Erlösverteilung als Baustein in der betriebswirtschaftlichen Steuerung von Rechtsanwaltskanzleien

von RA Hans Lecker, verantwortlicher Produktmanager für die Zielgruppe Rechtsanwälte bei der Haufe Gruppe

Die betriebswirtschaftliche Steuerung von Rechtsanwaltskanzleien als wesentliche Aufgabe einer Software für Rechtsanwaltskanzleien zu sehen, wäre vor einigen Jahren vermutlich noch auf Unverständnis gestoßen. Prof. Dr. Benno Heussen schildert in der Festschrift für Michael Streck zum 70. Geburtstag anschaulich, wie sich die Kollegen schon von Anbeginn des Deutschen Anwaltvereins mit Managementfragen beschäftigt haben. Das Verständnis von Management hat sich dabei über die Jahre entwickelt. Es geht nicht mehr nur um Büroorganisation und Bürotechnik, wie man es damals nannte. Heute ist man bei einem sehr umfassenden Verständnis angekommen, was sich auch darin zeigt, dass man sich Arbeitsgemeinschaft für Kanzleimanagement nennt und damit die Organisation Rechtsanwaltskanzlei mit seinen betriebswirtschaftlichen Herausforderungen umfassend betrachtet. Dieses Verständnis von Kanzleimanagement führt zudem zu einem gesteigerten Anspruch an die Hersteller von Kanzleimanagementsoftware.

Ein größer werdender wirtschaftlicher Druck auf Rechtsanwaltskanzleien verlangt zunehmend nach mehr Kompetenz in Sachen Kanzleimanagement, insbesonders betriebswirtschaftliche Steuerung. Für die großen Wirtschaftskanzleien in Deutschland ist die betriebswirtschaftliche Steuerung, die auf aktuellen Ist-Zahlen beruht, eine Selbstverständlichkeit. Es ist erkennbar, dass heute zunehmend auch kleinere Kanzleien, schon ab drei Berufsträgern, nach einer Unterstützung für die betriebswirtschaftliche Steuerung in ihrer Kanzleiorganisationssoftware verlangen. Die Anforderung zeigt auch, dass Kompetenz im Kanzleimanagement kein ausschließliches Thema der TOP 100 Rechtsanwaltskanzleien in Deutschland mehr ist.

„If you can’t measure it, you can’t manage it” (Kaplan, Norton)

Die Betrachtung ausschließlich der Ist-Zahlen reicht aber noch nicht aus, um von einer betriebswirtschaftlichen Steuerung der Kanzlei zu sprechen. Es gehören selbstverständlich auch eine vorausgehende Strategieentwicklung und ein daraus abgeleiteter Plan dazu, damit die aktuellen Ist-Zahlen bzw. Kennzahlen hinsichtlich der Ziele der Kanzlei eingeordnet werden können.

Jedoch bleibt in manchen Kanzleien der Wunsch nach einer professionellen betriebswirtschaftlichen Steuerung unerfüllt, da die eingesetzte Software nicht in der Lage ist, eine kosteneffiziente Ermittlung der erforderlichen Werte zu leisten. Die notwendigen Werte für die Steuerung einer Kanzlei sind nur einige wenige Werte, die jedoch hinsichtlich einer konsistenten und effizienten Erfassung einer Software sehr viel abverlangen.

Auf der Ausgabenseite muss neben der Kostenart auch ermittelt werden können, was der Anlass der Ausgabe war. Hier kommen als wesentliche zusätzliche Kriterien insbesondere das Mandat/die Akte, der Mitarbeiter und der Standort hinzu.

