlichen Auswirkungen im Blick behält?

Schätzt man einen geregelten und vorhersehbaren Tagesablauf, möchte man lieber alleine arbeiten und nicht gestört werden oder liebt man ein dynamisches, abwechslungsreiches Umfeld mit vielen Überraschungen und Herausforderungen?

Ist man der klassische sog. Akquisetyp, der auf dem Weg zur Restauranttoilette zehn Visitenkarten einsammelt oder eher introvertiert und womöglich froh, wenn man nicht angesprochen wird?

Eventuell stellt man sich auch die Frage, ob man sich stark mit einem Fachbereich, einem Unternehmen, einer Kanzlei oder einem Produkt identifiziert.

Oder ist es der Faktor Gehalt, der in erster Linie den Unterschied macht und ist es die Frage, wie man möglichst schnell viel Geld verdienen kann?

Welche Möglichkeiten habe ich?

Damit kommen wir zum nächsten Punkt, den Möglichkeiten. Unter Juristen ist der Bedeutungsgehalt der Examina ausreichend bekannt. Für bestimmte Arbeitgeber sind die Noten im ersten und zweiten Staatsexamen conditio sine qua non für den beruflichen Einstieg oder das berufliche Fortkommen. Für manch anderen auch der im englischsprachigen Ausland absolvierte LL.M. oder gar die Promotion. Darüber hinaus wird nach den gesammelten praktischen Erfahrungen geschaut, also beispielsweise einer ersten Erfahrung im Unternehmen, einer bestimmten Kanzlei oder einer Institution.

Ein im Ausland absolviertes Studium oder im Ausland gemachte praktische Erfahrung sind ein starker Indikator für sehr gute bis hin zu verhandlungssicheren Sprachkenntnissen. Auch diese können über den Erfolg oder Misserfolg einer Bewerbung entscheiden.

Welche Arbeitgeber gibt es im Markt und welche Menschen stehen dahinter?

Schließlich lohnt sich ein Blick auf die Optionen am Markt. So stehen neben den klassischen Berufen in Kanzleien, Unternehmen oder der Justiz zahlreiche andere Möglichkeiten zur Disposition, die es zu identifizieren gilt. Vielleicht lohnt sich einmal der Blick in einen Verband, eine Behörde oder einen Verlag.

Konzentriert man sich beispielsweise auf Kanzleien, stellt man schnell fest, wie vielfältig auch hier die Möglichkeiten sind. Von den großen internationalen Wirtschaftskanzleien über kleine spezialisierte Einheiten (Boutiquen) bis zu den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.

Auf der Unternehmensseite sind die Optionen noch vielfältiger, so dass man erst durch genaueres Hinschauen auch auf spezielle Branchen oder sog. Hidden Champions aufmerksam wird.

Hat man erst einmal einen Arbeitgeber gefunden, mit dem man sich identifizieren könnte, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Die Frage nach den beteiligten Personen ist für viele nicht minder entscheidend als beispielsweise das Gehalt. Hier gilt es die Führungskräfte kennenzulernen, insbesondere die Mitarbeiter mit direkter Berichtslinie oder diejenigen, mit denen man sonst eng zusammenarbeitet. Nicht alle Arbeitgeber gewähren diese Einblicke, aber es lohnt sich nachzufragen.

Wie geht man am besten vor?

Sind all diese Fragen beantwortet, geht die konkrete Suche erst richtig los. Und würde man auf den ersten Blick vermuten, dass es ein Leichtes sein dürfte, herauszufinden, in welche Einheit man genau möchte - weit gefehlt.

Das heutzutage schier unendliche Angebot an Möglichkeiten macht es den Bewerbern wahrscheinlich schwieriger als jemals zuvor, den genau für sie richtigen Arbeitgeber zu finden. Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Wie geht man hier also am besten vor? Der Jurist würde sagen: Es kommt darauf an. Und auch wenn es hier keine richtige oder falsche Herangehensweise gibt, sind einige Methoden mit Sicherheit langfristig gesehen zielführender als andere.

Was sich in der Praxis gerade für Berufseinsteiger bewährt hat, sind unter anderem Fakultätskarrieretage und Jobmessen, auf denen man als Bewerber die Möglichkeit hat, insbesondere Kanzleien kennenzulernen und mit den verantwortlichen Ansprechpartnern ins Gespräch zu kommen.

Auch ein Blick in die verschiedenen juristischen Handbücher ist immer hilfreich: Hier findet man einen guten Überblick über die verschiedensten (Top)Arbeitgeber und insbesondere oft auch weitergehende (Insider-)Informationen, die wesentlich für die Entscheidung sind, von der Gehaltsrange über Arbeitszeiten bis hin zu Teamklima und anderen Aspekten.

Zudem sollte man bereits im Studium und im Referendariat ein entsprechendes Netzwerk aufbauen. Zu diesen Zeiten hat man einmalig die Möglichkeit, unverbindlich verschiedene Arbeitgeber kennenzulernen und zu schauen, was einem am meisten Spaß macht – die dort geknüpften Kontakte zahlen sich oft langfristig aus.

Der Weg über die Personalberatung

Unterschätzt wird oft der Gang über eine Personalberatung, was letztlich für Bewerber aller Senioritätsebenen viele Vorteile bringt: Die Bewerber bekommen hier nicht nur Arbeitgeber vorgestellt, auf die sie sonst vielleicht gar nicht Ihre Aufmerksamkeit richten würden, sondern stellen so auch sicher, dass ihnen keine offenen Vakanzen entgehen – viele Positionen werden nämlich exklusiv durch Personalberater betreut.

Ein weiterer entscheidender Vorteil liegt in dem Zugang der Personalberater zu zusätzlichen Hintergrundinformationen zu den einzelnen Arbeitgebern, die dem Bewerber sonst verborgen bleiben würden, die Entscheidung aber oft maßgeblich beeinflussen (wie z. B. besonders kollegiales Umfeld, tatsächliche Work Life-Balance etc.). Hinzu kommt, dass man im ersten Schritt bei Bedarf anonym beim Arbeitgeber vorgestellt werden kann und der Name erst fällt, sofern konkretes Interesse besteht.

Gerade auch wenn Unsicherheit darüber besteht, welchen Karriereweg man in Zukunft beschreiten sollte, kann der Austausch mit einem erfahrenen Personalberater von großer Hilfe sein. In diesem Kontext kann ein Personalberater insbesondere dann zur Seite stehen, wenn es um die grundsätzliche Karriereplanung geht, wie z. B. die Frage, welche Schritte im Hinblick auf perspektivische Führungsverantwortung in einem Unternehmen, Partnerschaft in einer Großkanzlei etc. sinnvoll sind.

Sie sehen: Es gibt nicht nur verschiedenste Punkte, über die man sich bei der Wahl des richtigen Arbeitgebers klar werden muss. Es gibt auch mehr als eine Möglichkeit, an die konkrete Suche heranzugehen. Wofür man sich entscheidet, ist dabei letztlich eine Typfrage.

Ganz wichtig ist es jedoch, das Ganze – trotz all der oben genannten Punkte – nicht zu theoretisch anzugehen. Oft merkt man nämlich erst im persönlichen Gespräch, ob es der richtige Arbeitgeber sein könnte oder nicht – auf das eigene Bauchgefühl zu hören, bewährt sich dabei immer.

Über die Autorinnen:

Debora Satta, LL.M.
Volljuristin und Senior Beraterin bei
Schollmeyer & Steidl Legal Recruitment

Julia Müller
Volljuristin und Beraterin bei
Schollmeyer & Steidl Legal Recruitment

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