"Wann können Sie bei uns anfangen?" - Tipps für das erfolgreiche Bewerbungsverfahren

Von Christiane Jakobus, Personalberaterin und Business Coach, Schollmeyer & Steidl Legal Recruitment / Schollmeyer & Steidl Academy und Janine Brüning, Personalberaterin, Schollmeyer & Steidl Legal Recruitment

Sich erfolgreich bewerben – ein an sich schon herausforderndes Thema, wie die Fülle an Ratgebern, Büchern und Seminaren auf dem Markt zeigt. Hinzu kommt, dass Vorstellungsgespräche mit Juristen Besonderheiten unterliegen, die in dem langen Ausbildungsweg begründet sind: Aufgrund der praktischen Erfahrungen und der Orientierungsphasen im Referendariat wird bereits ein gewisses „Standing“ der Bewerber erwartet. So sollte jeder Kandidat nach einer mindestens 6-jährigen Ausbildung seine Zielvorstellungen kennen und den Blick für die wesentlichen Fragestellungen geschärft haben. Diese Anforderungen werden umso stärker, je mehr Berufserfahrung der Bewerber vorweisen kann.

Die gute Nachricht: Mit der richtigen Vorbereitung und der treffenden Einschätzung jeder Bewerbungsstufe haben die Kandidaten es oftmals stärker in der Hand, als sie selbst denken, den Bewerbungsprozess erfolgreich zu gestalten.

Stufe 1: Die Stellenauswahl

Viele Bewerbungen scheitern schlichtweg an der fehlerhaften Vorbereitung. Nach dem Motto “Versuch macht klug” werden Bewerbungen als Massenware ziellos an potentielle Arbeitgeber geschickt, die sich dem Andrang kaum entziehen können. Die Folgen sind gleich in zweifacher Hinsicht fatal: Der Kandidat bleibt ohne (neuen) Job – und lässt sich zusätzlich durch die im Vorfeld eigentlich absehbaren Absagen frustrieren.

Stellen Sie sich als Bewerber daher vor jeder Bewerbung die folgenden Fragen: Welchen Mehrwert bringe ich in die Kanzlei/das Unternehmen mit ein? Warum bin ich interessant? Und Hand aufs Herz: Würde ich mich aus Sicht des potenziellen Arbeitgebers selbst einstellen?
Erst wenn Sie diese Fragen positiv beantworten können, sollten Sie die individuelle schriftliche Bewerbung aufsetzen, die wiederum genau auf die vorgenannten Punkte eingeht.

Stufe 2: Die schriftliche Bewerbung

Gerade von Juristen wird erwartet, dass sie sich kurz, knapp und prägnant fassen. Konzentrieren Sie sich in der Bewerbung daher auf die Punkte, die nach Ihren Informationen für die Stellenausschreibung relevant sind. Warum sind Sie fachlich wie persönlich für die Position geeignet? Und die Königsdisziplin: Warum sind Sie es möglicherweise mehr als Ihre Mitbewerber? Sicherlich würde es diesen Rahmen sprengen, die Grundsätze der schriftlichen Bewerbung umfassend darzustellen. Im folgenden jedoch einige Tipps speziell für “juristische” Lebensläufe:

  • Passen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen immer individuell auf Position und Kanzlei bzw. Unternehmen an.
  • Geben Sie Ihren Fachbereich an und nennen Sie die konkreten Tätigkeitsschwerpunkte Ihrer aktuellen Position. Die Angabe von Fachbereich und Tätigkeitsschwerpunkten sollten Sie – soweit nicht bereits langjährig berufserfahren – auch bei der Wahl- und der Rechtsanwaltsstation im Referendariat vornehmen.
  • Referendarsstationen bei der Staatsanwaltschaft und der Verwaltung bitte weglassen, solange sie nicht ausschlaggebend für die zu besetzende Stelle sind.
  • Nennen Sie bei Angabe der Punktezahl Ihres Examens nur Ihre Gesamtnote, um den Leser nicht zu verwirren. Schließlich ist für den zukünftigen Arbeitgeber der staatliche Prüfungsteil maßgeblich.
  • Bitte lassen Sie auch Ihre Abiturnote im Lebenslauf nicht unerwähnt – diese rundet den Gesamteindruck ab.
  • Investieren Sie Geld in ein professionelles Bewerbungsfoto.
  • Stellen Sie bei Angaben Ihrer Kontaktdaten sicher, dass Sie regelmäßig Ihren Mailaccount überprüfen und auch telefonisch über die angegebene Nummer erreichbar sind.

Stufe 3: Das Vorstellungsgespräch

Herzlichen Glückwunsch! Auf dieser Stufe sind Sie zumindest aufgrund Ihrer Papierform als „potenziell geeignet“ eingeschätzt worden. Dennoch scheitern zahlreiche Bewerbungen an der Hürde des persönlichen Vorstellungsgesprächs. Eine häufige Stolperfalle vor allem für Berufsanfänger und unerfahrene Bewerber: Sie lassen sich schneller in Widersprüche verstricken oder reagieren an wichtigen Punkten gänzlich unvorbereitet und verunsichert, etwa zu bisherigen Mandantenbindungen oder zum portablen Geschäft.

Auf dieser Stufe lassen sich vor allem zwei kritische Erfolgsfaktoren identifizieren: Die richtige, umfassende Vorbereitung und die überzeugende Selbstpräsentation. Gerade letztere sollte nicht die bloße Wiedergabe Ihres CV beinhalten, sondern Aufschluss über Sie als Mensch und Persönlichkeit geben. Was sind Ihre Motivationen? Warum sind Sie Ihren Weg so gegangen, wie er sich im CV darstellt? Wie gehen Sie mit Herausforderungen und Misserfolgen um? Ganz wichtig: Warum wollen Sie bei Ihrem Gegenüber arbeiten – und warum sollte er Sie anstellen wollen?

So einfach die vorgenannten Punkte klingen, so selten ist eine souveräne und überzeugende Selbstpräsentation in der Praxis anzutreffen. Besonders professionelle und effektive Unterstützung bieten hier Präsentationstrainings, idealerweise mit Videoanalyse.

Stufe 4: Die Nachbereitung

Gerade im Hinblick auf weitere Gespräche – sei es mit dem gleichen Arbeitgeber oder für weitere Bewerbungsverfahren – ist es unverzichtbar, sich im Nachgang nochmals intensiv mit dem geführten Gespräch auseinanderzusetzen. Machen Sie sich am gleichen, spätestens am nächsten Tag Notizen:

  • Wer waren Ihre Gesprächspartner?
  • Gab es Besonderheiten?
  • Was möchten Sie in einem zweiten Gespräch ansprechen?
  • Wie wurde der weitere Ablauf vereinbart? Wer meldet sich wann bei wem?
  • Passen Job und Kanzlei bzw. Unternehmen zu Ihren Erwartungen? Wenn nicht, was stört Sie konkret?

Und als Vorbereitung für weitere Bewerbungsverfahren:

  • Wobei waren Ihre Vorbereitungen nützlich?
  • Was hat bei Ihren Vorbereitungen gefehlt?
  • Womit haben Sie nicht gerechnet?
  • Was möchten Sie künftig verbessern?

Denn durch die richtige Nachbereitung kann Sie auch ein Gespräch, das zu einer Ablehnung geführt hat, Ihrem nächsten Job wieder ein Stück näher bringen.

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Quelle NJW 22/2012