Auf der Einnahmenseite müssen Sie genau wissen, welcher Berufsträger welche Erlöse in einem Mandat erarbeitet hat. Hierbei dürfen jedoch steuerpflichtige Auslagen nicht zum Honorarerlös in der Auswertung hinzugerechnet werden. Wenn diese Anforderungen erfüllt sind, können Sie die wesentlichen Werte für die betriebswirtschaftliche Steuerung ermitteln, zu denen u.a. gehören:

– Deckungsbeitrag des Mandates (auch nach Mitarbeiter/Honorar/Auslagen/steuerfreie Auslagen)
– Effektiver Stundensatz jedes Berufsträgers im Mandat

Diese Werte lassen sich noch weiter verdichten, beispielsweise auf die Wirtschaftlichkeit des Mandanten oder bestimmte Mandatstypen bzw. Rechtsgebiete oder Verantwortungsbereiche von Partnern. Auch die Bewertung des Partners in der Rolle als Akquisiteur oder Manager des Mandates lässt sich damit umsetzen. Dadurch kann weiter ein fundiertes Verständnis dafür entwickelt werden, womit die Kanzlei ihr Geld verdient und über welchen Weg die Mandate in die Kanzlei kommen.

Die Lösung für solche Anforderungen liefert ein integriertes Kanzleimanagementsystem, das auf sämtliche Informationen der abgebildeten Prozesse zugreifen kann. Dies kann ein solches System automatisch leisten, da es alle notwendigen Stamm- und Bewegungsdaten im direkten Zugriff hat.

Dadurch entstehen Effizienz und Verlässlichkeit bei der Erfassung der Geschäftsvorfälle, Ausgabenerfassung, Rechnungsstellung und Zahlung, da auf sämtliche Informationen aus dem integrierten Kanzleimanagementsystem zugegriffen werden kann. Die Zu-/Aufteilung von Honorarumsätzen kann dann bei der Rechnungsstellung, z. B. entsprechend der Zeiterfassung nach dem Leistungsbeitrag durch die Software erfolgen, ohne dass dies immer durch eine manuelle Eingabe durch einen Sachbearbeiter geschehen muss. Zahlungseingänge können automatisiert nach Prioritäten und Aufteilungsschlüsseln erfasst werden, z. B. erst steuerfreie Auslagen, dann Auslagen und zum Schluss Honorare. Honorare können ohne manuellen Aufwand proportional gemäß der Verteilung in der Ausgangsrechnung beiTeilzahlungen verteilt werden.

Der Kanzleierfolg wird überwiegend über die Einnahmenseite gesteuert, deshalb ist eine differenzierte und regelmäßige Betrachtung des Umsatzes unerlässlich.

In der Ausgabe 6/2013 im Havard Business Manager haben Michael E. Raynor, Mumatz Ahmed ihre Studie „Die drei Regeln des Erfolges“ dargestellt. Dazu haben sie Daten von 25.000 Firmen in einem Betrachtungszeitraum von 44 Jahren untersucht, um festzustellen, welche grundsätzlichen Verhaltensweisen diese Firmen zum Erfolg führten.

Im Ergebnis sind Sie zu folgendem Schluss gekommen:

1. Besser vor billiger - mit anderen Worten: Konkurrieren Sie nicht über den Preis, sondern zeichnen Sie sich durch andere Unterscheidungsmerkmale aus.

2. Umsatz vor Kosten - das heißt: Den Umsatz zu steigern ist wichtiger als die Kosten zu senken.

3. Andere Regeln gibt es nicht - also setzen Sie alles daran, die ersten beiden Regeln zu befolgen.

Wie differenziert und mit welchen Kennzahlen Sie den Umsatz analysieren, hängt letztlich von den Zielen Ihrer Rechtsanwaltskanzlei ab. Die Erfahrung hat gezeigt, dass mehr Zahlen nicht die Qualität der betriebswirtschaftlichen Steuerung in Rechtsanwaltskanzleien steigern. Bei einem Monatsrhythmus sollte der Fokus auf ein paar wenigen Zahlen liegen, auf die Sie auch in diesem Zeitraum steuernd einwirken können. Hier kann auch keine generelle Empfehlung gegeben werden, da es letztlich von den Inhabern der Kanzlei und ihren Prozessen abhängt, was für sie geeignet ist. Sicher ist aber, dass der Blick auf den Kontoauszug nicht mehr als Steuerungsinstrument ausreicht.

Quelle NJW 25/2015