Flexibilität - geht nicht, gibt's nicht

von Stefanie Müller

Teilzeit und Familie und Partner-Status in der Kanzlei – geht das? Bei Menold Bezler setzen wir uns seit vielen Jahren dafür ein, Frauen diesen Spagat zu ermöglichen. Knapp ein Drittel unserer Anwälte ist weiblich. Bei den Associates haben wir die 50-Prozent-Marke bereits geknackt, auf dem Partnerlevel haben wir– wie die allermeisten Kanzleien – noch Nachholbedarf.

Ohne Zweifel: Die Partnerschaft in einer Kanzlei und eine Familie mit Kindern zu vereinbaren, ist schwer. Nicht selten trauen sich Anwältinnen die Doppelbelastung nicht ohne weiteres zu. Fairerweise muss man sagen, dass auch in vielen Kanzleien bis heute Skepsis herrscht, ob sich große komplexe Mandate und ein Team mit reduzierter Stundenzahl in der nötigen Intensität führen lassen. Meist hängt dies jedoch damit zusammen, dass es den Kanzleien nicht gelingt, die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen und auch weibliche Vorbilder hervorzubringen, damit für Frauen die Partnerschaft als attraktiv und machbar angesehen wird.

Beispiele, die funktionieren gibt es in der Partnerschaft von Menold Bezler aber durchaus. Verena Rösner (50) war 2010 die erste Frau als Salary-Partnerin. Sie baute den Fachbereich Umweltrecht/Öffentliches Bau- und Planungsrecht aus der Teilzeit heraus auf. Ihre Arbeitszeit hat sie nach 14 Teilzeitjahren mit zwei Kindern wieder auf Vollzeit aufgestockt. „Ja, es braucht Mut und einen längeren Karriere-Atem. Aber ich würde es genauso wieder machen: Mit Kindern, in Teilzeit, in einer mittelständischen Kanzlei und einem tollen familiären Netzwerk im Hintergrund, zumal das Thema Familienfreundlichkeit und Frauenförderung auch bei uns in der Kanzlei immer präsenter wird“.

Auch Dr. Julia Schneider (39) konnte mit flexiblen Teilzeitmodellen die Salary-Partnerschaft im Bereich Gewerblicher Rechtsschutz erreichen. Neben der Mandatsarbeit ist sie im HR-Bereich, vor allem im Bereich der Nachwuchsgewinnung aktiv. Im derzeitigen Modell schafft sie sich nachmittags und freitags Zeiträume für ihre Kinder. „Ich möchte unseren jungen Kollegen und Kolleginnen Zuversicht und Selbstbewusstsein für die Vereinbarkeit des Anwaltsberufs mit der Familie geben. Dazu gehört, dass jeder für sich ein individuelles Modell entwickelt, welches auf die Bedürfnisse des Referats, der Familie aber vor allem auch der eigenen Personen zugeschnitten ist. Die Flexibilität, die der Anwaltsberuf mit sich bringt, ist aus meiner Sicht Segen und nicht Fluch, wenn man es schafft, sich diese Flexibilität persönlich nutzbar zumachen. Morgens zum Sport oder ein freier Vormittag, um sein Kind beim Schulausflug zu begleiten? – Im klassischen
‚nine-to five‘-Job eher schwierig. Bei mir absolut machbar, aber auch notwendig, um Ausgleich zu dem anspruchsvollen Alltag zu schaffen und gelegentlich auch mal ein paar Extraschichten auszuhalten.“.

Dr. Cristina Baier (44) machte ebenfalls Gebrauch von den variablen Teilzeitmöglichkeiten, während ihre Tochter noch klein war. Als Salary-Partnerin arbeitet sie wieder in Vollzeit und ist neben der Tätigkeit im Arbeitsrecht mitverantwortlich für den Ausbau des internationalen Netzwerkes der Kanzlei. „Wirtschaftsanwältin und Mutter zu sein, ist keine kleine Herausforderung – egal in welcher Verantwortungs- oder Karrierestufe. Da ich als bereits erfahrene Anwältin (und Mutter) zu Menold Bezler kam, konnte ich meine Arbeit hier von Anfang an sehr selbständig
gestalten– auch in zeitlicher Hinsicht. Dass mir in der Kanzlei hierbei viel Freiraum gelassen wurde, war hilfreich auf dem Weg in die Partnerschaft. Generell gilt: gewisse Freiheiten müssen immer wieder aktiv eingefordert werden, weil nur so ausreichend Bewusstsein für den entsprechenden Bedarf entsteht. Ich bin der Meinung, dass in Punkto Flexibilität und Vereinbarkeit nach wie vor zu viele Hürden (nur) in den Köpfen existieren– zum Beispiel dahingehend, dass bei diesen Stichworten fast ausschließlich an uns Frauen gedacht wird, obwohl längst auch die Männer davon betroffen sind.“

Menold Bezler hat sich 2011 erstmals intensiv mit dem Thema Vereinbarkeit Familie und Beruf beschäftigt. Ein Treiber: der steigende Frauenanteil in den Studiengängen. Mehr Frauen studieren Jura, doch den Wirtschaftskanzleien bleiben dauerhaft nicht mehr erhalten. So wünschen sich die Kanzleien zwar durchaus mehr Frauen in der Partnerschaft. Erfolgreich in der Umsetzung dieses Wunsches sind jedoch nur wenige.

Für uns bei Menold Bezler heißt der Schlüssel Flexibilität: Unser Anspruch ist es, möglichst flexible Modelle anzubieten – Modelle, die sich an die Bedürfnisse unserer Anwältinnen auf allen Karrierestufen anpassen, nicht umgekehrt. Teilzeit in jeder nur erdenklichen Abstufung und Ausgestaltung bieten wir Anwältinnen und Anwälten auf allen Karrierestufen – jede/r kann
sich das für ihn/sie passende Modell aussuchen und dieses nahezu grenzenlos flexibel an die derzeitige Lebenssituation anpassen.

Ergänzend haben wir in den letzten Jahren einige Angebote zur verbesserten Vereinbarkeit von anwaltlicher Tätigkeit und Familie auf den Weg gebracht. Ganz neu ist das alternative Karrieremodell „Kolibri“ mit verlässlichen 40 Stunden. Ergänzend gibt es ein Eltern-Kind-Arbeitszimmer in der Kanzlei, eine Kooperation mit einer Stuttgarter Betreuungseinrichtung, Unterstützung bei der Krankheitsbetreuung sowie Kinderbetreuungskostenzuschüsse. Moderne IT-Lösungen ermöglichen das Arbeiten auch von zu Hause und Vertretungsregelungen in den Fachbereichen funktionieren. Zum Erfolg trägt sicherlich auch bei, dass wir inzwischen einige erfolgreiche Rollenmodelle vorweisen können. Wenn es in der Kanzlei Frauen gibt, die zeigen, dass auch in Fachgebieten, die vermeintlich eher als Männerdomäne angesehen werden, Frauen den Partnerstatus erfolgreich ausfüllen, und wenn Teilzeitmodelle tatsächlich gelebt werden, ist sehr viel gewonnen.

Über die Autorin:

Stefanie Müller
leitet seit 2014 den Bereich Personal bei Menold Bezler und ist in Teilzeit beschäftigt.

Quelle JuS 8/2019